110 wirksame Behandlungsmoeglichkeiten bei Krebs
eines Antikörperpräparats zur Behandlung von Brustkrebs. Herceptin ist als monoklonaler Antikörper in der adjuvanten Situation, d. h. nach Primäroperation und bei fortgeschrittenem metastasiertem Brustkrebs zugelassen. Es wird sowohl mit einer Chemotherapie kombiniert wie auch als Monotherapie verwendet und soll bei ca. 25 % der Patientinnen die Prognose verbessern. Als Nebenwirkungen können Schmerzen, Herzbeschwerden, Atemnot und Schüttelfrost auftreten.
Brustkrebszellen bilden häufig besonders viele Herceptin-2-Rezeptoren (HER-2-Rezeptoren) aus. Um diese Wachstumsimpulse für Krebszellen zu verhindern, wurde ein Antikörper entwickelt, der sich ebenfalls an die HER2-Rezeptoren anbindet und diese blockiert. Dadurch können die körpereigenen Wachstumsförderer nicht andocken, wodurch die Krebszellen keine Wachstumsimpulse mehr erhalten. HER-2-Rezeptoren sind bei etwa 25 bis 30 Prozent der Patientinnen vorhanden. Nur bei diesen kann die Therapie wirksam werden. Darum muss vor einer Behandlung untersucht werden, ob HER-2-Rezeptoren vorhanden sind. Selbst wenn in einigen Studien das krankheitsfreie Überleben um einige wenige Prozent (5 bis 7 %) verbessert wurde, sind diese Ergebnisse in ihrer Aussagekraft grenzwertig. Wissenschaftlich nicht haltbare Aussagen wie etwa eine Verdoppelung der Überlebenszeit bei Brustkrebs werden in der Presse verbreitet. Kritische Experten raten dazu, die adjuvante Gabe von Herceptin trotz bestehender Zulassung weiterhin differenziert zu bewerten. Auch die geeignete Behandlungsabfolge ist laut dem pharmaunabhängigen Arzneimitteltelegramm noch ungeklärt.
WICHTIG
Unter der Gabe von Herceptin traten in Studien gehäuft Herzkreislaufreaktionen und schwerwiegende Infusionsreaktionen auf. Besonders gefährdet waren Frauen mit Vorerkrankungen des Herzens und Patientinnen, die Herceptin mit Zytostatika der Substanzklasse der Anthrazykline angewandt haben oder bereits vor der Behandlung Anthrazykline erhalten hatten.
Ob sich mit Herceptin wirklich eine Verbesserung des Gesamtüberlebens erreichen lässt, kann entgegen anpreisender Darstellungen in der Laienpresse aufgrund der aktuellen Datenlage nicht eindeutig beantwortet werden. Trotz möglicher gravierender Nebenwirkungen wird das Präparat in den Kliniken als Mittel mit guter Verträglichkeit empfohlen.
Informationen:
Infoblatt: Brustkrebs. GfBK Tel. 0 62 21/13 80 20, → www.biokrebs.de
Angiogenese-Blocker
Schon ein winziger Tumor von einem Millimeter Größe muss an das Blutsystem angeschlossen werden, um mit Sauerstoff und Nährstoffen versorgt zu werden. Dazu schüttet er Stoffe aus, die dafür sorgen, dass vom bestehenden Gefäßsystem Adern in den Tumor einwachsen. Dieser Prozess heißt Angiogenese. Wenn man diesen Prozess stoppen kann, wird der Tumor nicht mehr durchblutet. Er wird am Wachstum gehindert und wird günstigstenfalls von jeglicher Blutversorgung abgeschnitten, sodass er verschwindet. In der Forschung richtet sich nun die Aufmerksamkeit vermehrt auf Stoffe, die dazu eingesetzt werden können, den Tumor daran zu hindern, eigene Blutgefäße auszubilden
Über die neu entstandenen Wege wird der Tumor versorgt. Es können außerdem Tumorzellen in die Blutbahn gelangen und Metastasen bilden. Da die Entstehung von Metastasen in erster Linie von der Angiogenese abhängt, wäre eine Blockierung der Angiogenese ein großer Erfolg. Vom Modell zur Therapie ist der Weg jedoch weit: Viele Schritte in der Gefäßbildung sind noch nicht identifiziert.
WICHTIG
Da die Neubildung von Blutgefäßen sowohl bei Tumoren wie auch bei gesundem Gewebe noch nicht vollständig verstanden ist, sind viele Untersuchungen zur Hemmung der Angiogenese noch in sehr frühen Stadien: nur für wenige Patienten mit fortgeschrittenen Krebserkrankungen ist diese Therapie sinnvoll.
Patienten mit fortgeschrittenem Darmkrebs steht zwar eine solche Behandlung, die zu den Antikörpertherapien (→ S. 69 ) zählt, zur Verfügung: Das Medikament Avastin® (Wirkstoffname Bevacizumab) soll die Bildung neuer Blutgefäße verhindern und diesen Patienten ein deutlich längeres Leben ermöglichen. Es wird aber auch bei Brust-, Lungen- und Nierenkrebs eingesetzt. Der Medizinische Dienst der Krankenversicherung (MDK) in Baden-Württemberg äußerte 2010 ganz grundsätzliche Zweifel und betrachtet das Krebsmittel als ein marginal wirksames Medikament. Die Verlängerung der Lebenszeit von Patienten ist in Studien seit der Erstzulassung im Jahr 2005 nicht
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