1100 - Die Hölle von Sodom
Welt war eben zusammengewachsen.
Bisher war alles gut verlaufen und Johnny dachte auch nicht mehr daran, daß sich die Dinge verändern könnten. Er kannte sich, und er kannte auch seine Vergangenheit. Er wußte, daß er andere Dinge erlebt hatte als 99,9 % seiner Schulkollegen, denn Johnny war in einer Umgebung aufgewachsen, in der eine andere, magische Welt großen Einfluß gehabt hatte und noch immer hatte, was seine Eltern, besonders seinen Vater anging. Johnny war davon nicht so sehr betroffen. Er führte jetzt ein relativ normales Leben, aber am Rande bekam er noch immer mit, daß die Welt in manchen Ecken und Winkeln aus den Fugen geraten war.
Besonders durch seinen Patenonkel John Sinclair, den Geisterjäger. Durch ihn waren Johnnys Eltern eigentlich erst in diesen Kreislauf hineingeraten und zwangsläufig auch Johnny. Sogar bei seiner Geburt hatte es Probleme gegeben. Nur mit Glück hatten er und seine Mutter überhaupt überlebt.
Manchmal allerdings sehnte er sich schon ein wenig nach den alten Zeiten zurück. Nicht nach dem großen Streß und dem Ärger mit irgendwelchen Dämonen, Monstern und Geistern, nein, er dachte da mehr an die Wölfin mit der menschlichen Seele, die ihn für lange Zeit beschützt hatte. An Nadine Berger, die schließlich wieder zurück in einen Menschen verwandelt worden war und nun in Avalon lebte, der geheimnisvollen Nebelinsel, in einer Welt, die eigentlich eine Sage war, aber trotzdem zum normalen Irgendwo gehörte.
Jetzt, wo er allein war und nicht abgelenkt wurde, kam ihm der Gedanke an Nadine besonders stark.
Wie mochte es ihr ergehen? War sie glücklich? War sie zufrieden? Würde sie irgendwann einmal Avalon verlassen, um ihm, Johnny einen Besuch abzustatten?
Er sehnte sich danach, doch der Kontakt zu Nadine Berger war leider abgebrochen.
Johnny war wieder einige Stufen angestiegen, blieb abermals stehen und drehte sich um. Er schaute die Treppe hinab, aber Kevin ließ sich nicht blicken. Dafür sah er einen Mann am Fuße der Treppe stehen, und diese Person schaute zu ihm hoch.
Das Gesicht konnte der Junge nicht genau erkennen. Ihm fiel mehr die dunkle Kleidung auf. Ein Gefühl, diesem Typen nicht zu trauen, durchströmte ihn. Warum ging der Mensch nicht weiter?
Weshalb blieb er stehen und schaute die Treppe hoch?
Johnny gehörte nicht gerade zu den ängstlichen jungen Menschen. Auf Grund seiner Erfahrungen allerdings lief er mit einem anderen Blickwinkel durch die Welt als viele andere junge Menschen in seinem Alter. Er hatte gelernt, genauer zu beobachten. Auch Dinge am Rande wichtig zu nehmen, wie eben das Auftauchen des Mannes, der sich jetzt in Bewegung setzte und in der Gasse verschwand.
Johnny setzte seinen Weg fort. War wohl doch nur ein Zufall. Außerdem sollte man die Kirche im Dorf lassen, obwohl er sich an eine Klassenfahrt oder an einen Ausflug erinnerte, der sehr gefährlich geworden war.
Damals hatten er und seine Schulkollegen die Brut hinter der Mauer entdeckt, und er war ebenfalls nur haarscharf mit dem Leben davon gekommen. Sein Vater und Patenonkel hatten auch eingegriffen. Die aber waren jetzt weit weg.
Johnny runzelte die Stirn. Er fand es etwas seltsam, daß er gerade zu diesem Zeitpunkt an sie dachte und es ihm selbst nicht gefiel, daß sie so weit entfernt waren. Im Prinzip schalt er sich einen Angsthasen, der sich etwas einbildete, aber dann kamen ihm Zweifel. War es vielleicht so etwas Ähnliches wie eine Warnung, die ihm vom Unterbewußtsein zugeschickt worden war?
Er wußte es nicht. Komisch war es schon. Er begann zu frösteln und überlegte, ob er den Pullover, den er locker über seine Schultern gelegt hatte, nicht lieber anziehen sollte.
Er ging weiter. Johnny wollte immer herausfinden, was sich jenseits der Horizonte befand, auch wenn er dies hier nur sehr begrenzt durchziehen konnte.
Am Himmel leuchtete zwar die prächtige Frühlingssonne, doch sie stand noch nicht so hoch, daß ihre Strahlen die Treppengasse erreicht hätten. Johnny empfand es als kühl, feucht und auch unnatürlich schattig.
Zu beiden Seiten wurde die Treppe durch Mauern begrenzt. Hausseiten mit nur kleinen Fensteröffnungen, in denen sich kein Gesicht zeigte. Hier war niemand neugierig. Außerdem hätte sich der Blick nach draußen nicht gelohnt.
Noch »schlief« die Insel. Erst um Ostern herum würde sie wieder erwachen. Das Fest war sehr wichtig für die Menschen, aber auch für die Touristen, denn dieser Termin war so etwas wie ein Startsignal für
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