1105 - Glendas Totenhemd
für gefallene Engel.
Dann hatten die Stimmen ihr erklärt, daß sie nicht würdig genug sei.
Wofür würdig genug? Um mit den Toten zu kommunizieren? Um sie möglicherweise aus ihren Gräbern zu befreien? Das wäre eine Möglichkeit gewesen, und in mir breitete sich schon der Gedanke aus, das Kleid selbst überzustreifen, um einen Test zu wagen.
Später und nicht hier.
Jemand tippte mir auf die Schulter. Es war Glenda, die fragte, ob es nicht besser war, wenn Suko noch herkam.
»Warum sollte er?«
»Dein Kreuz hat es unglücklicherweise nicht geschafft, John. Ich denke da an die Dämonenpeitsche.«
»Keine schlechte Idee. Aber nicht hier. Wir müssen hier erst einmal weg.«
»Mir gefällt es auch nicht. Außerdem traue ich der Frau nicht über den Weg. Sie steckt noch immer mit dem verdammten Totenhemd unter einer Decke.« Glenda hatte nichts mehr mitzuteilen, und so konnte ich endlich telefonieren.
Ich wollte die Nummer wählen. Beiden Frauen drehte ich den Rücken zu. Das hätte ich besser nicht getan, aber später ist man immer schlauer.
Die Worte schrie Glenda: »Sind Sie verrückt? Was wollen Sie mit dem Bü…«
Ein Schrei. Ein dumpfer Laut, ein Fluch, den aber nicht Glenda ausgestoßen hatte, sondern Isabella.
Ich ließ den Hörer fallen, drehte mich, duckte mich.
Das schwere Teil traf mich trotzdem. Es ratschte über meinen Kopf hinweg, wuchtete auf meine Schulter, und ich merkte, daß ich mich nicht mehr auf den Beinen halten konnte. Die Beine weichten auf, und einen Moment später riß ich das kleine Regal noch ab, das zusammen mit mir zu Boden fiel.
Die Stimme klang, als wäre sie meilenweit entfernt. »Ihr bekommt nichts, gar nichts…«
Dann wurde es dunkel um mich!
***
Der Schlag hatte Glenda Perkins völlig unvorbereitet getroffen und sie in der Höhe der Magengrube erwischt. Ihr blieb schlagartig die Luft weg. Für einen Moment sah sie noch das verzerrte Gesicht der Isabella vor ihren Augen, dann trieb der Schwung sie zurück. Sie fiel in den Kleiderständer, der durch den Aufprall in Bewegung geriet und ein Stück rollte.
Glenda hatte sich an den Klamotten noch festhalten können, so konnte sie ihren Aufprall dämpfen.
Abgesehen von dem Treffer im Magen war ihr nichts passiert.
Sie fand sich auch schnell wieder zurecht und kroch unter den hängenden Kleidern nach vorn. Alles war sehr schnell geschehen. Sie nahm auch sofort auf, was nun passierte und sah, daß Isabella sich mit einem Bügeleisen bewaffnet hatte.
»Sind Sie verrückt? Was wollen Sie mit dem Bü…«
Die Frau hatte schon zugeschlagen. Hinter John Sinclair. Kurz aufgeholt, und Glenda bekam mit, wie der Geisterjäger fiel. Sie konnte nicht erkennen, wo er getroffen worden war, aber er schaffte es nicht mehr, sich auf den Beinen zu halten. Während er noch fiel, bewegte sich Isabella, und sie lachte dabei. Mit schnellen Schritten huschte sie hinter die Theke. Wenn Glenda sich nicht sehr irrte, zerrte sie dort eine Schublade auf, um etwas hervorzuholen. Das war bestimmt kein Kaugummi oder ein Spielzeug.
Sie sah es sehr bald. Mit einer geschmeidigen Bewegung schwang die Frau herum. Glenda hörte den scharfen Befehl: »Stopp! Keine Bewegung mehr!«
Sie blieb stehen, leicht gekrümmt, und schielte dorthin, wo sich Isabella aufgebaut hatte. Sie stand hinter der Theke, hielt einen Revolver mit beiden Händen fest und zielte auf Glendas Körper. »Ich kann damit umgehen, glaub mir.«
»Klar«, keuchte Glenda. Sie litt unter den Nachwirkungen des Schlags. Die Faust der anderen hatte sich hart und auch tief in ihre Magengrube gebohrt.
»So ist es gut - ja, wunderbar.« Ein leises Lachen. »Aber noch lieber wäre es mir, wenn du die Hände hinter dem Kopf verschränkst. Immer vorsichtig bleiben. Das hier ist meine Welt. Hier habe ich das Sagen, und ich lasse mich nicht fertigmachen.«
»Das hatten wir auch nicht vor.«
»Ach, halt dein Maul! Ihr Bullen seid doch alle gleich, verdammt noch mal!«
Die Frau hielt die Trümpfe in der Hand. Glenda besaß genügend Menschenkenntnis, um sich einzugestehen, daß Isabella sie auch ausspielen würde.
So verschränkte sie die Hände hinter dem Kopf und sah das zufriedene Nicken der anderen.
»Bleib erst mal da, wo du bist!«
»Okay.«
Isabella ging auf den Geisterjäger zu, der reglos auf dem Boden lag.
»Gut!« lobte sie sich selbst. »Das war ein guter Schlag…«
»Er hätte tot sein können!« widersprach Glenda.
»Und? Hätte das was ausgemacht? Mir nichts, verdammt,
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