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1108 - Leichengasse 13

1108 - Leichengasse 13

Titel: 1108 - Leichengasse 13 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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ich sah noch keinen Zusammenhang zwischen Fays Träumen und dem Verschwinden der beiden Kollegen. Daß hier einiges nicht mit rechten Dingen zuging und ferngelenkt wurde, das war mir schon klar. Ich wollte sie auch nicht weiter durch Abfragen nach den persönlichen Eindrücken quälen und stellte die nächste Frage. »Diese Straße ist nicht leer. Sie sind nicht die einzige Person, Fay. Es gibt noch andere Bewohner. Was ist denn mit ihnen geschehen? Haben sie das gleiche erlebt wie Sie? Haben Sie darüber gesprochen?«
    Ihr nackter Körper hatte eine Gänsehaut bekommen. Fay Waldon fror innerlich. »Ich weiß es nicht«, sagte sie. »Ich habe mich nicht getraut, mit den anderen darüber zu sprechen. Der Kontakt mit den Leuten aus der Nachbarschaft ist nicht sehr gut. Das hier ist eine tote Straße. Eine leere Gasse, obwohl hier Menschen leben. Aber sie leben nebeneinander her. Es gibt auch keine Geschäfte, keine einzige Kneipe. Es gibt keine Pub, nichts. Es ist einfach so anders, wenn Sie verstehen. Diese Straße ist grau. Ohne Leben, auch tagsüber. Die Menschen vegetieren dahin. Wer hier lebt, der besitzt keine Reichtümer. Ich auch nicht. Ich arbeite als Bedienung und als Tänzerin in einem miesen Lokal. Nur so komme ich einigermaßen über die Runden.«
    »Was ist das für ein Lokal?«
    »Einer dieser Glotzschuppen. Arbeiter, Geschäftsleute kommen dort auf ein schnelles Bier hin, und ich mache Table dance. Oben ohne und so. Aber ich bin keine Nutte. Man muß sich durchschlagen. Ich weiß auch, daß ich es nicht ewig durchhalten kann. Ja, mehr kann ich Ihnen über mich nicht sagen.«
    »Dann haben Sie keinen Kontakt zur Nachbarschaft?«
    »Nein, wir leben nebeneinander her. Keiner ist hier fröhlich. Die Bewohner laufen herum, als läge eine Last auf ihnen und sie fürchten sich. Doch niemand weiß, wovor sie Angst haben.«
    »Einen habe ich gesehen«, erklärte ich.
    »Wen?«
    Ich gab ihr eine Beschreibung des Mannes mit den struppigen Haaren.
    Fay überlegte. »Ich weiß nicht, ob ich ihn schon gesehen habe. Kann durchaus sein. Hier kümmert sich niemand um den anderen. Was ist denn mit ihm geschehen?«
    Ich wollte ihr die Wahrheit verschweigen, um sie nicht noch mehr zu ängstigen. »Ach, schon gut. Es war nur eine Sache, die mir gerade eingefallen ist.«
    »Mehr weiß ich nicht.«
    Es war hell genug im Raum, um das Wichtige erkennen zu können. Fay hatte ihre Kleidung noch nicht übergestreift. Sie bot wirklich einen appetitlichen Anblick, aber mich interessierte etwas anderes an ihr, und so sprach ich sie auf die Zeichen an ihren Armen an.
    »Warum haben Sie sich den Körper bemalen lassen?«
    »Ach, das meinen Sie«, sagte Fay lachend. »Es war ein modischer Gag.« Sie drehte sich etwas und streckte den Arm so vor ihren Körper, daß sie ihn anschauen konnte. Sie wollte etwas sagen und hatte schon den Mund geöffnet, als sie den Kopf schüttelte. »Seltsam«, flüsterte sie. »Das ist mehr als seltsam.«
    »Was denn?«
    »Schauen Sie, Mr. Sinclair, sehen Sie her.«
    Ich blickte hin. Sie waren da, aber sie waren auch dabei, sich zurückzuziehen. Sie verblaßten immer stärker. Unterschiede waren kaum noch zu sehen.
    »Wo haben Sie die Bemalungen her?«
    »Von keinem. Ich habe sie selbst gemacht.«
    »Warum gerade diese Motive?«
    »Sie fielen mir ein.«
    »Wann?«
    »Immer wenn ich schlief. Im Traum. Es waren Bilder. Ich mußte sie einfach auf meine Haut malen. Ja, das sind die Erben der Alpträume. Es ist ja auch modern, seinen Körper zu bemalen, aber jetzt weichen sie zurück. Ich verstehe das nicht.«
    Nein, sie wichen nicht ganz zurück. Als blasse Konturen blieben sie noch bestehen, und mir war klargeworden, daß Fay einen Teil der Bilder aufgemalt hatte, an die sie sich beim Wachwerden noch erinnerte. Große Bedeutung hatte sie den Fratzen nicht beigemessen. Bestimmt war sie auch nicht davon ausgegangen, daß sie es schafften, ein Eigenleben zu erhalten.
    »Was ist denn damit, Mr. Sinclair?«
    Es war schwer, ihr eine Antwort zu geben, ohne daß sich ihre Furcht noch mehr verstärkte. »Ich habe in diesem Zeitraum von sechzig Minuten erlebt, daß die Schatten nicht nur auf Ihrer Haut geblieben sind. Sie haben es geschafft, sich selbständig zu machen. Sie waren sogar in der Lage, zu reden.«
    »Bitte?«
    »Ich habe Stimmen gehört.«
    Fay saß plötzlich da wie auf dem Sprung. »Aber nicht von den Schatten. Das kann nicht sein.«
    »Leider ist es so.«
    Fay Waldon starrte mich mit einem scharfen Blick

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