1109 - Hexenspiele
hinwegschweben, bevor sie sich drehte und der Tropfen in die andere Flüssigkeit hineinklatschte.
Wie schon der erste, so sank auch er nach unten, ohne sich dabei aufzulösen.
Beide Frauen hatten ihr Opfer gegeben. Jetzt mußte es nur noch von der anderen Seite angenommen werden.
Lou Gannon hatte sich nicht gerührt. Er kümmerte sich nicht um die beiden Nackten, die sich rechts und links von ihm vor den Kessel knieten und dabei seine Haltung angenommen hatten.
Niemand sprach ein Wort. Die Stille stand zwischen ihnen die Atmosphäre aber veränderte sich unmerklich. Sie kühlte noch mehr ab, und die Flüssigkeit im Kessel blieb auch nicht mehr so ruhig wie sie bisher gewesen war.
Sie schäumte nicht. Es gab kein Brodeln. Es entstanden auch keine Wellen, und es spritzte auch nichts über. Dennoch hatte sich der Inhalt verändert. Er war nicht mehr so dunkel. In seinem Innern erschien ein geheimnisvoll leuchtendes Licht, das noch in Nähe des Kesselbodens funkelte und Ähnlichkeit mit einem Diamanten aufwies, dessen Facette in zahlreiche Richtungen strahlte und an Intensität immer mehr zunahm, so daß dieses gelbe und auch rötliche Licht allmählich in die Höhe stieg und sich bereits als schwacher Schein auf der Oberfläche abzeichnete.
Melissa und Lara hatten die Verbindung zur Hölle geschaffen. Das Erbe des Teufels hatte ihr Opfer angenommen. Ihr Blut zu seinem, denn der Kessel war mit dem Saft des Teufels gefüllt.
Mit Höllenblut!
Drei Augenpaare schauten zu. Nichts bewegte sich an den Körpern und in den Gesichtern. Sie schienen unter einem Eispanzer zu liegen und völlig erstarrt zu sein.
Das Gelbe Licht tanzte jetzt auf der Oberfläche, ohne sie allerdings zu bewegen. Jemand schien im Unsichtbaren zu sitzen und eine Lampe zu schwenken, deren zuckender Widerschein auch die Oberfläche des Kessels erreichte.
Niemand sprach. In keinem Gesicht bewegte sich etwas. Sie brauchten nichts zu sagen. Es drangen keine Beschwörungsformeln aus ihren Mündern, es war einfach nur ihre Konzentration, der sie sich hingaben und so versuchten, die Verbindung herzustellen und zu halten.
Sie mußten Geduld aufbringen. Schließlich hatte der Höllenherrscher bereits bewiesen, daß er sie in dieser Nacht akzeptierte, obwohl sie eine Niederlage erlitten hatten.
Aber sie waren innerlich bereit. Sie hatten dem normalen Leben und der menschlichen Moral längst abgeschworen, und so etwas spürte auch Asmodis.
Er näherte sich.
Dabei war er nicht zu sehen - noch nicht. Aber die Fläche des Kessels strahlte jetzt auf. Es war ein sehr kaltes und gelbes Licht, das sternenförmig in die Höhe sprühte und sich als Streifen an der Decke verteilte.
Lara stöhnte auf.
Sie spürte es als erste.
Melissa dagegen tat nichts. Sie kniete und hatte den Kopf etwas nach vorn gedrückt und ihn dabei auch leicht schief gelegt, so daß ihre lange Haarflut zur Seite gerutscht war. So wie sie dasaß, sah ihre Haltung demütig aus.
Sie kannten sich aus. Der Teufel suchte sich immer einen Fixpunkt aus, um zu erscheinen.
Diesmal war es Lara!
Ein Schrei. Er war aus ihrem Mund gedrungen. Sie warf den Kopf zurück, um einen Moment später zu sehen, wie der Teufel auf seine Art und Weise eine Verbindung mit ihr aufgenommen hatte. Das Mal zwischen Brust und Hals leuchtete ebenfalls auf, und es wirkte auf das gelbe Licht wie ein Magnet.
Es verwandelte sich in Blitze, die nicht mehr nur über dem Kessel zuckten, sondern eine Verbindung mit der nackten Hexe bekommen hatten. Zwischen Kessel und der Fratze huschten die Strahlen hin und her und waren zu einem Lichtfeuer geworden, das die Hölle produziert hatte.
Lara lachte plötzlich rauh auf. Dabei schüttelte sie ihren Körper. Ihr Gesicht hatte einen verzückten Ausdruck angenommen, und einen Moment später war es soweit.
Der Teufel erschien!
***
Auch als sie den Aufzug verließen, schaute sich Betty Flynn noch immer scheu um. Der Flur war leer. Niemand wartete auf sie, und es hielt sich auch kein Mensch in den Türnischen versteckt, um sie zu überfallen.
Sie blieb bei Shao, während Suko bis zur Wohnungstür vorging, sie aufschloß und den beiden Frauen ein Zeichen gab, noch etwas zu warten. Er betrat die Wohnung allein, machte Licht, durchsuchte sie sehr schnell, und kehrte mit einem Lächeln auf dem Gesicht zu den Frauen zurück.
»Ihr könnt kommen. Es ist alles okay.«
»Das hatte ich auch nicht anders erwartet«, sagte Shao.
Wenig später saßen sie auf den Rattanmöbeln zusammen.
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