1110 - Killer-Katzen
einschalten.«
Damit war die Frau nicht einverstanden. »Aber es ist doch kein Mord gewesen?«
»Nicht im eigentlichen Sinn. Trotzdem würde ich gern mit Ihrem Neffen sprechen und möchte sie bitten, ihn zurückzuhalten, falls er wieder zurück ins Dorf gehen will.«
Sie nickte. »Ich werde sehen, was sich machen läßt, Mr. Sinclair.«
»Das ist nett.« Ich sah, daß sie den Kopf gesenkt hatte. Ihre Hände bewegten sich dabei unruhig über die Platte der Theke hinweg, die blank gewienert war. Die Sicherheit hatte sie verloren, und darauf sprach ich sie an. »Noch einmal, Mrs. Brown, wenn es irgend etwas gibt, das Sie bedrückt und das Sie loswerden wollen, reden Sie mit mir. Ich kann Ihnen vielleicht helfen.«
»Nein, da gibt es nichts.«
»Sind Sie sicher?«
»Ja.«
»Gut, dann sehen wir weiter. Aber ich bin auch gekommen, um zu zahlen. Was macht es?«
Sie sagte mir die Summe. Ich legte noch ein kleines Trinkgeld hinzu und hielt die Hand der Wirtin fest, als sie nach dem Geld greifen wollte. »Bitte, Mrs. Brown, Sie sollten es sich wirklich überlegen. Ich kann Ihnen bestimmt behilflich sein, auch wenn Sie es mir nicht glauben wollen.«
»Das weiß ich. Trotzdem, ich…«
Ich wollte mich umdrehen, doch meine Bewegung erstarrte, weil ich von draußen her den Schrei gehört hatte.
Das war Fay Waldon gewesen!
***
Die schwarze Katze saß bewegungslos auf dem Nebenstuhl. Sie wirkte wie ein künstliches Geschöpf, doch Fay fühlte Angst in sich hochsteigen. Im Prinzip hatte sie nichts gegen Katzen. Sie stand den Tieren neutral gegenüber, doch was sie erlebt hatte, das paßte einfach nicht in den normalen Kreislauf zwischen Mensch und Tier hinein. Sie hatte immer das Bild des Jungen vor Augen, der die Karre mit der blutigen Last hinter sich hergezogen hatte. Ein von Krallen zerfetzter Hundekörper. Fay konnte sich vorstellen, daß auch die Katze, die neben ihr hockte, daran beteiligt gewesen war.
Sie wurde nicht aus den Augen gelassen. Die Augen der Katze schimmerten hell mit einem Stich ins Gelbe. Es waren für sie grausame Augen, deren Anblick sie erschauern ließ.
Die Katze war ein Wächter. Sie mochte den Menschen nicht. Fay kam sich schon wie ein Opfer vor.
Es konnte sein, daß das Tier nur auf einen günstigen Zeitpunkt wartete, um ihr die Krallen ins Gesicht zu schlagen, um zu versuchen, die Augen auszureißen.
Sie wagte kaum, Luft zu holen. Längst war ihr Schweiß ausgebrochen. Er rann in kleinen Tropfen nicht nur über die Stirn, sondern auch am Rücken entlang. Es wäre für Fay an der Zeit gewesen, aufzustehen und wegzulaufen. Hinein in das Gasthaus, in dem sich auch John befand.
Es war alles nur Theorie. Sie tat es nicht. Sie blieb sitzen und fühlte sich wie unter einem Bann.
Unsichtbare Fesseln hielten sie. Es war unmöglich, sie zu sprengen. Tier und Mensch starrten sich nur an. Normalerweise war der Mensch stärker als eine Katze. In diesem Fall jedoch würde es umgekehrt sein. Dafür hatte Fay keinen Beweis, aber sie spürte es.
Es war so verdammt still um sie herum. Nichts Fremdes drang an ihre Ohren. Auch aus dem Gasthaus war nichts zu hören. Die Stille verwandelte sich in eine bleierne Zeit.
Von ihrem Begleiter sah sie nichts. Sie hörte John auch nicht reden. Hier draußen hockte sie wie auf einer gut bewachten Insel. Dabei war es so einfach, den Stuhl nach hinten zu schieben oder einfach nur aufzustehen.
Fay tat es nicht. Das übernahm die Katze. Mit sehr trägen und schon provozierend langsamen Bewegungen verließ sie ihre hockende Position und stellte sich hin. Sie drückte dabei die Vorderpfoten vor und schob den Körper zurück, wobei sie einen Buckel bildete. Recken und strecken, so lautete ihre Devise. Dabei präsentierte sie Fay das Gebiß mit den hellen Zähnen.
Sie schüttelte den Kopf.
Für Fay war diese Bewegung ausschlaggebend. Sie glaubte, daß die Katze mit sich selbst beschäftigt war und auf sie nicht mehr achten würde. Es war der beste Zeitpunkt gekommen, um aufzustehen und zu verschwinden.
Sie kam hoch.
Die Katze sprang!
Es ging so schnell, daß Fay Waldon es nicht schaffte, ihr auszuweichen. Plötzlich war das Tier da.
Der Körper prallte gegen sie. Ein harter Stoß erwischte sie, und sie taumelte zurück, wobei ihr der Stuhl im Weg stand und sie den Widerstand in den Kniekehlen spürte. Das Ding kippte nach hinten, und Fay trat zurück. Eine unglückliche Bewegung, denn so verwandelte sich der gekippte Stuhl in eine Stolperfalle. Das Gleichgewicht
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