1110 - Killer-Katzen
Katzen?« erkundigte ich mich.
Er zog ein paarmal die Nase hoch. »Klar, da gibt es eine Menge. Aber nicht so viele, wie Sie vielleicht meinen. Ich glaube, daß sie noch von woanders hergekommen oder aus dem Heim ausgerissen sind.«
Ich horchte auf. »Ein Heim?«
»Ja, das gibt es bei uns. Ein Tierasyl. Es nennt sich Cat Home. Es liegt etwas außerhalb unseres Dorfes. Dort werden die streunenden Katzen aufgenommen und versorgt.«
»Das ist ja interessant. Kannst du uns auch sagen, wem das Heim gehört? Oder wer sich um die Katzen kümmert?«
»Die Katzenmutter.«
»Aha. Heißt sie nur so? Oder hat sie auch einen normalen menschlichen Namen?«
»Doch, den hat sie. Die Frau heißt Brenda Miller. Und sie liebt Katzen über alles.«
»Wie viele gibt es denn dort?«
»Keine Ahnung, aber wenige sind es nicht. Vielleicht dreißig, vierzig oder so.«
»Wie leben Sie denn?«
»In einem Gehege.«
»Sie werden nicht freigelassen?«
Daniel zuckte die Achseln. »Da habe ich keine Ahnung. Eigentlich nicht, aber jetzt denke ich anders darüber. Ich glaube nämlich, daß die Katzen aus dem Heim meinen Max getötet haben. Und auch die anderen Tiere, die vielen Vögel.«
»Was sagen denn die Leute aus dem Dorf?«
»Nicht viel.«
»Warum nicht?«
»Ich glaube, daß sie Angst haben. Nicht nur vor den Katzen, auch vor Brenda Miller. Sie ist eine komische Frau. Die will mit keinem Menschen etwas zu tun haben, das kann ich euch versichern. Die lebt richtig allein und nur mit den Katzen. Man hat sie ja gefragt, aber sie hat nur gelacht und die Leute rausgeschmissen. Um die Katzen würde sie sich kümmern, sagte sie.«
»Also gibt es keine Beweise, daß ihre Katzen deinen Hund und auch die Vögel getötet haben?«
»Nein. Aber das glaube ich. Ich denke auch, daß es nur ein Anfang war. Wenn die Katzen unsere Hunde jetzt hassen, werden sie sie sich schon holen. Mit Max ist nur ein Anfang gemacht worden. Andere müssen auch Angst um ihre Hunde haben.«
»Tja, Daniel, das denke ich auch. Andererseits weiß ich, daß Katzen recht friedlich sind. Okay, Sie verstehen sich nicht gut mit den Hunden. Es gibt auch manchmal Streit. Aber daß Katzen Hunde töten, habe ich noch nie gehört.«
»Hier haben sie es getan!« sagte Daniel mit weinerlicher Stimme. »Dabei war Max so lieb.«
»Und das Tierasyl liegt nicht weit von hier, sagst du?«
»Der Weg ist leicht zu finden. Es heißt Cat Home. Sie müssen vor Blakenhall nach links abfahren. Dann kommen Sie hin.«
»Lebt diese Brenda dort allein mit ihren Katzen?«
»Nein, da gibt es noch einen Helfer. Er heißt Goran und stammt nicht von hier. Das ist einer, vor dem man Angst haben kann. Der ist so düster und gefährlich.«
»Danke, Daniel, daß du uns geholfen hast.« Ich strich über seinen blonden Haarschopf hinweg.
»Wieso geholfen?«
Ich lachte ihm zu. »Weil wir hinfahren werden. Wir schauen uns in diesem Katzenasyl einmal um.«
Ich sah, wie er erschrak. »Das… das… wird aber nicht einfach sein. Da können Sie nicht hin und Fragen stellen. Goran und Brenda werden Sie rausschmeißen. Sie sind ganz komische Leute. Die sprechen auch mit keinem Menschen in Blakenhall. Jemand hat mal gesagt, daß sie die Katzen auch nicht verkaufen. Die Frau will sie alle für sich behalten. Die sind wie ihre Kinder. Eigene hat sie ja nicht. Deshalb lebt sie auch mit den Katzen.«
»Auffressen wird sie uns schon nicht.«
Daniel blickte uns skeptisch an. »Die Tiere greifen bestimmt auch Menschen an.«
»Und ob!« flüsterte Fay. Sie hatte allerdings sehr leise gesprochen, so daß der Junge nichts verstanden hatte, was letztendlich auch gut war.
»Sollen wir dich mit in den Ort nehmen?« erkundigte ich mich.
»Nein, ich bleibe noch bei meiner Tante. Ich will auch nicht mehr mit den Leuten sprechen. Das ist alles so schlimm.«
»Und was ist mit deinen Eltern?«
»Die sind in Urlaub. Sie kommen erst am Ende der Woche zurück. Meine Mum und mein Pa werden traurig sein, wenn sie hören, daß Max nicht mehr lebt.«
»Vielleicht bekommst du irgendwann einen neuen Hund, der so aussieht wie Max.«
Daniel sagte nichts mehr. Er bückte sich und hob den Spaten wieder an. Wir waren für ihn nicht mehr interessant. Er wollte auch noch den sichtbaren Rest zuschaufeln.
Wir gingen wieder zurück. Über uns schwebten die Äste und Zweige der Obstbäume wie Gerippe.
Ich starte versonnen zu Boden, denn ich mußte mir die Aussagen erst noch durch den Kopf gehen lassen. Es war schon hart gewesen,
Weitere Kostenlose Bücher