1110 - Killer-Katzen
übertrieben?« fragte ich.
»Davon müssen Sie sich schon selbst überzeugen.«
»Deshalb sind wir ja hier«, erklärte ich. »Zuvor aber haben wir Durst.«
»Ein Bier?«
»Wäre nicht schlecht.«
Sie zwinkerte mir zu. »Sogar ein deutsches. Vom Faß gezapft. Sie können auch Weizenbier bekommen.«
»Himmel!« rief ich. »Und das in dieser Gegend. Ich packe es nicht. Aber ich nehme ein Pils. Haben sie doch - oder?«
»Klar.«
»Was ist mit dir, Fay?«
»Das gleiche.«
»Wunderbar. Wegen des Essens frage ich Sie, wenn ich Ihnen das Bier bringe.«
»Alles klar.«
Sie verschwand, und Fay reckt sich. Die Beine hatte sie vorgestreckt. Ihre Zehen bewegten sich in den flachen Schuhen aus Jeansstoff. »Es ist herrlich hier, John. Wie in einem Paradies. Da möchte man gar nicht mehr weg.«
»Stimmt. Aber wir müssen weiter.«
»Leider. Oder bleiben wir über Nacht?«
Fay hatte die Frage in einem Tonfall gestellt, der mir klarmachte, daß sie gern geblieben wäre, aber ich antwortete ausweichend. »Das kann durchaus sein, doch ich möchte eigentlich noch etwas südlicher übernachten, wenn es denn sein muß. Auch dort gibt es schöne Gegenden.«
Sie verschränkte die Arme hinter dem Kopf. »Ich bin mit allem einverstanden.«
Ich war froh, daß Fay so reagierte. Da hatte sie den Schrecken der Leichengasse vergessen und auch ich wollte mich nicht mehr daran erinnern.
Die Vergangenheit sollte ebenso außen vor bleiben wie die Zukunft. Für mich zählte nur die Gegenwart, die ich bei Essen und Trinken genießen wollte.
Unser Bier wurde serviert. Kinder, das war ein Anblick. In den großen, tulpenförmigen Gläsern schimmerte hell die gelbe Flüssigkeit, und auf ihr saß die feste Krone.
»Wohl bekomm's«, sagte die Wirtin auf Deutsch und stellte die Gläser ab.
»Herzlichen Dank«, erwiderte ich in der gleichen Sprache. »Das wird uns sicherlich schmecken.«
Die Wirtin trat einen Schritt zurück. Sie war überrascht. »Sie sprechen meine Heimatsprache?«
»Ja. Recht gut sogar.«
»Das hört man.«
»Ich habe einige Freunde in Deutschland und bin auch des öfteren dort. Vor kurzem habe ich noch Bamberg besucht und dort einen sehr netten Menschen kennengelernt, mit dem ich mich auch angefreundet habe. Ich mag dieses Land.«
»Ich auch.«
Fay und ich griffen zu unseren Gläsern. »Auf good old Germany«, sagte ich und trank.
Es war ein Pils, das schmeckte. Etwas herb, aber nicht bitter. Gerade richtig für den ersten Durst.
Als kalter Strom rann es meine Kehle hinab.
Die Wirtin blieb zwischen uns stehen. Sie lächelte, weil sie sich darüber freute, wie gut uns ihr Getränk schmeckte. Das Glas war zur Hälfte leer, als ich es wieder abstellte.
»Nun zum Essen«, sagte ich und wischte letzte Schaumreste von meinen Lippen.
»Zum Bier paßt ein Gulasch. Kennen Sie das Gericht?«
»Und ob. Sehr zart, sehr scharf, eine gute Soße. Viel Paprika und viele Zwiebeln.«
Gisela Brown hatte bei der Aufzählung mitgenickt und alles so bestätigt. »Wie Sie ihn wünschen, habe ich ihn. Ich könnte noch ein Alternativgericht anbieten und…«
»Nein, nicht nötig. Oder Fay?«
»Ich bin auch dafür.«
Mrs. Brown lächelte. »Dann also zweimal Gulasch.«
»Gern.«
Sie lächelte, ließ uns allein, und ich widmete mich wieder dem nächsten Schluck.
Beim nächsten würde das Glas leer sein, und ich hatte mich längst entschlossen, ein zweites Pils zu bestellen. Mit der Weiterfahrt konnten wir uns Zeit lassen. Es war einfach wichtig, Augenblicke wie diese im Leben zu genießen. Da kam mir der Tag vor wie ein besonderes Gottesgeschenk. Das merkte auch Fay.
Sie hatte sich wieder normal hingesetzt. »Du hast gar keine Lust, nach London zu fahren, wie?«
»Im Moment nicht.«
»Dann laß uns hier eine Nacht bleiben. Vielleicht können wir hier ein Zimmer mieten.«
Sie schaute mich dabei mit einem besonderen Blick an, und ich hatte auch genau verstanden, daß sie von einem Zimmer gesprochen hatte. »Wir können Mrs. Brown ja mal fragen.«
»Super.«
Sie mußte durch die offene Tür gesehen haben, daß mein Glas leer war. Sie kam zu uns, und sie brachte den Geruch des Essens mit, der wahrlich nicht unangenehm war, sondern richtig Appetit machte.
»Ein zweites, Mister?«
»Aber sicher. Ihren Namen kennen wir ja. Wir möchten uns auch vorstellen.« Ich deutete auf mein Gegenüber. »Das ist Fay Waldon. Ich heiße John Sinclair.«
»Angenehm.« Sie reichte mir die Hand und hörte dann, wie ich mich nach Zimmern
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