1111 - Die Macht der Elf
Sorgen um Fellmers Geisteszustand.
„Recht gehabt womit?" ging er also auf den Telepathen ein.
„Mit allem! Sie sahen etwas voraus, das ..." Fellmer machte eine Geste, die Hilflosigkeit ausdrückte. „Es sind Guckys Gedanken, nicht meine. Sie sahen die Zukunft voraus - deine, meine, die der ganzen Menschheit. Ihr einziger Lebensinhalt bestand bis heute darin, sich darin bestätigt zu wissen. Deshalb warteten sie auf uns."
Rhodan hob eine Hand.
„Moment! Sie warteten auf Gucklon auf uns, beziehungsweise Gucky, weil sie im voraus wußten, daß wir hier auftauchen würden?"
„Genauso denkt er sich das. Ich habe schon an Seth-Apophis gedacht und daran, daß die Superintelligenz das Ganze inszeniert haben könnte. Das scheidet schon allein deshalb aus, weil sie auch Seth-Apophis vorhersahen. Sie warteten auf uns, um eine geistige Befriedigung zu finden. Und die brauchten sie offenbar, um einen weiteren Schritt zu ihrer Evolution zu tun. Ob Gucky sie zufrieden stellen konnte, werden wir vielleicht nie erfahren. Gucky meint jedenfalls, wir könnten nur dafür beten, denn sonst..."
„Was sonst?" fragte Rhodan.
„Sonst könnten sie ihr ganzes Konzept umkrempeln."
Perry verzog keine Miene. Er legte Fellmer die Hand auf die Schulter.
„Ich schicke euch auf jeden Fall jemanden, der euch besser versteht, alter Freund. Du bist nicht auch noch der Meinung, die Gucklon-Kollektivintelligenz könnte mit ES identisch sein?"
„Eine Superintelligenz?" rief Lloyd entsetzt aus. „Gott bewahre!"
„Was denn dann?"
„Etwas, das außerhalb jeden Schemas steht. Etwas, das sich nicht ins Zwiebelschalenmodell einordnen läßt. Etwas, das... vor uns da war."
„Ich schicke euch jemanden", wiederholte Rhodan seine Ankündigung. „Falls es in diesem Schiff noch einen vernünftigen Menschen gibt."
Es gab ihn, und dieser eine würde nie erfahren, was die Gucklon-Intelligenz dazu bewogen hatte, über Raum und Zeit hinweg ausgerechnet ihm den Schlüssel in die Hand zu geben.
11.
Shelly W. Ogat hatte ihren Ruf vernommen. Er wußte es nicht mehr, denn die Gedankenbotschaft: „Wir danken dir, alter Freund, daß du das Schiff auf den richtigen Kurs gebracht hast!" war in dem Augenblick wieder vergessen, in dem er sie empfangen hatte. Shelly war kein Telepath, sondern nur einer, der aus den schriftlichen Übungen seiner Schüler gekonnt Rückschlüsse auf deren geistige Verfassung zu ziehen verstand.
Er war kein Telepath, doch er empfing und vergaß die Botschaft. Was als einziges in seinem Unterbewußtsein hängenblieb, war ein Name und eine Bezeichnung - und das Wissen um eine Aufgabe.
Shelly kannte nur noch sie, und sie bestand ausnahmsweise einmal nicht im Korrigieren, Archivieren und Belehren. Es war etwas Erhabeneres, Sinnerfüllenderes.
Zuerst hatte er sich um Müppelheimer zu kümmern. Shelly besorgte sich eine Waffe, hörte die Interkom-Berichte ab und wußte bald, wo er zu suchen hatte.
Der „weiße Rabe" stand in der Pose eines Großwildjägers in einem Konferenzraum zwischen einigen Dutzend paralysierten Frauen und Männern. Alle Eingänge des Raumes waren von Medo- und Allzweckrobotern umstellt. Shelly kam gerade zurecht, um zu verhindern, daß sie Ok in eine Wolke von Narkosegas hüllten. Etwas ließ die Roboter zur Seite treten.
Müppelheimers Augen wurden klein, als Shelly auf ihn zuging.
„Ich bin ein weißer Rabe!" schnatterte er. „Sieh, wie ich fliege!"
Dabei machte er entsprechende Auf- und Abbewegungen mit den Armen. Der Paralysator in seiner rechten Hand wirkte dabei wie eine Flügelklaue.
„Und ich der Herr aller Raben!" rief Shelly ihm entgegen. „Ok, es waren elf!"
Müppelheimer ließ die Arme sinken.
„Elf Armadaflammen, die du gesehen hast! Ok, ich nehme den Bann nun von dir!"
Shelly warf etwas in die Luft. Elf Kugelblitze entstanden unter der Decke, breiteten sich langsam aus, wurden strahlender und violett. Der Zauber verpuffte nach wenigen Sekunden.
Ok starrte in die Luft, als längst alles vorbei war.
„Wo ... bin ich?" fragte er endlich.
„Weiße Raben!" testete Shelly ihn. Müppelheimer sah ihn merkwürdig an.
„Ja, und? Die soll's ja geben, oder?
Hast du einen?"
Ok schien erst jetzt zu bemerken, daß er in einen IV-Schirm gehüllt war und den Strahler in der Hand hatte. Verblüfft ließ er sich entwaffnen und schaltete den Schirm aus.
Der so einfache wie wirksame Gegenzauber war gelungen. Shelly gab Ok in die Obhut der Roboter, die sich um ihn kümmern
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