1113 - Die Fratzen der Fresser
unsicher, da ihm der richtige Weg noch nicht bekannt war.
Eine Küche lag sicherlich nicht weit von der Theke weg. Er hatte auch die Tür zwischen den hinteren Thekenregalen gesehen.
Als Suko wenig später davorstand und lauschte, hellte sich sein Gesicht auf. Die Stimme war deutlicher zu hören gewesen. Das helle Lachen, die Worte, die schnell gesprochen wurden, und dann vernahm er auch die Stimme eines Mannes.
Er schob die Tür zur Seite.
Ein Flur. Er war nicht lang, und Suko konnte in die Küche hineinschauen. Im ersten Überblick wunderte er sich über die grauen Fliesen auf dem Boden und auch über die Farbe der Wände, die so gar nichts mit einer Musterküche zu tun hatten, wie er sie aus dem Fernsehen kannte. Es war nicht unbedingt schmutzig, aber doch alles in Grau gehalten, wozu die Steine auf dem Boden auch beitrugen.
Auf den beiden großen Herden war das Essen bereits zubereitet worden. Aus den Töpfen stieg der Dampf in Schwaden, und Suko ging davon aus, daß man Suppe kochte.
Zwei große Pfannen standen ebenfalls auf dem Herd. Was darin briet, war für Suko nicht zu sehen, weil Deckel den Inhalt bedeckten.
Er sah auch den Koch. Und er sah die junge Frau. Beide befanden sich in einer verfänglichen Situation. Der Koch hatte die Frau bis gegen die Wand gedrückt. Sie kam dort nicht weg, weil er sie festhielt. Vielleicht wollte sie auch nicht, denn sie lachte und kicherte, während eine Hand des Mannes unter ihre Bluse geglitten war und nach den Brüsten tastete. Suko sah, daß die junge Frau eine weiße Bluse trug, wie es bei Kellnerinnen der Fall ist. Den schwarzen Rock hatte der Mann ebenfalls in die Höhe geschoben. Suko war ihm noch nicht aufgefallen. Dafür entdeckte die Kellnerin den Besucher, als sie einmal den Kopf drehte und an der Schulter es Kochs vorbeischaute.
Sie erschrak und stand sofort starr.
Dem Koch fiel es auf. »He, was ist denn?« raunzte er sie an.
»Da ist jemand gekommen.«
»Was?«
»Ja, dreh dich um!«
Das tat der Mann auch. Suko sah ihn, umgekehrt war es ebenso, und beide schauten sich an, ohne etwas zu sagen. Der Koch war ungefähr 30. Sein Gesicht war gerötet. Der Mund stand offen, und in den Augen lag ein wütendes Glitzern. Die Haare klebten feucht und dünn auf seinem Kopf, und dann tanzten noch auf den Wangen hektische Flecken.
»He, wer bist du denn?«
Suko räusperte sich. »Sorry, aber ich hörte…«
»Hau ab, Chinese!« keuchte der Mann Suko an. »Hau nur ab, verdammt noch mal!«
»Ja, gleich, aber…« Er gab sich unsicher, und das gefiel dem Koch. So konnte er zu anderen Maßnahmen greifen. In der Nähe stand ein Messerblock, aus dem die dunklen Griffe hervorragten.
Blitzschnell griff er nach einer der Klingen und zog sie heraus. Suko hatte noch das schleifende Geräusch gehört, dann sah er die Spitze des breitklingigen Messers plötzlich auf sich gerichtet.
Die Kellnerin zitterte. Sie blieb an der Wand, aber sie drückte sich zur Seite. Suko nahm wahr, daß sie schwarze Haare hatte, ansonsten konzentrierte er sich auf den Koch. Dieser Typ war unberechenbar, der würde auch angreifen.
Nicht, daß es Suko etwas ausgemacht hätte, er wäre schon mit ihm fertig geworden, er wollte nur Aufsehen vermeiden und nicht riskieren, daß der Typ sich später beschwerte, wenn die anderen eintrafen.
»Ich wollte doch nur einen Schluck trinken.«
»Geh woanders hin. Hier haben wir eine geschlossene Gesellschaft. Da gibt es nichts. Ist das klar?«
»Jetzt schon.«
»Dann verpiß dich!«
Suko nickte heftig. Auf der Stelle drehte er sich um. Er schaute auch nicht über die Schulter zurück, sondern ging rasch aus der Küche. Er hörte noch das Lachen des Kochs und auch eine Bemerkung, die laut genug gesprochen war. Damit hatte er die Kellnerin gemeint. »So macht man das. Der hat sich fast in die Hose geschissen.«
Suko interessierte die Meinung des Mannes über ihn nicht. Er hatte zwar nicht viel gesehen, doch was ihm aufgefallen war, das hatte ihm gereicht. Hier herrschte Aggressivität vor. Hier standen die Menschen unter Druck, und hier würde es bestimmt keinen Spaß machen, länger zu bleiben und zu essen, wenn man nicht eben zu dieser geschlossenen Busgesellschaft gehörte.
Daß hier einiges nicht mit normalen Dingen zuging, das stand für ihn bereits fest. Suko mußte nur herausfinden, mit welchen Mitteln die andere Seite arbeitete. Einen Hinweis auf den fremden Kopf, der aus einer Schulter drang, hatte er noch nicht entdeckt. Es war auch
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