1114 - Der Pestmönch
sich die Distanz.
Wütende und schreiende Stimmen umgaben mich wie einen gewaltigen Kreisel. Diese Laute aber wurden noch von Glendas Rufen übertönt, die sich vor die Theke gewagt hatte und sich ebenfalls gegen zwei Angreifer wehren mußte.
Toll, wie sie fightete und mir dabei den Weg freimachen wollte. Sie hatte sich eine Flasche als Waffe genommen und schlug damit auf die verdammten Angreifer ein.
Sie traf auch.
Körper und Köpfe wurden von den Schlägen erwischt. Nur reichten die Treffer nicht aus, um die lebenden Pestleichen zu stoppen. Die zweiten Köpfe mußten mit einer wahnsinnigen Energie gefüllt sein. Sie glich schon einer Batterie, die es verstand, die Körper immer wieder aufzuladen.
Mit einem letzten Stoß hebelte ich einen Angreifer fast aus, dann schleuderte ich den Stuhl zur Seite und hatte endlich auch Glenda erreicht, die ihre gefüllte Whiskyflasche noch einmal halb hochriß und sie dann in das Gesicht einer Gestalt drosch.
Wir hatten etwas Zeit. Ihr verschwitztes Gesicht drehte sich mir zu. »Komm mit!«
»Wohin denn?«
»In die Küche.«
»Sind wir da sicher?«
»Keine Ahnung, aber wir können die Tür von innen verschließen. Das hat der Koch behauptet.«
»Gibt es keinen Hinterausgang.«
»Ja, aber alles ist zu. Und die Fenster sind einfach zu klein, um durchzukommen.«
Da hatte sie leider recht. Ich schob Glenda hinter die Theke, damit sie vorging. Noch immer war ich auf Lorenzo fixiert. Ich wußte, daß es ihn noch gab, aber er war schlau genug, um sich nicht zu zeigen. Er schickte die kleine Armee der Verfluchten vor.
Es waren Männer und Frauen, die durch ihre zwei Köpfe jeweils wie Zerrbilder wirkten. Gestalten wie aus einem Horror-Film oder einem Fantasy-Streifen.
Mochten sie manchmal im Kino lächerlich wirken, hier waren sie es nicht. Ich stellte auch fest, daß sich der Geruch in der Gaststätte verändert hatte.
Er war nie rein und klar gewesen. Nun aber schwebte so etwas wie eine stinkende Pestwolke zwischen den Wänden. Ausgehend von den Zweitköpfen der Veränderten.
Jetzt trennte uns nur die Theke. Hinter mir befand sich die offene Mitteltür. Auf der Schwelle stand Glenda Perkins und wartete auf mich.
»Komm jetzt endlich!«
»Ich will diesen Lorenzo!«
»Später!«
Überzeugt war ich davon noch nicht. Einer wie er baute immer Sicherheiten ein.
Ich zog mich trotzdem zurück. Glendas warmer Atem streifte mein Gesicht, als ich an ihr vorbeihuschte. Sie war es auch, die die Tür zurammte und abschloß.
Auf den ersten Blick sah die Tür stabil aus, doch ewig würde sie auch nicht standhalten.
Wir hatten noch etwas Zeit. So konnte ich mich in der Küche umschauen. Modern war sie nicht. Es roch nach Essen und auch nach irgendeinem Fett. Zwei Öfen standen zur Verfügung. Es gab auch Ablagen, und Regale, in den Töpfe, Pfannen, Bestecke und Geschirr genügend Platz hatten. Der Boden war mit roten Fliesen bedeckt, und unter der Decke gab eine runde Lampe ein helles Licht ab.
Diese Küche diente fünf Menschen als Fluchtpunkt. Die zwei Kellnerinnen waren da, der Koch ebenfalls und natürlich Glenda und ich. Während der Koch in seiner weißen Kleidung und dem fahlen Gesicht wie ein Gespenst wirkte, zitterten die jungen Frauen vor Angst. Sie hatten sich in die hinterste Ecke zurückgezogen und hockten beide auf der Sitzfläche eines Schemels. Sie zitterten vor Angst. Ihre Augen waren vom Weinen gerötet. Die Hände hatten sie zu Fäusten geballt, als wollten sie uns allen die Daumen drücken.
Glenda hatte recht. Die Fenster waren wirklich zu klein. Man konnte die vier Öffnungen schon als Luken bezeichnen, wobei nur zwei von ihnen offenstanden.
Mein Blick fiel auf einen Messerblock. Daraus ragten die hölzernen Griffe der verschieden breiten Messerklingen hervor. Der Koch hatte eine Hand auf zwei Griffe gelegt, um damit anzudeuten, womit er sich verteidigen wollte.
Noch war es nicht soweit. Noch brauchte er sie nicht. Sie hatten die Tür noch nicht erreicht, aber sie waren zu hören. Irgend etwas fiel immer um, und auch Lorenzos keifende Stimme wurde von der dicken Tür nicht aufgehalten.
Wir alle sahen ramponiert aus. Auch Glenda. Ihre Kleidung war fleckig, aber sie hielt sich, auch wenn das Gesicht hochrot war. In ihren Augen las ich, daß sie nicht aufgeben wollte.
Ich gab ihr meine Beretta.
»Danke, John.«
»Hast du etwas von Suko gesehen?«
Sie schüttelte den Kopf. »Weder gesehen noch gehört. Das trifft auch auf diese Britta
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