1117 - Das Gedankenmonster
Bewußtsein!" hörte er eine Stimme wie aus weiter Ferne raunen.
Der milchige Nebel vor seinen Augen klärte sich zu einem verschwommenen Puzzle aus Licht und Schatten. Mitten darin tauchte so etwas wie ein schwarzes Tuch auf, mit zwei schlitzförmigen Öffnungen darin, hinter denen sich Augen bewegten.
„Homer Gershwin Adams!" sagte eine hohl klingende Stimme. „Du gehörst zum Kreis der Eingeweihten. Folglich kennst du das Geheimnis der mentalen Energieballung jenseits von Sol. Aber wir kennen es auch."
Homer wollte etwas fragen, aber er bekam kein Wort heraus.
„Wir sind die Namenlosen, die Verkünder der Apokalypse!" fuhr die Stimme fort. „Wir wissen, daß die mentale Zusammenballung niemals dazu dienen sollte, eine zweite Erde zu schaffen. Sie ist in Wirklichkeit eine Brücke zum Reich der Kosmokraten jenseits der Materiequellen, die ihr Eingeweihten benutzen wollt, um euch der Apokalypse zu entziehen."
So ein Schwachsinn! dachte Homer.
Er fragte sich, wo er war und wie er an diesen Ort gekommen war. Er entsann sich, am frühen Morgen von zu Hause weggegangen zu sein. Sein Ziel war das HQ-Hanse gewesen. Er konnte sich auch noch an eine schweigende Menschenmenge vor dem Eingang zur Pneumotrain-Station erinnern, in die er gegangen war. Die Menschen mußten Opfer der paranormalen Disharmonie gewesen sein. Sie hatten nur dumpf vor sich hin gebrütet, als warteten sie auf etwas und ahnten doch, daß es niemals eintreten würde. Das letzte, woran er sich erinnerte, war, daß er auf dem Bahnsteig gestanden hatte. Was danach gewesen war, entzog sich seiner Erinnerung.
Nein, etwas war da noch gewesen! Er hatte einen seltsamen Druck am linken Arm verspürt, so, als ob jemand ihn mit der Kante eines Päckchens angestoßen hätte. Das hatte er noch denken können, dann war ein Blackout eingetreten.
Jemand hat mir eine betäubende Injektion verpaßt!
Plötzlich verspürte er den gleichen seltsamen Druck wieder, diesmal am rechten Arm.
Im nächsten Augenblick klärten sich seine Wahrnehmungen. Er merkte, daß er auf dem Rücken lag, und daß er sich in einem großen Raum - mit leeren Regalen an den Wänden befand - und daß sich jemand über ihn beugte, der eine schwarze Kapuze und einen weiten schwarzen Umhang trug.
„Steh auf, Homer Gershwin Adams!" befahl die Stimme, die so hohl klang, weil der Mund des Sprechers sich hinter dem Stoff der Kapuze befand.
Gehorsam richtete Homer sich auf.
Als er sich umsah, entdeckte er etwa dreißig Gestalten, die genauso maskiert waren wie die neben ihm und die schweigend an den Wänden standen.
„Ihr habt mich also entführt", stellte er fest. „Das ist ein Verbrechen. Ich habe jedoch keine Zeit, mich um eine Anklage gegen euch zu kümmern, deshalb werde ich euch vergessen, wenn ihr mir sagt, wie ich von hier am schnellsten zum HQ-Hanse komme."
„Es wird bald kein HQ-Hanse mehr geben", erwiderte die Gestalt, die bisher allein gesprochen hatte. „Menschlicher Frevel hat die Apokalypse erschaffen, und sie wird bald über alle Menschen des Solsystems hereinbrechen. Vorher aber gehen wir Namenlosen über die Brücke zum Reich der Kosmokraten - und du als Eingeweihter wirst uns den Weg zeigen, Homer Gershwin Adams!"
Adams seufzte.
„Das könnt ihr vergessen, Leute. Ich habe nicht die geringste Ahnung, welcher Weg zu den Kosmokraten führt." Er versuchte ein Lächeln. „Sonst wäre ich längst einmal ‚drüben’ gewesen, denn ich bin ein neugieriger Mensch."
„Lästere nicht!" fuhr der Maskierte neben ihm ihn an. „Du bist ein Werkzeug der Apokalypse und hast die Verdammung verdient, aber wir Namenlosen geben dir die Möglichkeit, deine Untat wiedergutzumachen, indem du uns den Weg ins Reich der Kosmokraten zeigst."
Er packte Homers linken Arm und zog, bis Homer auf den Füßen stand, dann schob er ihn auf eine offene Tür zu.
„Mit Hilfe von Transmittern habt ihr Eingeweihten die Apokalypse erschaffen, und mit Hilfe eines Transmitters werden wir ins Reich der Kosmokraten gelangen, wenn wir unsere Gedanken auf dieses Ziel vereinen und wenn du deine Gedanken auf den Weg konzentrierst. Vorwärts!"
Bestürzt erkannte Adams, daß die Vermummten es ernst meinten. Sie waren ganz offensichtlich Mitglieder einer der zahlreichen Sekten und Geheimbünde, die besonders während und nach der Herrschaft der Porleyter gleich Pilzen aus dem Boden geschossen waren. Die meisten dieser Vereinigungen waren inzwischen wieder eingegangen, weil ihre Mitglieder erkannt hatten,
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