112 - Magos Höllenschädel
kräftig.
Die lange Zeit auf der schwarzen Seite hatte ihn zäh gemacht.
Manchmal glaubte er selbst, mindestens sieben Leben zu haben – und er hatte von diesem kostbaren Gut noch kein einziges aufgebraucht, wenngleich er manchmal nahe daran gewesen war.
Es dauerte eine Weile, bis seine Lebensgeister wieder erwachten.
Er lag auf dem Rücken und blinzelte nach oben, dorthin, wo er den Fehltritt getan hatte.
Verdammt tief war er gefallen. Er sah den Aasgeier, doch der Vogel war ihm egal. Stille umgab ihn, und sie war Balsam für ihn.
Er bewegte langsam und vorsichtig seine Gliedmaßen. Die Schmerzen kamen nur gefiltert durch. Sobald Frank Esslin wußte, daß seine Glieder heil geblieben waren, stand er auf und versuchte, ein paar Schritte zu gehen.
Kein Problem. Er hinkte zwar ein wenig, aber das gab sich bald.
Er half sich mit Magie, soweit dies möglich war. Ein dünnes Grinsen huschte über sein Gesicht.
Er hatte in diese Schlucht gewollt, der Abstieg war nur etwas zu rasant vonstatten gegangen.
Ein Geräusch durchdrang die Stille. Frank Esslin ballte die Hände zu Fäusten und ging instinktiv in Kampfstellung, doch niemand griff ihn an.
Das Geräusch wiederholte sich. Es war ein verzweifeltes Ächzen, ein unglückliches Stöhnen.
Frank Esslins Blick heftete sich auf einen hohen Felsenvorsprung.
Das Ächzen und Stöhnen kam von dort.
Esslin war vorsichtig.
Das Ganze konnte eine Falle sein. So leicht wollte sich der Söldner der Hölle nicht hereinlegen lassen. Er pirschte sich an den steinernen Vorsprung heran, lehnte sich an den Felsen und lauschte gespannt.
Wieder vernahm er die Laute. Er schob sich am Stein entlang und blickte um die Ecke.
Da war ein Mann, festgehalten von wurzelartigen Gebilden, die seinen muskulösen nackten Körper umspannten. Die Wurzeln verloren sich in dunklen Rissen im Stein.
Der Mann war ein Riese. Sein wallender Vollbart hing ihm auf die schweißglänzende Brust, und in den tiefen Augenhöhlen lag der Ausdruck eines unbeschreiblichen Schmerzes.
Frank Esslin schätzte, daß der Mann um zwei Köpfe größer war als er. Mr. Silver fiel ihm unwillkürlich ein. Der Ex-Dämon war auch nicht klein, aber dieser Kerl da war größer.
Da der Bärtige festgehalten wurde, nahm Frank Esslin nicht an, daß ihm von diesem Koloß Gefahr drohte.
Er trat hinter dem Felsen hervor, damit ihn der andere sah.
»Hilfe!« röchelte der Bärtige auch sogleich. »Hilf mir, ich ertrage diese Schmerzen nicht mehr! Befreie mich, und ich werde dein Diener sein – für ewige Zeiten.«
Frank Esslin dachte an seinen ehemaligen Freund Tony Ballard, an dessen Seite der Ex-Dämon Mr. Silver stand.
Wäre es nicht ein optisches Gleichgewicht, wenn er sich auch einen hünenhaften Begleiter zulegte?
Mord-Magier sind für gewöhnlich Einzelgänger. In diesem Sinne war Frank Esslin ausgebildet worden, aber er brauchte sich an diese Richtlinien nicht sklavisch zu halten. Er war völlig frei in seinen Entscheidungen. Was er tat, war richtig. Er brauchte niemandem Rechenschaft abzulegen.
»Ich bin stark!« sagte der Bärtige. »Ich kann dich beschützen!«
»Wieso befindest du dich in dieser erbarmungswürdigen Lage, wenn du so stark bist?« fragte Frank Esslin argwöhnisch. »Wieso kannst du dir nicht selbst helfen?«
»Diese verfluchten Wurzeln zehren mich aus. Sie leben von meiner Kraft. Es ist sehr schmerzhaft und schwächt mich. Aber ich erhole mich rasch wieder, wenn du mich befreist.«
»Wie ist dein Name?« wollte Frank Esslin wissen.
»Kayba.«
»Woher kommst du?«
Kayba nannte ein Gebiet, das Frank Esslin nicht kannte. Das konnte stimmen, brauchte aber auch nicht wahr zu sein. Frank Esslin konnte es nicht nachprüfen.
»Wenn du mich rettest, gehört mein Leben dir, Herr«, sagte Kayba. »Ich bin mutig und kampferfahren…«
Der Söldner der Hölle schüttelte den Kopf. »Es gefällt mir nicht, wie du dich anpreist.«
»Wie soll ich dich denn sonst dazu bewegen, mir zu helfen? Coor ist eine gefährliche Welt. Sie wäre nur noch halb so gefährlich für dich, wenn du mich zu deinem Diener machtest.«
»Oder doppelt so gefährlich, weil du mir im Schlaf die Kehle durchschneiden würdest.«
Der Kopf des Bärtigen sank auf die Seite. »Du bist also nicht bereit, mich zu retten.«
»Das habe ich nicht gesagt«, erwiderte Frank Esslin.
Der Bärtige hob den Kopf sofort wieder.
»Du bist ein Dämon«, sagte Frank Esslin. »Ich fühle es.«
»Ja, Herr. Ich bin ein Dämon«, gab Kayba zu.
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