1122 - Raubzug der Armadaschmiede
Er würde es erst dann tun, wenn sämtliche abbauwürdige Stellen innerhalb der Reichweite der sechzehn Beine abgegrast waren. Dann vermutlich erlebte man, wie das gesamte Riesengebilde vom Boden abhob und zu einem neuen Standort schwebte, an dem der Prozeß von neuem begann.
Der Durchmesser eines Landetellers betrug 800 Meter. Der Krater, den er hinterließ, durchmaß 600. Er drang, wie vorsichtige Lotungen ergaben, drei- bis fünfhundert Meter in den Boden hinein und reichte bis tief in den Felsenkern, der sich unter der Wüste ausbreitete. Fünf solcher Krater waren bisher entstanden - Pockennarben auf der Oberfläche einer unschuldigen Welt, die von der Skrupellosigkeit der Armadaschmiede zeugten. Bevor der Koloß sich weiterbewegte, mußten es Dutzende von Kratern sein, die die weite Sandfläche durchlöcherten. Die Wüste war unbewohnt. Wen sollte es kümmern, ob sie flach und eben oder mit Löchern durchsetzt war? Gib ihr zwei- oder dreitausend Jahre, und der Wind wird von den Kratern nichts mehr übriggelassen haben.
Roi Danton spürte deutlich die psionische Beeinflussung, als ihm diese Gedanken durch den Sinn gingen. Der mentale Zwang, der von den Projektoren im Synchronorbit ausging, versuchte, ihn über die eigentliche Gefahr hinwegzutäuschen.
Im Augenblick mochte noch alles in Ordnung sein. Was aber, wenn der Koloß weiterrückte und sich einer der Landeteller über die Siedlung der Nandiren senkte? Das Straßendorf hatte eine Maximalausdehnung von nicht mehr als dreihundert Metern. Es würde spurlos im Innern der gefräßigen Maschine verschwinden.
„Da braut sich was zusammen", sagte Naomi plötzlich.
Sie wies auf einen Bildschirm, der die vergrößerte Darstellung einzelner Geländeabschnitte ermöglichte. Aus dem Tal näherte sich ein Zug von Nandiren, insgesamt rund zweihundert Gestalten, der zielbewußt auf den am weitesten nach Süden ragenden Krakenarm zustrebte. Roi krampfte sich das Herz zusammen. Zwei von denen dort unten waren Vlissi und Sidri. In ihrer psionisch gesteuerten Verblendung waren sie aufgebrochen, um der Großen Allmutter ihre Ehrfurcht zu zeigen. Der häßliche, grauschwarze, vielfach gekrümmte Metallarm - ein Objekt religiöser Verehrung? Der Gedanke war so grotesk, daß man hätte darüber lachen mögen. Aber die Gefahr, die den Nandiren drohte, war unmittelbar.
„Wir sollten sie zurücktreiben", schlug Naomi vor. „Mit sanfter Gewalt, wenn nötig. Sie rennen ins Verderben."
„Das Verderben nähert sich bereits", bemerkte Fedder Napsus sarkastisch. „Die Armadamonteure sind aufmerksam geworden."
Ein Schwarm der tonnenförmigen Roboter erschien auf der Bildfläche. Die Nandiren nahmen sie offenbar nicht zur Kenntnis. Sie waren nur noch wenige hundert Meter vom Rand des Landetellers entfernt. Die Monteure griffen an. Es war nicht zu erkennen, welche Waffen sie einsetzten. Aber der Zug geriet ins Stocken. Die Vergrößerung zeigte deutlich, daß etliche Nandiren fielen und reglos liegenblieben. Immer und immer wieder stießen die Roboter auf die verwirrten Pilger hinab, bis auch der letzte kein Glied mehr rührte.
„Verdammt", knurrte Fedder. „Warum tun wir nichts? Die ganze Robotbrut gehört abgeschossen."
„Dort draußen können wir nichts ausrichten." Rois Stimme zitterte vor Empörung. „Wenn wir die Monteure offen angriffen, hätten wir im Handumdrehen die ganze Robotarmee auf dem Hals. Aber einen anderen Ansatzpunkt müßte es geben."
Er hieb mit der flachen Hand auf eine Schalttaste.
„Brado, wie steht's?" bellte er.
„Zwei Treibminen vor achtzehn Minuten auf Steigkurs gebracht", antwortete Brado „Flash" Gordon. „Ankunft Synchronorbit in dreiundzwanzig Minuten. Treibzeit rund eine Stunde."
Roi sah auf die Uhr. Die Nacht hielt sich nicht mehr lange. In zwei Stunden ging die Sonne auf. Zeit genug, um wenigstens einen Versuch zu unternehmen.
„Ich melde mich wieder, Brado", sagte er und unterbrach die Verbindung.
„Da läuft einer davon!" rief Naomi aufgeregt.
Die Gestalt eines der zweihundert Nandiren, die Roi für tot gehalten hatte, war plötzlich in Bewegung geraten. Die Armadamonteure hatten sich inzwischen, nach getaner Arbeit, zurückgezogen. Der Nandir schoß in nördlicher Richtung davon. Er war schlau. Er hielt auf die Hügel zu, die die Mündung des Tales im Westen begrenzten. Er verschwand im Schlagschatten eines Felsvorsprungs und ward nicht mehr gesehen.
„Andere bewegen sich auch", sagte Fedder.
Roi atmete auf. Die
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