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1124 - Aus dem Reich der Toten

1124 - Aus dem Reich der Toten

Titel: 1124 - Aus dem Reich der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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offenen Fenster drang nur die leicht kühle und auch etwas feuchte Nachtluft.
    An der Einmündung der beiden Straßen bog ich nach links ab. Ich würde durch den Ort fahren und vielleicht noch einmal mit Terrence Bull sprechen. Ob ich bei ihm dann übernachtete, wußte ich nicht. Ich konnte mich auch in einem kleinen Hotel einquartieren.
    Aber nichts davon trat ein. Ich fuhr zwar, war aber mit meinen Gedanken woanders. Wieder sah ich das Grab meiner Eltern vor mir, und wieder sah ich, wie es nach der Schändung ausgesehen hatte.
    Zertrampelt und mit einer Nachricht beschmiert.
    ICH TÖTE JEDEN SINCLAIR!
    Damals war es ein entfernter Verwandter gewesen, der schon seit Jahrhunderten tot gewesen war. In dem neuen Fall hatte ich es mit anderen Feinden zu tun, die mir noch schlimmer vorkamen als damals Duncan Sinclair.
    Das Grab wollte mir nicht aus dem Kopf. Ich empfand es allmählich wie eine Botschaft oder Lockung, und ohne es eigentlich bewußt zu wollen, lenkte ich den Rover zum Friedhof. Ich erschreckte mich beinahe, als das Licht der Scheinwerfer über die Außenmauer hinwegglitt und ich mich wieder daran erinnerte, daß genau an dieser Mauer das Fahrzeug meiner Eltern zerschellt war.
    Gegen die Mauer fuhr ich nicht, aber ich erreichte das Eingangsportal des Friedhofs, hielt an und blieb zunächst hinter dem Lenkrad sitzen. Durch die Scheibe sah ich auf das Gittertor. Um diese Zeit war es verschlossen. Es war für mich trotzdem so gut wie kein Hindernis. An den Seiten konnte ich die beiden Pfosten locker überklettern.
    Ich stieg aus dem Rover und trat hinein in die Stille, in der die Totenruhe vorherrschte. Nicht nur wegen der Feuchtigkeit kam mir die Umgebung klamm vor. Ich hatte den Eindruck, hier Grenzen gesetzt zu bekommen, zugleich jedoch trieb es mich auf den Friedhof.
    Am See sah es sicherlich anders aus. Da hatten sich die ersten frühherbstlichen Nebel bilden können, hier jedoch hielt sich der nächtliche Dunst in Grenzen.
    Nur sehr dünne Schwaden bewegten sich über den Boden des Friedhofs hinweg, schwebten lautlos über die Gräber und hüllten sie ein wie Leichen in Totenhemden.
    Ich kletterte rechts am Tor über den Pfosten hinweg und sprang auf der anderen Seite zu Boden. Die Stille des Friedhofs machte sich auch bei mir bemerkbar. Ich hörte das Schlagen des eigenen Herzens überlaut. Noch immer stellte ich mir die Frage, was ich hier überhaupt wollte. Es gab keinen logischen Grund, dem Friedhof einen zweiten Besuch abzustatten, und trotzdem hatte es mich hergetrieben. Es war vom Gefühl geleitet worden. Da reagierte nicht der Verstand, sondern der Bauch.
    Vielleicht auch das Unterbewußtsein.
    Für Lalibela und seine Engeldiener war ich der letzte Sinclair. Der Sohn des Mannes, der die Sekte verlassen hatte, und so etwas konnte der König der Bienen, wie er ja auch genannt wurde, nicht überwinden. Er war jemand, der seine Rache niemals vergaß.
    Ich hatte jetzt den Weg erreicht, der mich zum Grab meiner Eltern brachte. Niemand sonst hielt sich auf dem Gelände auf. Ich hörte auch keine fremden Geräusche. Nur der Friedhof selbst hatte sich für mich in der Nacht verändert.
    Es lag daran, daß die Schatten der Dunkelheit tief auf ihn gefallen waren.
    Da tauchten die Kreuze und Grabplatten ebenso ab wie die höheren Steine. Ich mußte schon nahe an die Grabstätten herangehen, um sie zu sehen. Hin und wieder brannte doch ein Licht. Fromme und trauernde Menschen hatten die kleinen, mit Kerzen bestückten Laternen aufgestellt, die ihren schwachen Schein über die Gräber warfen.
    Zum Grab meiner Eltern gehörte der schlichte, aber durchaus breite Stein. Die Namen hatten darauf Platz gefunden, und als ich vor ihm stehenblieb, da atmete ich zunächst einmal auf, denn ich war froh darüber, daß das Grab nicht zum zweitenmal geschändet worden war.
    Was hatte mich hierher getrieben? Die Trauer um den Tod meiner Eltern? Oder eine gewisse Dankbarkeit, daß ich trotz der verdammten Gefahren noch am Leben war?
    So genau wußte ich es nicht. Vielleicht setzte ich voll auf das Risiko, daß wieder jemand aus dem Reigen des Königs Lalibela trat, um mich auszulöschen.
    Ich holte meine kleine Leuchte hervor. Der Finger aus Licht glitt über das Grab meiner Eltern hinweg, tastete sich am Stein hoch, und ich war froh, keine Veränderungen zu sehen.
    Wann endlich konnte ich Abschied nehmen? Wann hatte ich nicht mehr unter dem zu leiden, was mein alter Herr mal in seiner Jugend getan hatte? Es regte mich auf,

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