1130 - Zombieville
andere sollte die Tür öffnen, was er auch tat. Er beugte sich nach unten und drehte den Kopf, damit er Golenkow anschauen konnte.
»Hallo, Wladimir«, sagte er und lächelte breit. »Wir haben uns lange nicht mehr gesehen.«
»Es war auch gut so.«
Der andere lachte. »Immer noch der gleiche Witzbold, wie?«
Golenkow schwieg. Er streifte den Mann am Auto nur mit einem verächtlichen Blick, wobei er auch daran dachte, daß er sich selbst hätte verachten müssen.
»Willst du nicht aussteigen?«
»Dann gib die Tür frei.«
»Gern.«
Der Mann, der jetzt zur Seite trat, hieß Leonid Jaschin. Oberst Jaschin. Einer, der bekannt war. Der seine Vergangenheit hatte und auch noch stolz darauf war.
Leonid Jaschin war jemand, der schon in alter Zeit Macht und Einfluß gehabt hatte. Einer, vor dem die Menschen Furcht hatten. Ein reiner Politstratege und jemand, der rücksichtslos seinen Weg gegangen war. Er hatte dabei um sich geschlagen und jede Menge Opfer hinterlassen. Aber es war ihm gelungen, sich in die hohen Positionen der Geheimnisträger durchzuboxen, und beim KGB war er damals selbst von den eigenen Leuten gefürchtet gewesen.
Wladimir Golenkow war mit Jaschin zurechtgekommen. Sie waren Feinde und würden es immer bleiben. Nach der offiziellen Auflösung der alten Machtstrukturen war Jaschin für eine gewisse Zeit verschwunden gewesen. Doch sehr schnell hatte er wieder von sich reden gemacht, denn er hatte sich auf die neuen Gegebenheiten einstellen können. Ein Wendehals erster Güte. Und es war ihm gelungen, Geld, viel Geld zu machen. Kenntnisse verwerten, Vermittler spielen, Deals einfädeln, darin war er ein wahrer Meister. Schon früher hatte er es verstanden, so seine Macht aufzubauen, und Wladimir wünschte ihn mit ganzem Herzen in die Hölle. Aber selbst der Teufel würde mit einer derartigen Gestalt seine Probleme bekommen.
Golenkow war ausgestiegen und vor Jaschin stehengeblieben. Er lächelte. Er war kleiner als Wladimir und mußte deshalb hochschauen, um in dessen Gesicht zu blicken.
»Du hast dich kaum verändert, Wladi.«
»Ach ja?«
»Doch, wirklich.«
»Du auch nicht, Leonid. Dir scheint das süße Leben zu bekommen. Ich hörte, daß du auch international tätig bist und noch immer für ganz oben arbeitest.«
»Ja, das stimmt. Ich habe mich zur Decke hingestreckt, und dort bin ich geblieben. Man braucht mich ja, wenn du verstehst. Es gibt Menschen, die sich gern an mich erinnern. Für sie bin ich der Mann, der ihnen die Probleme aus dem Weg räumen kann. Hört sich etwas arrogant an, trifft aber im Kern genau zu. Und wie du weißt, habe ich ein großes Wissen besessen. Das ist ein Vorteil.«
»Du hast schon immer gewußt, deine Vorteile zu nutzen. Das kenne ich.«
»Man muß was tun, Wladi. Wirklich, man darf die Hände nicht in den Schoß legen. Das hast du doch auch nicht getan.«
»Stimmt, aber ich habe sie mir nicht schmutzig oder blutig gemacht. Das ist der Unterschied.«
»Hör auf, Wladi. Es gibt keinen Idealismus. Oder nur bei Narren. Wer leben will, muß mitschwimmen. Aber was sage ich? Du kennst dich aus, du bist ein wichtiger Mann für mich. Komm, wir wollen uns in meinen Wagen setzen.«
»Ich habe nicht viel Zeit.«
»Doch, du mußt Zeit haben. Die Menschen brauchen nicht mehr zu hetzen. Nicht in meiner Nähe. Ich habe meine Pläne genau getimt. Ich bin auf dem besten Weg, sehr, sehr mächtig zu werden, und du wirst mir dabei helfen. Du hast mir doch mal erzählt, daß du mir ewig dankbar bist und du etwas wiedergutmachen möchtest. Diese Chance hast du jetzt. Danach werden wir weitersehen.«
Wladimir schwieg. Er wollte nicht reden. Er hatte auch nicht an die Vergangenheit erinnert werden wollen, doch er konnte auch nicht über seinen eigenen Schatten springen. Wenn er einmal sein Wort gegeben hatte, hielt er es auch. Er machte sich nur Vorwürfe, weil er seine englischen Freunde mit in diesem verdammten Fall hineingezogen hatte. Sie waren nicht über sein Tun aufgeklärt worden.
Golenkow hoffte und baute darauf, daß sie gut genug waren, um den Spieß herumdrehen zu können, so daß letztendlich Jaschin der Verlierer war. Doch bis dahin war es noch ein verdammt langer Weg.
Sie erreichten Jaschins Fahrzeug. Es war ein amerikanischer Jeep, und sah noch ziemlich neu aus.
»Du bist gut gerüstet«, lobte Golenkow.
»Danke, mir geht es auch gut. Ich gehöre jetzt nach oben, verstehst du? Ich hätte nicht gedacht, daß ein System-Wechsel derartige Vorteile bringen
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