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1136 - Das Blut der Bernadette

1136 - Das Blut der Bernadette

Titel: 1136 - Das Blut der Bernadette Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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sie erfüllt. Jetzt schauten sie zu, wie das Blut sich seinen Weg bahnte und auch in den Kopf hineingestiegen war.
    Wie dicke Würmer hatten sich die Adern durch das Gestein gedrückt. Ein Motor war dort eingeschaltet worden, der irgendwann seine Startphase überwunden hatte und seine Kraft umsetzte.
    Die Schülerinnen schauten sich an. Wie abgesprochen drehte sie sich die Gesichter zu.
    Sie nickten.
    Ihre Pflicht hatten sie erfüllt.
    Dann bewegten sie sich. Auch das sah so ritualisiert aus. Sie ließen die Kanne stehen, drehten sich um und wollten den gleichen Weg wieder zurückgehen.
    Ich mußte mich entscheiden. Sprach ich sie an oder ließ ich sie laufen?
    Ich wollte mehr wissen, löste mich aus der Deckung und ging mit schnellen Schritten los, um ihnen einen Moment später den Weg zu blockieren…
    ***
    Ich mußte ihnen vorgekommen sein wie ein vom Himmel gefallener Engel oder wie ein aus der Hölle entwichener Teufel. Sie wußten nicht, was sie tun sollten. Sie standen einfach offenen Mundes da und starrte mich an.
    Wenn sich Fremde überraschend begegnen, dann gibt es nur ein Mittel, um eine Brücke zu bauen.
    Es ist ein Lächeln, und das hat noch immer gewirkt.
    Deshalb lächelte ich die beiden an, um ihnen klarzumachen, daß ich kein Feind war.
    Es war trotzdem nicht möglich, die Erstarrung zu lösen. Sie blieben vor mir stehen wie zwei Puppen, die es nicht fassen konnten, daß etwas Fremdes in ihre ureigenste Welt eingebrochen war.
    »Hallo«, sagte ich und behielt mein Lächeln bei.
    Sie gaben keine Antwort. Ihre Gesichter blieben so starr wie auch die Blicke.
    Es war nicht einfach, die richtigen Worte zu finden. Außerdem wollte ich nicht mit der Tür ins Haus fallen und deutete auf das Grab. »Ihr habt es besucht und ihm Nahrung gegeben.« Das Wort Blut vermied ich bewußt. »Warum? Was ist so wertvoll?«
    »Wir lieben sie.«
    »Wen liebt ihr?«
    »Die große Bernadette. Sie ist unsere Führerin. Ohne sie hätten wir keine Heimat.« Gesprochen hatte das kleinere Mädchen, und das andere nickte dazu.
    »Aber sie ist tot.«
    »Ja, wir führen aber unser Leben in ihrem Sinne weiter. Und wir wissen, daß sie uns beschützt.«
    »Eine Tote?«
    »Ihr Geist schwebt überall«, erklärte die Größere der beiden. »Er ist nicht tot. Er führt uns. Er leitet die Schule. Er ist wie ein Wunder, das über allem schwebt, denn ihm haben wir so unheimlich viel zu verdanken.«
    »Das glaube ich euch. Woher wißt ihr das? Wer hat es euch gesagt?«
    »Bernadette.«
    »Die Tote?«
    »Nein, nicht sie. Es gibt noch eine Bernadette. Sie führt das Heim im Namen der Gründerin weiter. Es ist alles so geblieben wie früher. Für sie ist die erste Bernadette auch nicht tot. Wir sorgen dafür, daß dies auch so bleibt.«
    »Ja«, bestätigte die andere. »Sie ist ein Engel.«
    Beide hatten voller Ernst gesprochen. Mir war bewußt, daß sie auch glaubten, was sie sagten. In ihren Augen lag ein ungewöhnlicher Ausdruck. Man konnte ihn mit einem Strahlen vergleichen. Ich hatte ihn bei Menschen erlebt, die von einer Sache sehr überzeugt waren. Bei Mitgliedern einer Sekte, deren Glaube letztendlich in einen starken Fanatismus überging.
    Diese beiden Frauen hier standen unter einem doppelten Einfluß. Zweimal Bernadette, wobei ich mich fragte, welche von ihnen mehr Macht über die Schülerinnen ausübte.
    Daß auch Tote so etwas ausüben konnten, hatte ich schon öfter erlebt, und hier hatte die zweite Bernadette die Regeln der ersten, der Gründerin, übernommen.
    »Beide sollen leben - oder?«
    Die Mädchen bestätigten dies.
    »Durch Blut?«
    »Ja, durch den Saft der Menschen«, flüsterte die Größere. »Er ist etwas Außergewöhnliches. Er hat das Besondere in sich. Wir wollen nicht, daß sie für immer verloren ist. Deshalb werden wir alle sie hegen und pflegen.«
    »Wem gehört das Blut?«
    Meine Frage wurde nicht richtig begriffen, denn beide schüttelten die Köpfe. »Ihr…«
    »Das meine ich nicht. Ich möchte gern wissen, woher es stammt.«
    Diese Frage sorgte bei ihnen für einen Rückzieher. Hatten sie bisher alles beantwortet, so verschlossen sich jetzt ihre Lippen. Sie schüttelten noch kurz den Kopf, schauten sich an, legten ihre Hände zusammen und drehten sich weg.
    Sie wirkten wie Zwillinge, die alles gemeinsam taten. Sie kümmerten sich nicht um mich. Ich schaute auf ihre Rücken und überlegte, ob ich sie aufhalten sollte.
    Ich hätte es getan, wenn ich sicher gewesen wäre, daß sie mir auch Antworten

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