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1137 - Madame Tarock

1137 - Madame Tarock

Titel: 1137 - Madame Tarock Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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auf ihn herabschauen.
    Zurück konnte er nicht mehr. Das wäre die grösste Feigheit vor dem Feind gewesen. Wer sich so etwas nicht leisten konnte, der blieb sitzen, so wie Koss es tat.
    Seine Hand kroch den Karten entgegen. Er stöhnte dabei leise vor sich hin. Seine Augen bewegten sich zuckend. Aus dem offenen Mund drang der weiche Atem, und einen Moment später glaubte er, dass sich seine Hand in eine zupackende Hühnerklaue verwandelt hatte, so schnell griff er nach der Karte.
    »Gut gemacht«, flüsterte Zingara.
    Noch gedreht und durch die Nase schnaufend zog der Mann die Karte an sich heran. Er musste sie drehen, aber er wollte es so tun, dass die Person vor ihm nichts sah. Deshalb wollte er sie dicht vor seinen Körper halten.
    Zingara wartete ab. Sie sagte nichts. Sie gab sich entspannt. Das Lächeln war geblieben, und sehr behutsam drehte Victor die Karte herum. In seinem Gesicht zeichnete sich nichts ab. Er blieb möglichst ruhig, um Zingara keinen Hinweis zu geben.
    Er drehte sie.
    Dabei schielte er nach unten. Noch war der Winkel zu schlecht, um etwas erkennen zu können. Sehr langsam kippte er sie um. Sein Herz schlug noch stärker. Es schmerzte sogar. Auf der anderen Seite war er froh, dass sein Herz überhaupt schlug.
    Geschafft!
    Die Karte lag offen.
    Ein Blick - ein Schrei!
    Victor Koss schleuderte die Karte auf den Tisch zurück. Sie blieb mit dem Motiv nach oben liegen.
    Es war der Gehängte!
    ***
    Schon wieder. Zum drittenmal die gleiche Karte. Abermals dieses verdammte Omen. Plötzlich hatte er das Gefühl, in eine Falle zu rutschen. Es war ihm unmöglich, noch etwas zu unternehmen. Um ihn herum hatte sich alles verändert. Die Luft war dichter geworden. Er konnte nichts mehr sagen, obwohl sein Mund offenstand, und er weigerte sich auch, einen Blick auf die Karte zu werfen. Zu grausam hatte ihn das Schicksal erwischt, gegen das er in diesen Augenblicken zumindest nicht revoltieren konnte.
    Vor ihm saß Zingara. Auch sie hatte gesehen, was passiert war, aber sie sagte nichts. Sie schaute ihn nur an, und um ihre Lippen hatte sich ein Lächeln gelegt, als hätte sie genau gewusst, was passieren würde.
    Koss schüttelte den Kopf. Er sah die verdammte Karte jetzt überdeutlich. Es gab nur sie. Ihre Umgebung schien dahinter abgetaucht zu sein, und das Motiv trat für ihn jetzt deutlicher hervor.
    Ein schauriges Motiv. Der Gehängte baumelte mit dem Kopf nach unten von einem Baum herab. An den Füssen war er aufgeknüpft worden. Der Kopf baumelte über dem Boden. Das Gesicht war verzerrt. Er sah so grau aus wie in der Sonne gebleichtes Holz.
    Victor Koss schüttelte den Kopf. Dabei stammelte er Worte, die niemand verstand, ihn eingeschlossen. Der Druck hinter seiner Stirn nahm zu. Das Herz schlug noch immer, aber sein Puls hatte sich nicht beruhigt. Jedes Klopfen bekam er deutlich mit.
    Madame Tarock sagte nichts. Sie blieb sehr gelassen und sah nur in sein Gesicht, als wollte sie genau lesen, wie er litt und was er durchmachte.
    Eine Hand lag auf der Schreibtischplatte. Als Koss sie anhob, blieb ein feuchter Abdruck zurück.
    Madame Zingara blieb gelassen. Sie nickte und hob zugleich die Schultern, um ihm zu demonstrieren, dass sie für seine Kartenauswahl nichts konnte.
    Koss fing sich wieder. Er schnappte nach Luft und flüsterte: »Wie… wie… ist das möglich?«
    »Schicksal, mein Lieber!«
    Die Worte hallten noch als Echo in seinem Kopf nach. Schicksal, Schicksal… verdammt noch mal, er wollte es nicht akzeptieren. Nicht durch diese verdammten Karten. Er war dagegen, dass ihm der Tod gezeigt wurde, und er hasste das Schicksal plötzlich aus tiefem Herzen. Er weigerte sich, es zu akzeptieren. Der Gehängte war die Karte, vor der ein Mensch Furcht haben musste, ebenso wie vor der des Todes oder des Teufels.
    Victor wollte keine Furcht haben. Okay, tief in seinem Innern war er ein abergläubischer Mensch.
    Das hatte er auch in einem fremden Land nicht ablegen können. Aber es gab schon einen Unterschied zwischen Aberglaube und Akzeptanz.
    Und es gab noch etwas, das ihm plötzlich als Gegenbeweis oder Verteidigung in den Kopf kam.
    Karten konnten manipuliert werden. Es gab Menschen, die sich geschickt anstellten. Victor konnte sich gut vorstellen, dass Zingara zu dieser Sorte gehörte. Es war ihr bestimmt möglich gewesen, die Karten zu manipulieren und sie so zu legen, dass ihm gar keine andere Wahl geblieben war, als nach den drei bestimmten zu greifen.
    Er schaute sie an, und etwas in seinem

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