1140 - Der Eindringling
haben die Brüder den Verstand verloren! Hör mal, Melville ist ein ruhiges, gemütliches Dorf, und wir haben eine wunderschöne Umgebung zu bieten. Wir selbst sind froh darüber, und die Touristen, die Jahr für Jahr zu uns kommen, sind es auch. Warum soll das alles zerstört werden?"
„Niemand will hier etwas zerstören", erklärte Hannusen beschwichtigend. „Darum wende ich mich ja ausgerechnet an dich - und an ein paar andere Leute, die die entsprechenden Kenntnisse besitzen. Wir wissen, daß es hier Tiere und Pflanzen gibt, die geschont werden müssen, aber die leben nicht überall, sondern nur in einigen eng begrenzten Gebieten. Wir haben den Auftrag, das zu berücksichtigen. Du brauchst keine Angst zu haben - wir kennen uns mit solchen Aufträgen aus."
„Natürlich", murmelte Hurt verächtlich. „Ihr werdet lauter kleine Inseln aussparen - und wenn da hinterher trotzdem nicht mehr viel am Leben ist, dann ist es nicht eure Schuld, nicht wahr?"
Grude Hannusen seufzte leise.
„Es soll ein ganz spezielles Touristenzentrum werden", sagte er geduldig - er hatte das an anderer Stelle schon vielen Leuten wie Hurt Gassner erklärt. Das Dumme daran war, daß gerade die Menschen, die man am dringendsten dazu brauchte, sich zuerst am heftigsten gegen jede Form der Mitarbeit sträubten. Andererseits waren die, die sich nicht sträubten, schlicht und einfach untauglich. Und darum mußte er sich immer wieder mit solchen Hurt Gassners auseinandersetzen und versuchen, sie zu überzeugen und für sich zu gewinnen.
Es wäre viel einfacher gewesen, einen Trupp von Experten mit der Untersuchung des Geländes zu beauftragen. Aber die Praxis hatte gezeigt, daß das nicht viel einbrachte. Die Experten konnten exakte Vegetationskarten ausarbeiten" und genau bestimmen, wie viele Tierarten in welchen Zonen lebten - aber sie konnten nicht die Erfahrung von Menschen ersetzen, die so naturverbunden wie zum Beispiel Hurt Gassner waren, und die noch dazu ihr ganzes Leben in der betreffenden Umgebung zugebracht hatten.
„Du willst natürlich, daß das ganze Gelände unbebaut bleibt", fuhr Hannusen beinahe sanft fort. „Und ich kann das verstehen. Aber selbst du wirst zugeben müssen, daß es hier Stellen gibt, die eine Bebauung durchaus vertragen könnten. Solche Stellen suchen wir."
„Ich kenne keine solche Stelle!" erklärte Hurt abweisend.
Grude Hannusen nahm Zuflucht zu einer Methode, die er nicht besonders mochte, die aber fast immer zum Erfolg führte.
„Nun", sagte er gedehnt, „da oben auf dem Hügel ist Platz genug für vier oder fünf Bungalows - und da wächst allem Anschein nach nichts weiter als ein bißchen Gras."
„Das könnte dir so passen, wie?" fauchte Hurt wütend. „Gerade dort gibt es eine Menge seltener Pflanzen und Tiere, die im Umkreis von vielen hundert Kilometern nicht mehr zu finden sind!"
„Ich habe das vermutet", sagte Hannusen lächelnd. „Ich habe mir die Sache vorhin sehr gründlich angesehen - aber ich verstehe nicht genug davon. Begreifst du jetzt, warum ich deine Hilfe brauche?"
„Wenn es so ist - hier gibt es nur solche Stellen. Jedes Fleckchen Erde hat seine Besonderheiten!"
„Wenn wir danach gehen wollten, müßten wir Menschen die Erde verlassen. Und was käme dann? Auf anderen Planeten wäre es auch nicht anders. Aber es gibt immer Stellen, die besonders viele Besonderheiten aufweisen und andere, bei denen es weniger schlimm ist."
„Wir brauchen hier kein Touristenzentrum!"
„Die Leute von Melville sehen das anders. Sie stellen sich vor, daß dieses Zentrum genau auf diesem Hügel hier errichtet wird - unter Einbeziehung der Küste auf der anderen Seite."
„Davon höre ich zum erstenmal etwas!"
„Wahrscheinlich haben sie es nicht für nötig gehalten, dich zu fragen - sie kennen deine Meinung."
„Dann werden sie sich wohl auch kaum darum kümmern, welche Orte ich für geeignet oder nicht geeignet halte."
„Sie haben auf die eigentliche Planung nur wenig Einfluß", sagte Hannusen lächelnd.
„Sie wollen ein Touristenzentrum, und sie werden es bekommen. Aber wie es aussieht, wie es aufgegliedert wird und wo genau es liegt, das hängt von den Messungen ab, die ich mit meinem Trupp vornehme - und wir haben, wie bereits gesagt, den Auftrag, die natürlichen Gegebenheiten genau zu berücksichtigen. Um diesen Auftrag aber auch wirklich erfüllen zu können, sind wir unter anderem auf deine Hilfe angewiesen."
Hurt dachte darüber nach und nickte schließlich.
„Du
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