1145 - Das Haus der Selbstmörder
Sie!«
»Ja, weil ich mich auf meine Schießkünste verlassen kann. Ich habe einige Preise errungen.«
»Das werden wir ja sehen!«, flüsterte Jane und setzte sich in Bewegung. Über die Schulter hinweg sprach sie noch mit Garett. »Sollten Sie Unrecht haben und der Mann ist tot, werden Sie Ärger bekommen, das kann ich Ihnen versprechen.«
Der Inspektor sagte nichts. Er winkte nur lässig ab und ließ Jane Collins laufen.
Al Frogg war kaum zu sehen. Er lag im hohen Gras, und erst jetzt, als Jane über die Böschung lief, merkte sie, wie uneben der Boden war. Aus dem Erdreich ragten Steine hervor, über die jemand leicht stolpern konnte.
Al war darüber gestolpert. Die Kugel hatte ihn nicht getroffen. Er lag auf der Seite, stöhnte, hatte das rechte Bein angezogen und hielt sich sein Knie.
»Was ist mit Ihnen, Al?«
»Das Schwein hat geschossen, nicht?«
»Ja, aber…«
»Die Kugel ging vorbei. Ich bin gestolpert. Die Steine hier sind überall, verdammt.«
»Sehe ich.«
Frogg richtete sich auf, und seine Miene war verbissen. Er blieb sitzen, massierte sein Knie und nickte Jane Collins zu. »Schauen Sie sich um, Jane. Diese Steine, die da aus dem Boden kommen, die sind nicht normal.«
»Was meinen Sie damit?«
Er legte den Kopf zurück und lachte. »Das sind Grabsteine, Jane, verdammte Grabsteine.« Er starrte sie an und sprach leise weiter. »Ich sage Ihnen, dass wir uns auf einem verdammten Friedhof befinden. Ja, das ist der Friedhof der Selbstmörder, die alle aus dem Fenster gesprungen sind. So ist es.«
»Das Haus war mal ein Knast.«
»Ich weiß. Und direkt davor haben sie ihre Toten begraben. Die haben sich erst gar nicht groß die Mühe gemacht, sie auf einen anderen Friedhof zu schaffen. Das war schon stark, was hier geleistet wurde. Aber die Toten haben keine Ruhe. All die Selbstmörder, die den Knast verfluchen, liegen hier. Sie werden nie mehr eingehen in die ewige Zufriedenheit, das kann ich Ihnen sagen. Sie leben nicht mehr, sie sind weg, aber sie sind trotzdem da.«
Jane gab ihm keine Antwort, weil sie Schritte gehört hatte. Sie dreht sich um und sah den Inspektor über das Gräberfeld kommen. Er hielt seine Waffe noch in der rechten Hand, aber die Mündung wies zu Boden.
In ihrer Nähe blieb er stehen. »Ah, unser Freund lebt ja noch. Was habe ich Ihnen gesagt?«
»Ja, er lebt, das stimmt. Aber nur, weil Ihre verdammte Kugel nicht getroffen hat.«
Garett lachte. »Da muss ich wohl mehr üben.«
»Bitte nicht auf lebende Objekte.«
Mit der freien Hand wischte er durch die Luft. »Hören Sie, Miss Jane, das war die erste und auch die letzte Warnung. Packen Sie sich Ihren Schützling meinetwegen unter den Arm und verschwinden sie von hier. Einen besseren Rat kann ich Ihnen nicht geben, und ich meine es tatsächlich noch gut mit Ihnen.«
»Klar, das weiß ich. Dafür bin ich Ihnen sogar dankbar. Aber das Spiel ist noch nicht vorbei.«
»Für Sie schon.«
Jane blickte in sein Gesicht, in dem sich nichts rührte. Sie wusste, dass mit dem Mann nicht zu reden war. Man gehorchte ihm besser, sonst wurde der Ärger zu groß.
Sie streckte Al die Hand entgegen. »Können Sie mit Ihrem Bein aufstehen und gehen?«
»Glaube schon.«
»Dann kommen Sie!«
Al blieb sitzen und schüttelte den Kopf. »Ich… ich… kann es nicht. Ich bringe es nicht fertig. Ich werde immer versuchen, zu ihm zu gelangen.« Er drehte den Kopf und schaute das Haus an. »Es gibt keine andere Möglichkeit für mich. Es ist mein Fluch. Ich muss hin. Viele andere wollen auch zu ihm. Es ist ein Magnet in den Tod.«
»Warum?«, fragte Jane. »Was zieht Sie so an? Was hat dieses Haus Besonderes für Sie an sich?«
»Ich kann es nicht sagen. Es war plötzlich in mir. Es ist ein Drang, den ich mir nicht erklären kann. Ich bin außerdem nicht der Einzige«, sagte er noch.
»Das stimmt«, gab ihm Garett recht. »Der Einzige ist er nicht gewesen.«
»Wer denn noch?«
»Wir haben einige Vermisste aus der Umgebung. Sie waren wohl nicht zu retten. Wir nehmen an, dass sie durch dieses Haus in den Tod gegangen sind. Zwar fehlen die Beweise, aber es ist schon mehr als seltsam, was hier passiert.«
Jane konnte das Lachen nicht unterdrücken. »Und das ziehen Sie hier einfach so durch?«
»Was meinen sie denn?«
»Ohne Hilfe?«
Der Inspektor holte tief Luft, bevor er eine Antwort gab. »Ich bin nicht befugt, Sie einzuweihen, Miss Collins. Überhaupt nicht. Wenn es Sie beruhigt, ich bin nicht allein, auch wenn es so
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