1146 - Zombie 2000
hing.
Das Silber blinkte für einen Moment auf, als der unbezahlbare Talisman freilag.
Der Zombie schwankte. Plötzlich sah er sich in die Enge gedrängt. Er spürte die andere Macht, die seiner Existenz genau entgegen stand. Er war nicht mehr der Herr der Lage, er wollte zurück, stolperte aber über die Gehsteigkante.
Mit einem Sprung hatte ich ihn erreicht.
Und dann strahlte das Kreuz für einen kurzen Moment auf, als es die Stirn der lebenden Leiche berührte. Gray schlug noch um sich. Es waren mehr hilflose als gezielte Bewegungen. Er fiel nach hinten und schrammte mit der rechten Seite an seiner Limousine entlang, wobei die Türkante über die Haut am Hals streifte.
Auf dem Rücken blieb er liegen!
Halb in der Gosse, zur anderen Hälfte auf den normalen Steinen. Eine verkrümmte Gestalt, bei der sich nur das Gesicht verändert hatte und nicht der Körper.
Genau die Hälfte, an der ihn das Kreuz erwischt hatte, sah wie verbrannt aus. Da war die Haut ebenso wenig zu sehen wie das normale Fleisch. Eine dicke, offene Wunde, die sogar ein Auge zum Teil in Mitleidenschaft gezogen hatte.
Ich reinigte das Kreuz von einigen Hautfetzen und drehte mich zu den Zeugen hin um.
Keiner sagte etwas. Jeder hatte dieses Vorgehen gesehen, das ihnen allen die Sprache verschlagen hatte. Das Lächeln auf meinen Lippen wirkte bissig, bevor ich mit leiser Stimme sagte: »Sie können ihn jetzt endgültig wegschaffen.«
Der nicht verletzte Beamte des SEK mischte sich ein. Er hatte seine aufgesetzte Sicherheit verloren und kam mit kleinen, schleichenden Schritten auf mich zu.
»Was war das, Sinclair?«
»Ein Zombie.«
»Hä - wie?«
»Ja.« Ich sah ihm ins Gesicht. »Oder sollte Ihnen der Begriff unbekannt sein?«
»Nein«, flüsterte er, wobei ihm anzusehen war, das er mit seinen Gedanken nicht bei der Sache war.
»Ich kenne ihn. Es gibt Organisationen, die ihn verwenden. Aber in einem anderen Zusammenhang. Wieso war Stuart Gray ein Zombie?«
»Das können Sie ihn nicht mehr fragen.«
Der Mann zog sich zurück. Er ging zu seinem Kollegen, und beide entfernten sich. Es war klar, dass sie ihren Vorgesetzten einiges zu berichten hatten, und auch auf mich würde noch viel Ärger zukommen. Es war in der Tat ein Zufall gewesen, dass Stuart Gray überhaupt aufgefallen war. Wären nicht die Todfeinde in der IRA oder sonst wo gewesen, hätte er noch jahrelang so existieren können.
Ein Untoter an den Schalthebeln der Macht. Wenn ich daran dachte, bekam ich Magendrücken. Ich ging sogar davon aus, dass er möglicherweise nicht der Einzige war, sondern nur der erste Knoten im langen Faden.
Kollege Dendridge hatte alles mit angesehen, sich aber im Hintergrund gehalten. Er kam auf mich zu, als meine Hand in der rechten Seitentasche verschwunden war, um das Handy hervorzuholen.
Als ich Dendridges Gesicht sah, ließ ich es stecken.
Er schüttelte den Kopf, und seine Miene wirkte gequält. »Das kann doch alles nicht wahr sein, was ich hier gesehen habe, verdammt.«
»Leider stimmt es, Kollege. Ihre Augen haben Sie nicht getäuscht. Das war kein Film.«
»Ich wollte, es wäre einer gewesen. Was ist mit diesem Mann?«, flüsterte er. »Er war tot, dann lebte er, jetzt ist er wieder tot. Das muss ich erst mal fassen.«
Ich winkte ab. »Sie sollten sich darüber keine grauen Haare wachsen lassen, mein Lieber. Dieses und auch Hintergründe herauszufinden, ist einzig und allein mein Job.«
»Um den ich Sie bei Gott nicht beneide.«
Ich zuckte die Achseln. »Den habe ich mir selbst ausgesucht. Der eine kämpft gegen Verbrecher…«
»Der andere gegen Tote, die leben.«
»Ja, Kollege.«
Ich sah, dass er schluckte. »Haben Sie schon mal darüber nachgedacht, was das alles bedeutet? Für mich ist das, als wären die Geschichten aus den alten Horrorfilmen wahr geworden. Oder finden Sie das übertrieben, Mr. Sinclair?«
»Ganz und gar nicht. Die Wahrheit in der Wirklichkeit kann manchmal schlimmer sein.« Ich räusperte mich. »Aber das ist nicht Ihr Problem, Mr. Dendridge.«
Er war trotzdem noch anhänglich. Zuviel schwirrte in seinem Kopf herum. »Wissen Sie eigentlich, wer dieser Mann gewesen ist?«
»Ein recht hohes Tier.«
Dendridge starrte ins Leere. Er sprach leiser auf mich ein. »Überlegen Sie mal, was das bedeutet. An derartig exponierter Stelle sitzt ein lebender Toter! Das kriege ich nicht in den Kopf. Wenn ich näher darüber nachdenke, könnte ich wahnsinnig werden. So etwas kann man doch nicht durchgehen lassen.
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