1147 - Zirkel der Untoten
eine bestimmte Schlussfolgerung in den Sinn. Die Mitglieder des Zirkels, selbst Untote, mussten tatsächlich in der Lage sein, andere Zombies zu schaffen. Sie waren dann so etwas wie Zombiemacher. Mit jeder Stunde, die sie noch existierten, konnten es immer mehr werden. Das mussten wir auf alle Fälle verhindern.
Eine große Frage quälte uns dabei. Wie war es überhaupt möglich gewesen, dass die vier Mitglieder des Zirkels dazu in der Lage waren? Es war so gut wie nicht zu fassen, und wir mussten einfach umdenken. Die alten Voodoo-Regeln, auf denen sich das Zombie-Dasein aufbaute, konnten wir vergessen. So war der Begriff Zombie 2000 nicht einmal so unwahrscheinlich.
Was steckte dahinter?
Es gab eine Lösung. Suko und ich waren sicher, dass wir sie in Cornwall fanden, und zwar in der Nähe eines Ortes, der Mousehole hieß.
Dort hatten sich die Freunde getroffen. Dort waren sie hingefahren, um auszuspannen. Und genau dort mussten sie auch zu diesen neuen Wesen verändert worden sein.
Justin Page residierte in einer alten Villa. Hier unten lag sein Büro. Oben befanden sich die Privaträume, und dort hatten wir auch Moira Page kennen gelernt, die Frau des Anwalts. Sie war ein normaler Mensch und hatte mit all dem Grauen nichts zu schaffen.
Suko erinnerte mich wieder daran, dass es weitergehen musste. »Wir hätten eigentlich schon auf dem Weg nach Cornwall sein müssen, John, denk daran.«
»Ich weiß.«
»Dann rufe ich die Kollegen an, damit sie die Tote abholen können. Hier bleiben kann sie nicht.«
Als er zum Telefon griff, schaute ich zur Tür, die sich leicht bewegte, denn sie wurde von außen aufgestoßen. Sekunden später sah ich mich der dunkelhäutigen Schönheit und dem Ex-Model Moira Page gegenüber. Sie stand einfach nur da und schaute in das Büro hinein. Sie hatte einen leichten Wollmantel übergestreift und hielt mit der rechten Hand die Riemen einer schwarzen Handtasche fest.
Ich befürchtete, dass sie schreien würde, aber sie sagte nichts. Sie stand da und schaute auf die Leiche. Nur die Haut an ihren Wangen zuckte leicht.
Ich sprach Moira an. »Wenn Sie eine Erklärung möchten, dann kann ich versuchen, sie Ihnen zu geben. Aber das Begreifen wird Ihnen sehr schwer fallen.«
»Nein«, erwiderte sie leise und tonlos. »Ich brauche keine Erklärungen. Ich weiß, dass Gloria tot ist.«
»Das stimmt.« Ich ging einen Schritt auf sie zu. »Pardon, ich möchte Sie nicht beeinflussen, aber ich wundere mich schon, dass Sie es so gelassen hinnehmen.«
Der Blick ihrer dunklen Augen richtete sich auf mich. »Was soll ich denn tun? Schreien, trampeln, jammern?«
»Weiß ich nicht. Aber Gefühle…«
»Brauche ich nicht zu zeigen. Mein Mann und Gloria - nun ja…«, sie hob die Schultern. »Ich sage es mal so. Die beiden haben gut zusammengearbeitet, aber getötet hat er sie nicht. Das waren wohl Sie. Trotzdem bin ich Ihnen dankbar. Ich mochte die Frau nicht. Sie war so aalglatt, und sie mochte mich auch nicht. Sie wusste über vieles Bescheid. Mein Mann und sie waren sehr vertraut.«
»Das ist oft bei engen Mitarbeitern der Fall«, sagte ich. »Kannte sie auch den Ort Mousehole? Hat Ihr Mann sie mal mit nach Cornwall genommen?«
»Nein, das nie. Dort ist er nur mit seinen verdammten Freunden allein hingefahren.«
»Aber Gloria wusste Bescheid?«
»Ja, so wie ich.«
Ich fragte Moira jetzt direkt: »Können Sie sich unter dem Begriff Zombie etwas vorstellen?«
Sie lächelte. Damit hatte ich nicht gerechnet. Es war ein Lächeln voller Spott. »Ich bitte Sie. Schauen Sie mich an, dann wissen Sie, wo meine Heimat liegt. Ich stamme aus dem dunklen Kontinent. Bei uns kennt man den Begriff Zombie.«
»Pardon, daran dachte ich nicht mehr.«
Sie kam jetzt näher und ging auch an mir vorbei. Neben der Toten blieb sie stehen. Es war keine Trauer in ihrem Gesicht zu lesen. Sie betrachtete die Leiche so neutral wie es auch ein Arzt machte.
Und sie nickte dabei.
»Was denken Sie?«, fragte ich.
Moira hatte sich etwas gebückt. Nun richtete sie sich wieder auf. »Was ich denke, ist ganz einfach. Ich wundere mich ein wenig über Sie, meine Herren.«
»Tatsächlich?«
»Ja. Sie gehen locker mit Dingen um, über die man am besten nicht redet.«
»Das ist unser Job.«
Erst lächelte sie Suko, dann mir zu. »Das habe ich gespürt, als wir uns unterhielten. Ich habe es nur nicht gesagt, weil ich es gewohnt bin, meine Meinung zurückzuhalten. Was hier passiert ist, das hat mich nicht einmal
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