1147 - Zirkel der Untoten
als Justin Page, der Anwalt, war.
Ich legte den Hörer wieder zurück auf den Schreibtisch und schaute der Sekretärin zu. Erst jetzt fiel mir das kleine Namensschild auf. Sie hieß Gloria Logger. Das registrierte ich nur nebenbei. Wichtig war die Gestalt selbst, die mir ihr Profil zuwandte. Wie eine zweite Nase schaute der Brieföffner aus ihrem Hals hervor. Er wippte nur leicht, und Gloria dachte nicht im Traum daran, sich von der Waffe zu befreien.
Unbeirrt schritt sie ihrem Ziel entgegen, und das hieß Suko. Sie wollte dem nachkommen, wofür sie überhaupt existierte. Sie musste Spuren verwischen, und das konnte ihr nur durch Morde gelingen.
Nach Suko würde ich an die Reihe kommen, aber so weit würde es nicht kommen.
Auch mein Freund sah die Lage gelassen. Schon recht locker sprach er sie an, »He, kannst du auch reden?«
Sie ging darauf nicht ein. Gloria war eine Marionette, die genau wusste, was sie tun musste. Nichts konnte sie mehr aufhalten, und mit einem zackigen Schwung ruckten ihre Arme in die Höhe. Sie war bereit, Suko die Hände entgegenzustrecken, und wahrscheinlich würde sie ihm die Finger um die Kehle legen.
Mein Freund ließ die Gestalt noch einen Schritt weit auf sich zukommen, dann handelte er. Leicht und locker. Es sah aus wie im Training. Suko beherrschte seine Peitsche perfekt. Er konnte schnell, aber auch langsam und dabei zielorientiert zuschlagen. So machte er es hier vor. Die drei Riemen schlugen in die Höhe. Sie falteten sich auseinander, und plötzlich klatschten sie gegen den Körper und auch in das Gesicht der Veränderten.
Gloria Logger blieb stehen.
Der Schlag hatte sie einfach zu plötzlich erwischt. Sie schüttelte sich, dann drehte sie sich schwer zur Seite, senkte den Kopf, und ein krächzender Laut drang aus ihrer Kehle. Der Schreibtisch war ihre nächste Stütze, und dahinter hielt ich mich auf.
Ich sah sie jetzt wieder von vorn. Das Gesicht war gezeichnet. Ich erkannte genau, wo der Riemen der Peitsche sie erwischt hatte. Dort zeichnete sich eine dunkle Spur ab, die aussah wie ein langer Kratzer. Es war der Anfang des Verfalls. Auch das schwere Möbel reichte nicht aus, um sie abfangen zu können. Ihre Hand rutschte von der Kante ab, zugleich gaben ihre Beine nach, dann glitt sie in die Hocke.
Ich schaute zu, wie das verzerrte Gesicht von oben nach unten rutschte. Der Griff des Brieföffners schlug noch gegen die Kante. Er wackelte in der Wunde, glitt aber nicht aus dem Hals und blieb darin stecken, auch als die Person zu Boden kippte und auf dem Rücken liegen blieb.
Suko sprach mich an. »Ein Schlag hat gereicht. Ob alte oder neue Zombies, John, gewisse Regeln sind geblieben.«
»Sei froh.«
Suko ging auf die Sekretärin zu und blieb dicht vor ihr stehen. Ich wäre auch hingegangen, um zu schauen, was mit ihr passierte, aber die Leitung stand noch immer. Der auf dem Schreibtisch liegende Hörer zog mich an.
Kaum lag meine Hand auf dem Kunststoff, da hörte ich die Stimme des Mannes. Er konnte nicht wissen, was hier abgelaufen war. Das hatte seiner Neugierde keinen Abbruch getan. Er wollte wissen, was mit seiner Sekretärin geschehen war.
»Gloria?«
Ein Lächeln umspielte meine Lippen. Ich freute mich, den Hörer ans Ohr zu drücken und sprechen zu können. Zunächst schickte ich dem anderen einen schnaufenden Laut entgegen. Er klang immerhin neutral und hätte auch von seiner Gloria abgegeben werden können.
»Wie geht es dir?« Die Männerstimme klang etwas dünn, und auch eine gewisse Hektik war nicht zu überhören.
Ich schnaufte wieder, diesmal noch etwas stärker.
»Du lebst, nicht?«
Jetzt keuchte ich.
»Sag doch was, Gloria! Wenn du lebst, dann kannst du auch sprechen, verflucht. Ich will deine Stimme hören.«
»Ja, ich lebe…«
Diesmal hatte er meine Stimme gehört. Nur nicht als die einer Frau. Ich hatte heiser gesprochen und versucht, eine gewisse Neutralität durchklingen zu lassen.
»Was ist denn los, Gloria? Hast du alles gemacht, was ich dir aufgetragen habe? Hast du- den Brieföffner genommen und ihn dir in die Kehle gestoßen? Hast du…«
»Ja…«
Ließ er sich auch weiterhin täuschen? Die drei Worte hatten sehr neutral geklungen, und Suko schaute mich von der anderen Seite des Schreibtischs fragend an.
»Gloria…?«
Er hatte den Namen scharf ausgesprochen. Wahrscheinlich war er misstrauisch geworden. Ich steckte in einer Zwickmühle und wusste nicht so recht, wie ich mich verhalten sollte. Zu lange Zeit ließ ich nicht
Weitere Kostenlose Bücher