1148 - Der Butler
Lichtschein, der sich sogar bewegte und seinem Anblick entrissen wurde, als sie auf den Friedhof fuhren, sofort scharf nach links abbogen, um einen Weg zu erreichen, der recht breit war und wie ein Lineal in das Gelände hineinschritt, über dem die Finsternis der Nacht lag und selbst die zahlreichen Grabsteine versteckte, die ansonsten wie Wächter auf den Gräbern standen.
Der Weg war relativ glatt. Es gab trotzdem noch genügend Unebenheiten, über die der Roller fuhr.
Der gelbe Scheinwerferstrahl tanzte durch die Finsternis. Er huschte nicht nur über den Boden, sondern berührte auch die Grabsteine, riss sie wie Momentaufnahmen aus der Finsternis, um sie danach sofort wieder ins Dunkel eintauchen zu lassen.
Chris ließ sich für eine Weile von dieser Szenerie gefangen nehmen. Aber er gewöhnte sich auch daran und überlegte, wo das Grab seines Großvaters liegen konnte.
Es war schwer für ihn. Im Hellen hätte er es kaum gefunden, und in der Dunkelheit erst recht nicht.
Da musste er sich schon auf Edward verlassen, der diesen Friedhof sicherlich des öftern besucht hatte.
Manchmal schloss Chris die Augen und klammerte sich nur am Körper des Butlers fest. Die Frage, ob er einen toten oder einen lebenden Körper umfasst hielt, stellte er sich erst gar nicht. Er wollte es auch nicht wissen, sonst würde er durchdrehen. Was er gesehen hatte, reichte ihm schon.
Aber er dachte auch an das Licht, das ihm kurz vor der Einfahrt auf den Friedhof aufgefallen war.
Es hatte nicht von einer Laterne gestammt. Es hatte sich zudem bewegt, und da blieb eigentlich nur eine Möglichkeit zur Erklärung. Jemand musste ihnen gefolgt sein.
Nur wer? Wer war denn schon so lebensmüde, das zu tun?
Er ärgerte sich darüber, dass es Edward irgendwie gelungen war, seinen eigenen Willen auszuschalten. Chris fühlte sich nicht mehr als Mensch. Das Wort Marionette passte in diesem Fall viel besser, und auch das ärgerte ihn.
Es war zu spät, um jetzt noch zu handeln. Auch wenn er sich vom Roller hätte fallen lassen, um sich irgendwo zu verstecken, er war überzeugt, dass Edward ihn gefunden hätte. Einer wie er roch die Menschen.
Der Friedhof zeigte eine unheimliche Atmosphäre. Die Dunkelheit war nicht schwarz, sondern mehr grau. Als hätten sich die tagsüber verschwundenen Schatten wieder nach außen gewagt, um endlich ihr Gebiet abzustecken.
Es war eben eine Welt für sich. Eine, die den Toten gehörte, und in der die Lebenden nur ihre Denkmale in Form von Grabsteinen hinterlassen hatten.
Den Hauptweg hatten sie längst verlassen und rollten durch einen Teil des Friedhofs, in dem die Wege schmaler waren. Deshalb wirkten die Grabsteine hier noch höher. Manche von ihnen glichen kleinen Häusern mit schrägen Dächern.
Der Nieselregen hatte nachgelassen. Darüber war der Junge froh. So hatte der Fahrtwind sein nasses Gesicht trocken können. Er klammerte sich noch fester an den Fahrer, denn immer wieder mussten sie über Buckel fahren oder durch kleine Rillen, die den Roller tanzen ließen.
Chris erinnerte sich, dass der Grabstein seines Großvaters sehr groß gewesen war. Wenn er sich die Gebilde hier in der Nähe anschaute, dann konnten sie nicht weit vom Ziel entfernt sein, denn die letzten Erinnerungsstücke hier sahen fast alle gleich aus. Wie eine Reihenhaussiedlung für Leichen.
Über den Vergleich konnte Chris nicht einmal lächeln. Es ging ihm nicht gut. Er fühlte sich alles andere als frei. Das Gefängnis, dem er hatte entwischen wollen, das war wieder zugeklappt, und er besaß auch nicht den Schlüssel, um sich zu befreien. Weiterhin diktierte einzig und allein Edward das Geschehen.
Sie waren bald da. Der Butler fuhr jetzt langsamer.
Erst jetzt fiel dem jungen Mann auf, dass der Butler ohne Licht gefahren war. Zumindest seit sie sich auf dem Friedhof befanden. Und das in dieser Finsternis. Ihm blieb nur die Lösung, dass der Butler auch in der Lage war, im Dunkeln zu sehen. Er musste tatsächlich Augen wie eine Katze haben.
Links waren die Gräber zu sehen. Eines musste besonders groß sein, weil das Grabmal als Haus mit schrägem Dach gebaut, alle anderen überragte. Und das, obwohl sich kein Kreuz darauf befand.
Neben dieser Grabstätte stoppte der Butler und stellte den Motor des Rollers ab.
Es wurde still, sehr still.
Zudem bewegte sich Edward nicht. Er hatte nur seine Füße recht und links des Rollers auf den Boden gestemmt.
Chris blieb auch sitzen. Nur den Griff hatte er gelockert. Er lauschte in
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