1149 - Begraben, aber nicht vergessen
Düne nicht wieder hochgelaufen. Wahrscheinlich vertilgten sie jetzt die Reste.
Als wir das warme Haus betraten, hatte sich etwas verändert. Karel Kuzow schlief nicht mehr. Er saß auf der Bank, hatte beide Ellenbogen auf den Tisch vor sich gestemmt und knetete sein Gesicht.
Dabei stöhnte er. Als ihn der Schwall kalter Luft erreichte, drehte er den Kopf.
»Was ist los?«
»Nichts«, antwortete Karina. »Schlaf weiter, Karel.«
Er drückte die Handballen gegen seine Stirn. »Es geht mir nicht gut, verdammt.«
»Der Schnaps?«
»Ja, war wohl zu viel.«
»Leg dich wieder hin.«
Kuzow schüttelte den Kopf. »Nein, das geht nicht. Ich muss mal raus.« Er rieb seinen Bauch und deutete damit an, was er vorhatte. Zugleich fasste er nach seinem Fellmantel.
»Wo ist denn hier wohl das Klo?« flüsterte ich Karina zu.
»Alles draußen. Hinter dem Haus. Wahrscheinlich in einem kleinen Anbau, den wir noch nicht gesehen haben. Ein Loch mit einem Balken, das ist alles.«
Ich musste grinsen, und Karina fragte nach dem Grund.
»Mir ist gerade etwas eingefallen. Kennst du ein sibirisches Klosett?«
»Nein. Du denn?« Sie war ganz erstaunt.
»Klar, das besteht aus zwei Stöcken. An einem hältst du dich fest, und mit dem anderen vertreibst du die Wölfe.«
»Ahh…« Karina verdrehte die Augen. »Das konnte auch nur von dir kommen« Sie klopfte mir auf die Schulter. »Toll, dass du noch deinen Humor behalten hast.«
»Das kostet auch nichts.«
Kuzow hatte seinen Fellmantel übergezogen. Er wollte gehen, aber Karina trat ihm in den Weg. Sie sprach auf ihn ein. Wahrscheinlich warnte sie ihn vor den Wölfen, aber Karel winkte nur ab. Dann ging er vor und zeigte Karina den Abtritt. Sie verschwanden hinter dem Kamin. Ich hörte, wie eine Tür geöffnet wurde. Der Abtritt war also vom Haus aus zu erreichen. Das beruhigte mich einigermaßen.
Karina kehrte zurück und nickte mir zu. »Er braucht das Haus nicht zu verlassen.« Sie lächelte.
»Aber du hast Recht. Das Ding da hinten hat schon Ähnlichkeit mit deinem sibirischen Topf.«
»Da sieht man's mal wieder.«
Ich wollte nach den Wölfen schauen. Deshalb trat ich an das Fenster. Die Scheibe war zu schmutzig, um mir einen klaren Blick zu gestatten.
Jedenfalls bewegte sich nichts vor dem Haus auf vier Beinen. Karina hatte sich wieder gesetzt und sah in Richtung Tür, als könnten dort die Wölfe erscheinen. Gleichzeitig überprüfte sie ihre Waffe.
Es war eine Makarew-Pistole.
Mit dem Handballen schlug sie das Magazin wieder ein und nickte mir zufrieden zu. »Sollten uns die Wölfe angreifen, werden sie von den Geschossen zerrissen. Im Wagen habe ich noch eine kleine MPi. Wenn du willst, kannst du sie haben.«
»Nein, lass mal. Ich verlasse mich lieber auf meine Beretta mit den Silberkugeln.«
»Wie du willst. Und was ist mit den Wölfen?«
»Ich habe keine gesehen. Sie scheinen sich noch immer unten am See aufzuhalten.«
»Da sollen sie auch bleiben!«
Kuzow kehrte zurück. Er sah jetzt erleichtert aus, rülpste und setzte sich wieder auf seinen Platz.
Dann sprach er Karina Grischin an.
Beide unterhielten sich. Zwischendurch übersetzte Karina. Sie sprach mit Kuzow über die Wölfe. Er war nicht überrascht, dass sie aufgetaucht waren. Sie fanden immer weniger zu fressen, wenn der Schnee vereist war. Dass sie sich allerdings an die Zombies herangemacht hatten, das war auch ihm neu.
Karina und ich wussten, dass wir in den folgenden Stunden keinen Schlaf finden würden. Es hatte keinen Sinn, sich hinzulegen, und so blieben wir sitzen. Wir waren ruhig und lauschten. Ohne uns abgesprochen zu haben, drehten sich die Gedanken um das gleiche Thema. Schließlich hielt es Karina nicht mehr aus. Sie stand auf und lief zur Tür. Mit einem Ruck zerrte sie sie auf. Ich saß noch, als ich bereits ihre Meldung hörte.
»Sie sind zurück!«
»Alle?«
»Ja.«
Ich war sehr schnell an der Tür.
Vier Schatten liefen über die hart gefrorene Schneefläche hinweg. Sie bewegten sich dabei geschmeidig, und ihre Augen leuchteten ebenso wie das Eis.
»Die haben noch Hunger«, sagte Karina. »Unser Fleisch ist etwas ganz anderes als das der Toten. Wir haben Wärme, wir dampfen für sie, wir haben Blut. Es wird ihnen ein Vergnügen sein, uns zu zerreißen.«
»Aber das Vergnügen werden wir ihnen nicht gönnen.«
»Genau.« Mit einer lässigen Bewegung zog Karina ihre Waffe. Dass sie schießen konnte, hatte sie in meinem Beisein schon oft bewiesen. Sie ging noch einen Schritt
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