115 - Das Höllenbiest
den Schuppen.
Alte Kisten, viel Geräte. Alles verstaubt.
Auf dem Boden unmittelbar hinter dem Eingang waren deutlich die
Radspuren eines Handwagens zu sehen, der hier gestanden hatte und weggeschoben
worden war.
In der Ecke raschelte es. Eine Ratte spähte herüber. Sie war so
dreist, daß sie selbst der Lichtstrahl, den Larry auf sie richtete, nicht
vertrieb.
X-RAY-3 vermutete, daß Morrison die Leiche von Robert Winters mit
diesem sonst hier stehenden Gefährt weggeschafft hatte.
Dann stand er an der obersten Treppenstufe des Geheimgangs und
leuchtete nach unten.
Kaum zu fassen, daß dieses Gemäuer bewohnt sein sollte.
Und enthielt es all das wirklich, was Pamela Delivery ihm
geschildert hatte?
Der Treppenaufgang führte genau zu der Geheimtür, die man im
ersten Moment nicht von der natürlichen Mauer unterscheiden konnte.
Erst wenn man genauer hinsah, waren die Fugen zu erkennen, die
wesentlich breiter verliefen, als die Fugen in den Steinen daneben.
Die imitierte Tür ließ sich zurückschieben und schon stand man in
dem Gerichts– und Hinrichtungszimmer, das Gil Morrison sich erbaut hatte.
Alles war dunkel. Wie ein übergroßer Geisterfinger wanderte der
Lichtstrahl über die Stuhlreihen, über den rauhen, grauen Boden.
Pamela Delivery hielt sich auf Tuchfühlung mit Larry Brent.
Sie preßte ihre Fingernägel in seinen Oberarm, als der Lichtstrahl
den großen Holzkübel erreichte, der unter dem nach vorn geklappten Tisch stand.
Blutverspritzt die Erde, blutverspritzt die Innenseite des Kübels.
Der süßliche Geruch frisch vergossenen Blutes hing noch in der Luft.
»Es stimmt, es stimmt alles«, murmelte Larry. Hier waren jene
Menschen geköpft worden, die man aus dem »Witch’s Hill« ausgegraben hatte.
Hier war auch Bill Coogan alias X-RAY-14 ums Leben gekommen.
Larry befand sich in der Höhle des Löwen.
»Er hat hier in den Kasten neben dem linken Stuhl gegriffen«,
bemerkte Pamela Delivery mit erstickter Stimme. »Daraufhin ging das Licht an.«
X-RAY-3 hob den Deckel des kastenförmigen Anbaus neben dem
bezeichneten Stuhl an. Er leuchtete hinein, entdeckte das kleine Schaltbrett,
die vielen verschiedenfarbigen Kabel, die in kupferfarbenen Hülsen steckten.
Alles war sehr sauber und ordentlich installiert, ein Beweis
dafür, daß der Erbauer dieser Anlage genau über die Materie Bescheid wußte.
»Eine elektrische Anlage. Aber wenn Elektrizität, dann müßte es
hier einen Generator geben. Und der macht Krach, Miß Delivery. Haben Sie nichts
gehört, während Sie hier gesessen haben?« fragte er, während sein Blick auf die
Tasten gerichtet war.
»Richtig«, fiel der Engländerin ein. »Da war ein Motorengeräusch
…«
»Pssst!« Larry unterbrach sie. Da war etwas. Ein Geräusch. Der
Handwagen!
Er wurde in den Schuppen gerollt. Gil Morrison kehrte zurück. Er
hatte seine makabre Fracht irgendwo abgeladen.
Pamela Delivery fing an zu zittern.
»Sie brauchen keine Angst zu haben. Ich bin bei Ihnen.« Larry
Brent zog seine Waffe. Er dirigierte die Engländerin zum Podest hinauf und trat
einen Schritt hinter sie. Der hohe Aufbau verbarg sie.
»Hier oben hat er gesessen«, sagte Pamela Delivery. »Er hat sich
einen roten Umhang umgelegt und Gericht gehalten. Die Anklage sprach er mit
völlig veränderter Stimme.«
Larry schaltete die Taschenlampe aus.
Morrison kam jetzt die Treppe herunter.
Er pfiff ein Lied vor sich hin. Er schien in bester Stimmung zu
sein und sich äußerst wohl zu fühlen.
Morrison benutzte eine kleine Taschenlampe, um auf den
Treppenstufen nicht hinzufallen. Der trübe Schein wanderte vor ihm her.
Er trug einen dunklen Anzug, als käme er von einer Beerdigung.
Er ging gewohnheitsgemäß auf den Kasten neben dem Stuhl zu,
öffnete die Klappe und drückte auf eine Taste.
Irgendwo in einem weiter entfernten Kellerraum sprang der
Generator an.
Das Motorengeräusch wirkte gedämpft.
Sekunden später flammten die grellen Scheinwerfer auf.
X-RAY-3 gab Pamela Delivery mit einer Geste zu verstehen, sich
völlig still zu verhalten. Er selbst brachte seinen Kopf so weit über die
Brüstung, daß er unten alles sehen konnte, was sich abspielte.
Gil Morrison pfiff noch immer. Er war die Ruhe und Zufriedenheit
selbst.
Larry und Pamela warfen sich einen fragenden Blick zu.
Die Reaktion, die hätte kommen müssen, erfolgte nicht.
Schon bei seinem Eintritt hätte Morrison bemerken müssen, daß sein
weibliches Opfer Pamela Delivery nicht mehr auf dem Platz saß,
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