1150 - Die Dunklen Apostel
an, John, sie liegen da wie Puppen, die nicht mehr gebraucht werden. Warum hat er sich nicht um sie gekümmert und sich nur einen geholt?«
»Dimitri kann zurückkehren.«
»Damit rechne ich sogar.« Karina kam wieder zurück. »Ich frage mich nur, wo sie jetzt sind.«
»Das werden wir bald wissen.«
»Und was ist mit den Zombies?«
Ich hob die Schultern. »Vergiss sie vorläufig.«
»Genau das kann ich nicht. Irgendwie liegt mir das Wissen um ihre Existenz wie Blei im Magen. Einmal hat mich Dimitri erschießen wollen, diesmal nicht. Warum hat er so anders reagiert? Ich denke sogar daran, dass er mich für eine lebende Leiche gehalten hat und nicht in der Lage war, etwas zu unterscheiden. Oder wie siehst du die Dinge?«
»Nicht anders vorläufig.«
»Deine Ruhe regt mich auf. Ich bin sonst nicht so, aber hier…«
»Gut, dann lass uns nach draußen gehen. Ich glaube schon, dass Dimitri uns noch einiges zu sagen hat…«
»Ich bin davon weniger überzeugt, John.«
***
Ja, es hatte sich einiges ereignet in der letzten Zeit, doch an der Natur war es spurlos vorbeigegangen. Als wir das Haus verließen, wobei Karina sicherheitshalber ihre Waffe gezogen hatte, sahen wir uns keiner Veränderung gegenüber. Es war auch nicht dunkler geworden. Von einer Verabschiedung des Tages konnte überhaupt keine Rede sein. Nach wie vor hing das grauviolette Licht wie ein Schatten über der Insel und auch dem Wasser. Es fiel mir schwer, von einem natürlichen Licht zu sprechen, denn das hatte ich innerhalb des kleinen Fischerdorfes erlebt. Dieses Licht mit seiner besonderen Farbabstufung musste etwas mit den rätselhaften Vorgängen der Zeitverschiebungen zu tun haben. Anders konnte ich mir diese Farbe nicht erklären. Ich hatte mehr den Eindruck, etwas neben der Wirklichkeit herzugehen.
Karina dachte ähnlich. Sie blieb nach einigen Metern stehen und ließ auch die Waffe verschwinden.
Verunsichert schüttelte sie den Kopf. Sie sah von den beiden Aposteln ebenso wenig etwas wie ich.
»Kann ich dich was fragen, John?«
»Aber immer.«
»Gut.« Sie verengte die Augen. »Wir kennen Zombieville. Wir haben dort fast unser Leben verloren, und ich versuche noch immer, eine Verbindung zu finden, aber das kann wohl nicht sein.«
»Richtig. Noch einmal. Zombieville war ein Geheimprojekt der ehemaligen Machthaber. Hier liegen die Voraussetzungen anders.«
»Das weiß ich. Es gibt sie. Wir haben ja alles erlebt. Trotzdem bekomme ich es nicht zu fassen. Wohin ich auch greife, ich fasse immer ins Leere, und es fällt mir schwer, der Theorie der Wiedergeburten zu folgen. Damit habe ich meine echten Probleme. Ich komme mir vor wie jemand, der in eine andere Welt hineingeschossen wurde und die echte hinter sich gelassen hat, obwohl man sich noch in ihr bewegt.« Sie hob den Arm und wies auf die Stelle am Strand, wo friedlich unser Boot lag. »Sogar das Boot ist noch da. Wir können hingehen und es anfassen. Seltsamerweise fürchte ich mich davor. Komisch, nicht?«
»Nein, Karina. Jeder reagiert eben anders.«
»Ja, kann sein. Du steckst auch mehr drin, muss ich dir sagen.« Sie zuckte mit den Schultern. »Okay, John, suchen wir weiter.«
Damit hatte sie die beiden Apostel gemeint. Nach dem Verlassen des Hauses hatte ich nach ihnen gesucht. Es war mir nicht gelungen, sie zu entdecken, wobei ich davon ausging, dass sie die Insel nicht verlassen hatten. Ein zweites Boot hatten wir nicht gesehen. Und dass sie schwammen, bezweifelte ich.
Steine, ein harter Boden, grau und schmutzig. An verschiedenen Stellen noch mit alten Schneeresten bedeckt. Eine kalte Luft, ein sehr schwacher Wind, aber trotzdem drückte die Kälte und hinterließ bei uns eine Gänsehaut. Die Insel sah so leer aus. Sie war kalt, abweisend und zugleich menschenfeindlich. Es gab kein Leben, denn die zwei Apostel waren für uns keine normalen lebendigen Personen. Fahl sah der Himmel aus, durchzogen von dem seltsamen Licht der Sonne, das einen violetten Schein hatte.
Es war auch still auf dem Eiland. Keine fremden Geräusche. Nur das Anrollen der Wellen hinterließ die klatschenden Geräusche, wenn sie sich auf dem Sand verliefen.
Da sich die beiden Gestalten nicht in Luft aufgelöst haben konnten, mussten sie hier noch irgendwo sein. Für mich gab es keinen Grund für ein Versteckspiel. Sie kannten uns, wir kannten sie. Ob sie ihren Zustand noch einmal ändern würden, wussten wir nicht. So richteten wir uns darauf ein, sie so zu erleben, wie wir sie auch kennen
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