1151 - Das Babel-Syndrom
mittels Blickschaltung.
Die holographische Projektion einer Frau mittleren Alters baute sich auf, an einem Schalttisch sitzend und mit zahlreichen Displays im Hintergrund.
„Auswertungszentrale HQ-Hanse für erdnahen Bereich", meldete sich die Frau. „Elijah Kuby spricht."
„Hallo, Elijah!" sagte Bull. „Was gibt es?"
„Wo?" fragte die Frau erstaunt.
Bull schloß sekundenlang die Augen, dann lächelte er freundlich.
„Entschuldige, wenn ich mich mißverständlich ausdrückte. Was hast du zu berichten?"
Die Frau blickte ihn oder vielmehr seine holographische Projektion in ihrem Videogerät nachdenklich an, dann sagte sie: „Die robotische Raumüberwachung erdnaher Bereich meldet das Auftreten bisher unerklärter Gravitationsphänomene in ihrem Ortungssektor. Wir haben sofort ein mit feineren Instrumenten ausgerüstetes Meßschiff gestartet. Ergebnisse sind nicht vor zwei Minuten zu erwarten."
„Danke!" sagte Bull. „Ich komme hinüber."
Er wandte sich zu seinen Freunden um.
„Ihr habt es gehört. Ich werde in der Auswertungszentrale gebraucht. Oh, da blinken schon wieder ein Dutzend Videogeräte! Seid so freundlich und kümmert euch darum, ja?
Bis gleich!"
Er war froh, der Runde für einige Zeit entronnen zu sein. Bei den Mißverständnissen und Wortklaubereien wäre sowieso keine Einigung über das weitere Vorgehen möglich gewesen. Es war ja nicht einmal möglich gewesen, das Thema aufzugreifen und anzupacken.
Draußen auf dem Korridor sprang er auf das Transportband, das sich in die gewünschte Richtung bewegte. Jedenfalls war das bisher der Fall gewesen, seit Bull zurückzudenken vermochte. Diesmal jedoch nicht. Die beiden Transportbänder hatten ihre Bewegungsrichtungen ausgetauscht.
„Wenn es weiter nichts ist!" sagte Bull zu sich selbst und wechselte das Band.
Er ahnte noch nicht, daß das und die anderen Ärgernisse nichts weiter waren als die ersten Vibrationen, die dem Abgang einer Lawine vorausgingen ...
4.
Nachdem er das Kommunikationszentrum verlassen hatte, blieb Lassel Domaschek stehen.
Er mußte erst einmal überlegen, wo er nach Chthon suchen sollte. Der Geheimnisvolle hatte gesagt, er müsse Perry Rhodan sprechen. Er wußte also nicht, daß Perry Rhodan sich weder auf der Erde noch im Solsystem aufhielt. Das spielte aber keine Rolle. Chthon würde auf jeden Fall das Hauptquartier der Kosmischen Hanse aufsuchen, denn dort befand sich Rhodans Stellvertreter Reginald Bull.
Falls er schon auf dem Weg dorthin war, würde er, Lassel, ihn wahrscheinlich nicht einholen können. Doch Chthon hatte den Eindruck erweckt, als wüßte er recht wenig über die Verhältnisse in Terrania und auf Terra überhaupt. Er irrte vielleicht noch immer irgendwo umher oder suchte bei anderen Menschen Hilfe.
Unwillkürlich mußte Domaschek lächeln, als er sich vorstellte, wie der Fremde, dessen Augen an ein Frankenstein-Ungeheuer denken ließen, eine zartbesaitete Person ansprach. Falls er das inzwischen getan hatte, dann war er längst im Gewahrsam des Ordnungsdiensts.
Domaschek stutzte.
Wie wollte der Ordnungsdienst jemanden festhalten, durch dessen Körper man hindurchgreifen konnte wie durch Rauch? Der sich vielleicht sogar unsichtbar machen konnte? Wie sonst ließ sich erklären, daß die Ordnungsdienstler ihn im Crest-Park nicht gesehen hatten? In der kurzen Zeit zwischen seiner, Domascheks, Flucht vor ihm und dem Eintreffen des Ordnungsdiensts hätte er das große Areal nicht verlassen können.
Es sei denn, er beherrschte die Parafähigkeit der Teleportation ...!
Doch der Gedanke daran erschien dem Psychologen entschieden zu weit hergeholt.
Soviel ihm bekannt war, beherrschten Mutanten, wenn überhaupt, nur eine einzige Parafähigkeit oder höchstens zwei direkt miteinander verwandte Fähigkeiten.
Ein Lebewesen mit einem so breiten Spektrum parapsychischer Fähigkeiten wie Gucky war einmalig - und Gucky war ja auch kein Mutant im genetischen Sinn.
Lassel Domaschek kam zu dem Schluß, daß er genauso gut im Crest-Park nach Chthon suchen konnte wie anderswo. Möglicherweise hielt der Fremde sich dort verborgen. Es mochte sogar sein, daß er darauf wartete, daß er, Domaschek, dorthin zurückkehrte.
Vielleicht konnte er ausschließlich mit ihm Kontakt aufnehmen, aus welchen Gründen auch immer. Eigentlich konnte niemand für die Kontaktaufnahme mit einem so seltsamen Wesen besser geeignet sein als er, dessen Beruf es war, sich einfühlsam und verständnisvoll auf die
Weitere Kostenlose Bücher