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1151 - Das Babel-Syndrom

Titel: 1151 - Das Babel-Syndrom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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harte Schläge an den Unterarmen und Oberschenkeln.
    Ein anderer Splitter zerfetzte sein rechtes Ohr.
    Unter Tranen sah er, wie Digitalis, der sich zu weit aus seinem Sessel gebeugt hatte, schräg vom Pferd wegtrieb. Er streckte die Hand aus und fing den Däumling gerade noch ein, bevor er außer Reichweite geriet.
    „Nicht so fest!" zeterte der Siganese. „Du zerquetscht mich ja, du Ertruser!"
    „Ich wollte, ich wäre ein Ertruser", gab Lassel zurück. „Dann wäre ich nicht auf einen Ritt auf diesem Pegasus angewiesen gewesen."
    Er klatschte Aura auf seinen Sessel zurück.
    „Unternimm endlich etwas!" forderte er ihn auf. „Wir treiben sonst noch in den Weltraum hinaus."
    Digitalis Aura atmete keuchend, dann zupfte er an seinem Schulterumhang und blickte zurück.
    „Was soll ich denn unternehmen?" schrie er zornig. „Mein Mustang ist schließlich keine Rakete. Warte nur, bis die Schwerkraft zurückkehrt! Dann wirst du dir wünschen, wir wären in den Weltraum getrieben."
    Lassel Domaschek zog unwillkürlich den Kopf ein, als er sich vorstellte, wie das Pferd gleich einem Stein in die Tiefe stürzte und auf dem Erdboden zerschellte.
    Er verwünschte sich für die fixe Idee, Chthon zum Hauptquartier der Hanse bringen zu wollen. Wäre er bloß im Kommunikationszentrum geblieben, dann könnte er jetzt in einem Ruheraum liegen und den versäumten Schlaf der letzten Nacht nachholen! Wie konnte er nur so vermessen sein zu glauben, die Menschheit vor Unheil bewahren zu können! Sie würden seine Opferbereitschaft nicht einmal zur Kenntnis nehmen. Wenn man ihn mit zerschmetterten Gliedern neben den Überresten eines Bühnenrosses fand, würde man ihn als Verrückten bezeichnen.
    Als namenlosen Verrückten, denn er besaß ja nicht einmal mehr seine ID-Karte...
     
    *
     
    Für eine Weile hörte und sah Lassel nichts mehr. Die Todesfurcht hielt alle seine Sinne gefangen. Er kämpfte nicht dagegen an. Der Gedanke an den Tod trat allmählich von selbst in den Hintergrund, wurde abgelöst von dem Gedanken an das Leben.
    Er drehte sich in den Hüften und wandte den Kopf, bis er Chthon ins Gesicht sehen konnte. Er war sich der schattenhaften Existenz dieses Wesens bewußt, aber er empfand diese Tatsache nicht länger als etwas Ungeheuerliches, sondern als Selbstverständlichkeit.
    „Kannst du uns irgendwie helfen?" fragte er.
    „Nein", antwortete Chthon.
    Lassel wandte das Gesicht wieder nach vorn. Seine Augen suchten den Himmel ab. Er hatte das Gefühl, als ob sich etwas Entscheidendes verändert hatte, etwas, das er bisher nur unbewußt wahrnahm und das ihn beunruhigte.
    Die Luft war kälter geworden. Doch das war es nicht.
    Lassels Blick blieb an dem blutroten Sonnenball hängen.
    Blutrot? War es das?
    Nein, die Sonne hatte sich nur verfärbt, weil sie bis fast zum Horizont abgesunken war und ihre das Auge treffenden Strahlen deshalb einen besonders langen Weg durch die Atmosphäre zurückgelegt hatten, wobei durch Streuung vorwiegend die blauen Strahlen ausgefiltert worden waren.
    Aber wir haben erst frühen Nachmittag!
    Lassel Domaschek gab einen halberstickten Schrei von sich.
    „Was hast du?" erkundigte sich Digitalis.
    „Die Sonne!" stieß Domaschek hervor. „Sieh dir die Sonne an!"
    „Hm!" machte der Siganese. „Ich sehe sie, aber ich kann nichts Ungewöhnliches an ihr entdecken."
    Natürlich nicht! Sie ist fremd für ihn. Er befindet sich noch nicht lange auf Terra. Auch unser Tag- und Nachtrhythmus ist fremd für ihn.
    „Sie dürfte noch nicht so tief stehen", erklärte er. „Die Eigenrotation der Erde muß sich beschleunigt haben."
    Plötzlich stutzte er.
    „Aber dann müßte die Sonne dennoch im Westen untergehen. Also liegt es nicht an der Erdrotation. Entweder hat die Sonne sich nach Süden von der Erde entfernt oder..."
    „Oder was?" fragte Digitalis verständnislos.
    „Oder die Erde ist aus ihrer Bahn um die Sonne ausgebrochen", flüsterte Lassel entsetzt. „Oh, mein Gott! Jetzt begreife ich auch, warum es so kalt geworden ist. Die Erde entfernt sich von der Sonne."
    „Es sieht tatsächlich so aus", sagte Digitalis unbeteiligt. „Ihr Terraner werdet etwas dagegen tun müssen."
    „Aber was?" erregte sich Domaschek. Er atmete schwer.
    Natürlich war die hochentwickelte Technik des Hanse-Zeitalters in der Lage, eine Abweichung von der Erde um ihre Sonnenbahn zu korrigieren. Mächtige Antigravprojektoren und Traktorstrahler im erdnahen Raum! Ja, damit war es möglich.
    Aber es gab keine

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