1151 - Mandragoros Monsterwelt
dann war ich nicht mehr in der Lage, den Mund geschlossen zu halten. Ich sah bereits Dinge, die es nicht gab. Bilder in grellen Farben. Schreckliche Motive.
Schleierhafte Monster, die nach mir griffen. Dazwischen auch die Gesichter meiner Freunde, die mich so besorgt anschauten und in deren Augen Tränen schimmerten.
Im nächsten Augenblick verschwanden die Gesichter, denn ich hatte den Mund aufgerissen…
***
Auch wenn Wladimir Golenkow Suko keine direkte Zusage gegeben hatte, so war er nach dem Anruf des Inspektors nachdenklich geworden. Suko hatte Recht, wenn er sich Sorgen um John Sinclair und auch Karina Grischin machte. Das wäre bei Golenkow nicht anders gewesen, doch bei ihm kam noch ein gewisser Stress hinzu, den er in den letzten Tagen brutal hatte durchleben müssen.
Es war nicht einmal der Außendienst gewesen. Mit irgendwelchen organisatorischen Problemen hatte sich Wladimir beschäftigen müssen, und das war ihm verdammt hart an die Nieren und auch an die Nerven gegangen. Telefonieren. Faxe und E-Mails schicken, Berichte schreiben, sich mit finanziellen Dingen herumschlagen. Treffen mit einem Minister, der Wladimir nicht eben sympathisch war und der den ehemaligen KGB-Mann am liebsten aus dem Job gehebelt hätte.
Das war nicht passiert. Wladimir war einfach schon zu lange im Geschäft. Und Freunde von ihm saßen auch an bestimmten hohen Stellen und konnten ihm den Rücken decken, was oft nötig war, denn gewisse Kreise standen Wladimirs Arbeit nicht eben positiv gegenüber und hielten sie für reine Geldverschwendung.
Aber er hatte es immer wieder geschafft, sich auch gegen diese Widerstände durchzusetzen, und aufgeben würde er so leicht nicht.
Nun aber ging es um Karina. Um eine Mitarbeiterin, die er selbst ausgesucht hatte. Sie hatte sich als Leibwächterin ausbilden lassen, doch aus diesem Job hatte Golenkow sie weghaben wollen. Für eine Frau wie sie gab es andere Aufgaben, und bisher hatte sie ihren Chef noch nicht enttäuscht.
Außerdem konnte sie international arbeiten und zudem mit Golenkows Freund John Sinclair.
Er hatte gar nicht gewollt, dass Sinclair nach Moskau kam, aber Karina hatte ihn schließlich überzeugt, dass es besser war, wenn jemand sie unterstützte. Den Stress damals in Zombieville hatte sie nicht vergessen, und so waren beide losgezogen, um die lebenden Leichen zu stellen.
Bisher wusste auch Golenkow wirklich nicht viel. Ihm war nicht einmal bekannt, ob die beiden die Leichen überhaupt gefunden hatten und man sich in der Einöde nicht etwas eingebildet hatte. Dass sich weder Karina noch John gemeldet hatten, sprach dagegen. Da musste etwas geschehen sein, und auch Suko im fernen London war besorgt.
Auf der anderen Seite war die Gegend mehr als gottverlassen. Da gab es nicht einmal in jedem Haus Strom, geschweige denn ein Telefon. Ein Handy funktionierte dort auch nicht. Wer da verschwand, der blieb sehr lange verschollen.
Wladimir raufte sich die hellblonden Haare. Sein kantiges Gesicht war besorgt. Er war noch unschlüssig, was er unternehmen sollte. Dass er etwas tun musste, stand allerdings fest. Es mussten nur noch gewisse Punkte geregelt werden, dann konnte er los.
So wartete er auf einen Anruf aus dem Verteidigungsministerium. Er hatte nach einem Hubschrauber angefragt, der ihn dorthin bringen würde, wo die beiden agierten.
Es war nie leicht, einen Hubschrauber zu bekommen, doch in dieser Zeit war es besonders schwierig. Das hing auch mit dem verdammten Tschetschenien-Krieg zusammen, der mit einer Verbissenheit und Grausamkeit geführt wurde, die einen normalen Menschen schaudern ließ. Viele Einsatzkräfte waren in den Kaukasus abkommandiert worden. Nicht nur Menschen, auch Material. Hubschrauber gehörten dazu. So war es nicht einfach, an einen freien heranzukommen.
Wladimir schaute aus seinem Bürofenster in den trüben Moskauer Alltag. Es schneite nicht, es regnete auch nicht, obwohl die Wolken tief hingen. Es war ein Wetter zum Weglaufen. Am liebsten hätte sich Wladimir in einen Flieger gesetzt und wäre in die Sonne gedüst. Aber die Pflicht ging vor.
Aus dem Nebenzimmer hörte er eine Stimme. Dann wurde die Tür geöffnet. Natascha, seine Mitarbeiterin, erschien zusammen mit einem kleinen, kahlköpfigen Mann, der eine braune Lederjacke trug und einige Papiere in der Hand hielt.
Der Mann hieß Sergej. Er stammte aus Kirgisien, und er war jemand, der sich auskannte. Wenn es irgendwelche Probleme zu lösen gab, Sergej nahm dies in Angriff. Er
Weitere Kostenlose Bücher