1151 - Mandragoros Monsterwelt
war einer der besten Diplomaten auf unterer Ebene. Ihn hatte Wladimir heiß gemacht, ihm den Hubschrauber zu besorgen.
Dass Sergej selbst kam und nicht anrief, wunderte ihn, und Wladimir schüttelte den Kopf. »He, was treibt dich denn hierher?«
»Die gute Nachricht.«
»Wunderbar.«
»Sonst hätte ich angerufen.«
Sergej knallte ihm die Papiere auf den Schreibtisch. »Hier sind die Genehmigungen. Im Moment ist alles etwas komplizierter wegen Tschetschenien. Na ja, du weißt schon. Aber ich habe es geschafft. Wenn du willst, kannst du in einer Stunde starten. So lange wird die Fahrzeit bis zum Flughafen dauern.«
»He, das ist ja super!« Wladimir stand auf. »Ich könnte dich…«
»Nein, nein, nur das nicht.« Sergej ging rasch zurück. »So etwas würde ich lieber von Natascha bekommen.«
»Du weißt ja gar nicht, was ich meine.«
»Ich kann es mir denken.«
»Ich wollte sagen, dass ich dir einen Wodka ausgeben wollte und…«
»Schick eine Flasche Whisky«, sagte Sergej grinsend. »Du weißt doch, dass ich Wodka nicht so gern mag. Den trinken jetzt mehr die Westler.«
»Okay, ich werde daran denken, wenn ich zurück bin.«
Sergej schlug noch einmal mit der flachen Hand auf die Papiere. »Hier hast du alles. Und jetzt muss ich weiter. Ein einflußreicher Freund hat mich zum Essen eingeladen.«
»Mafia?«
»Was du immer denkst!« Sergej schüttelte den Kopf. »Für mich ist das Essen wichtig.«
»Dann wünsche ich dir guten Appetit.«
»Danke, Towaritsch.« Der Mann winkte noch kurz, drehte sich um und verschwand.
Golenkow atmete tief durch und streckte die Papiere ein. Es freute ihn, dass alles so schnell geklappt hatte. Man brauchte eben nur die richtigen Leute zu kennen.
Natascha erschien im Büro. Sie war eine junge Frau, die ihr Haar kurz geschnitten, gescheitelt und hellblond gefärbt hatte. Sie trug einen schwarzen Pullover und einen ebenfalls schwarzen, sehr kurzen Rock, der ihre langen Beine zur Geltung kommen ließ.
Sie sah zwar flippig aus, aber sie war gut, und Wladimir konnte sich auf sie verlassen.
»Sie fahren weg?«
»Ja, in die Einsamkeit.«
»Wohin?«
»Zu einem See. Es ist der Kolow-See.«
»Den kenne ich nicht.«
»Das glaube ich dir. Den kennen die meisten Menschen nicht. Aber es gibt ihn, und ich muss dorthin.«
»Wann kann ich Sie zurück erwarten?«
»Keine Ahnung. Leg alles auf Termin.« Wladimir schnappte sich seinen gefütterten Mantel und nahm auch die Fellmütze mit. »Da wo ich hinfliege, ist es noch Winter. Der See liegt zwar im Süden, doch recht hoch. Da liegt der Schnee eben länger.«
»Guten Flug.«
»Danke.«
Wladimir war froh, dass es so schnell mit dem Hubschrauber geklappt hatte. Er wusste zwar nichts Genaues. Dafür horchte er auf seine innere Stimme, und sie sagte ihm, dass es für Karina Grischin und John Sinclair gar nicht gut aussah…
***
Luft - Wasser - Luft?
Das war doch nicht möglich. Das war ein Traum. So etwas konnte es nicht geben.
Ich hatte nicht mehr an mich halten können und den Mund weit aufgerissen, um zu atmen. Nein, es war unmöglich. Ich bekam unter Wasser keine Luft. Ich war schon längst ertrunken und bildete mir einfach nur ein, atmen zu können.
Es stimmte. Es war keine Einbildung. Ich atmete tatsächlich Luft ein. Sie ›schmeckte‹ zwar etwas feucht, es kratzte auch in meiner Kehle, aber ich war nicht ertrunken, sondern lebte. Genau das musste erst einmal in meinen Kopf.
Ich lebte! Ich lag auf dem Rücken. Unter mir befand sich ein weicher Boden. Ich konnte mich bewegen. Ich war okay. Ich hatte keine Probleme. Der gewaltige Druck aus meinem Brustkasten war verschwunden. Es ging mir nicht nur besser, es ging mir sogar wunderbar, und beinahe hätte ich gelacht.
Es war ein unbeschreibliches Gefühl, dem Sensenmann im letzten Moment entkommen zu sein.
Bisher hatte ich mich noch nicht getraut, die Augen zu öffnen. Für mich stand nur fest, dass ich nicht mehr im Wasser lag und mich auch nicht auf dem Boot befand. Es war zum Kentern gebracht worden, ich war in die Tiefe gesunken und auf dem Grund des Sees gelandet. Soweit so gut. Alles klar. Ich konnte mich auch freuen. Aber warum, zum Henker, war ich nicht ertrunken? Was hatte es hier gegeben? Was war überhaupt alles vorgefallen?
Ich konnte mich nicht erinnern, bewußtlos geworden zu sein. Auch nicht, als ich den Grund erreicht hatte. Ich hatte noch den Mund geöffnet, weil es nicht mehr anders ging, und dann musste etwas passiert sein, das meiner Kontrolle
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