1152 - Gespensterwelt
werde ich dir beweisen. Roi Danton wird bald eintreffen, und der kann das bestätigen."
Als der Name des Hanse-Sprechers fiel, überkam es Ortho siedend heiß. Aber dann sagte er sich, daß ihm auch Danton nichts anhaben konnte, wenn er nur bei der Version blieb, daß er zu den Wächtern der Erde gehörte. Die Mannschaft der RAKÄL WOOLVER war fast 10 Monate weg gewesen und hatte keine Ahnung von den Geschehnissen im Solsystem.
„Ich lasse mich nicht täuschen", sagte Ortho ausweichend.
Taurec hatte ihn gezwungen, mit ihm einen Raum seines Gefährts aufzusuchen. Ortho war entwaffnet, aber sonst wurde er von Taurec nicht weiter behindert. Das Schlimmste, was er zu befürchten hatte, war eine Gehirnwäsche. Aber wenn der tigeräugige Fremde ein Freund der Terraner war, würde er nicht soweit gehen. Und das machte Ortho selbstsicher. Dennoch kam er ganz schön ins Schwitzen. Doch er hoffte, daß der andere dieses Verhalten auf seine eigene Fremdartigkeit zurückführte.
„Ich werde aus dir nicht klug", sagte Taurec. Er lachte unvermittelt kurz auf, wurde aber sofort wieder ernst. „Schade, daß Asco nicht hier ist. Er könnte durch Kinesik vielleicht herausfinden, ob du mir etwas vormachen willst. Weißt du etwas über den Verbleib dieses jungen Mannes mit rotem Haar und von meiner Statur?"
Ortho schüttelte den Kopf.
„Soviel ich weiß, ist ein Mann dieser Beschreibung keinem von uns Wächtern begegnet", sagte er. „Wir hielten uns bisher im Hintergrund. Ist er auch ein Diener von Vishna?"
Taurec ging darauf nicht ein. Statt dessen sagte er: „Ich möchte von dir nur ein paar Informationen, durch die deine Schweigepflicht bestimmt nicht verletzt wird. Wenn du sie mir nicht freiwillig gibst, werde ich sie mir auf andere Weise holen, ob du nun mentalstabilisiert bist oder nicht. Traust du mir das zu?"
Taurec blickte ihn mit seinen Tigeraugen durchdringend an, daß Ortho angst und bang wurde. Er glaubte ihm, daß er seine Drohung wahrmachen konnte.
„Ich kann dir bestimmt nicht weiterhelfen", sagte Ortho krächzend. „Ich bin kein Eingeweihter, nur ein kleiner Wächter."
„Aber du weißt, was auf Terra passiert ist", sagte Taurec. „Was ist aus den Erdenbewohnern geworden?"
„Vishna hat sie entführt", antwortete Ortho, getreu der Geschichte, die Galt ihm eingetrichtert hatte. „Aber das müßtest du als Vishnas Diener wissen, Taurec. Alles, was von den über zehn Milliarden übriggeblieben ist, sind ein paar unruhige Geister."
Taurec nickte zufrieden, das Gehörte schien in das Bild zu passen, das er sich selbst gemacht hatte.
„Und was hat es mit den Vakuumlöchern auf sich, die sich überall bilden?" erkundigte er sich.
„Vishna hat angedroht, die Erde regelrecht in Stücke zu schneiden", antwortete Ortho.
„Und jetzt macht sie diese Drohung wahr."
Wieder nickte Taurec, bevor er unvermittelt fragte: „Wieso kommt es eigentlich, daß die Erde nicht auf ihrem Platz steht, sondern auf der gegenüberliegenden Seite der Sonne?"
„Als ob dir das nicht bekannt wäre!" rief Ortho aus, um Zeit zu gewinnen und seine Antwort zu formulieren. „Erst durch diese Ortsversetzung von Terra und Luna war es Vishna möglich, die Bewohner beider Himmelskörper zu kidnappen. Die Details kennst du sicher besser als ich. Und du könntest mir auch sagen, wie ek zu dem globalen technischen Blackout kam."
Dieser Zusatz fiel Ortho erst im allerletzten Moment ein, und er war darüber sehr stolz.
Damit glaubte er seine Geschichte abgerundet und davon abgelenkt zu haben, daß es sich hier um eine Pseudoerde handeln konnte.
„Ich will deine Angaben gar nicht überprüfen, das sollen andere tun", sagte Taurec. Er blickte Ortho durchdringend an und fügte hinzu: „Jetzt möchte ich etwas ganz anderes von dir wissen. Du sollst mir nur noch diese eine Frage beantworten, dann lasse ich dich frei, und du kannst tun, was du willst. Paß gut auf! War er hier?"
„Wer?" hörte sich Ortho fragen. Aber statt einer Antwort, fixierte Taurec seinen Blick nur noch eindringlicher mit seinen Tigeraugen.
Ortho sah, wie der unheimliche Fremde irgend etwas von seinem Gürtel abnahm und daran hantierte. Dann explodierte irgend etwas in seinem Kopf. Ihm war, als würde man sein Innerstes nach außen kehren. Sein Geist wurde ausgepreßt, durcheinandergewirbelt und gesiebt. Nachher hätte er nicht sagen können, was wirklich mit ihm passiert war. Er fühlte nur eine dumpfe Leere in sich, die sich allmählich erst mit Erinnerungen zu
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