1152 - Prinzessin Blutleer
nirgendwo anders.«
»Gunhilla.«
»Möglich.«
»Und lebendig begraben«, flüsterte Morris. »Die Tür ist von außen aufgebrochen worden. Alles sah sehr frisch aus. Man hat sie die langen Jahre schmachten lassen und nun befreit. Verdammt, ich habe es geahnt. Ich hatte den richtigen Riecher.«
»Den spricht Ihnen auch niemand ab.«
Nach dieser Antwort kümmerte sich Bill nicht weiter um den Mann, weil er Ruhe haben wollte, um den Steinboden abzuleuchten. Er hatte die Schale nicht vergessen und leuchtete auch jetzt auf sie, ebenso wie gegen den Deckel. Er glaubte nicht, dass die Schale einfach nur so dahin gestellt worden war. Die hatte schon eine Bedeutung. Von der Seite her ließ er den Lichtkreis direkt hineinfallen und entdeckte auch die dunkleren Flecken auf dem ansonsten glatten Boden. Diese Spuren hatten nicht völlig entfernt werden können.
Dave Morris war näher getreten und hielt sich dicht neben dem Reporter auf. »Was ist das?«
»Keine Ahnung. Ich weiß auch nicht, wozu die Schale gut war und als was sie gedient hat.«
»Aus ihr kann man essen.«
»Und trinken«, fügte der Reporter lächelnd hinzu, bevor er sich bückte. Er hatte vorgehabt, eine Fingerkuppe über den Boden der Schale zu führen, doch darauf verzichtete er, denn die etwa gleichen Flecken wie im Gefäß sah er auch dicht daneben auf dem Boden.
Sie waren dunkler als der Untergrund.
Bill tippte mit seiner linken Zeigefingerspitze dagegen und rührte ihn einmal auf der Stelle. Eine starke Kruste hatte er nicht zu durchbrechen brauchen. Als er den Finger anhob, strahlte er ihn mit seiner Lampe an.
Die Kuppe war rot.
So rot wie das Blut eines Lebewesens.
Dave Morris stand mit offenem Mund neben ihm. Natürlich hatte auch er die Farbe an Bills Fingerkuppe gesehen. Er war zunächst nicht in der Lage, einen Kommentar abzugeben. Als er dann überwunden hatte, fragte er nur: »Ist das Blut?«
»In der Tat.«
Morris schluckte. »Von wem? Von ihr? Von der Gefangenen?«
»Nein, das glaube ich nicht. Wenn alles so wäre, überlegen Sie mal, wie lange die Person in diesem Verlies bis zu ihrer Befreiung ausgehalten hätte. Da ist sie längst gestorben, vermodert und auch verwest. Wir hätten eigentlich ein Skelett vorfinden müssen.«
Morris gab Bill Recht. »Ja, eigentlich, Mr. Conolly. Und genau das ist das Problem.«
»Sie werden lachen, aber das sehe ich ein. Es ist wirklich zu einem Problem geworden. Ich gehe mal davon aus, dass es sich hier um fremdes Blut handelt.«
»Von dem Befreier.«
»Kann auch sein, muss aber nicht, denn ich will die Schale noch irgendwo unterbringen. Wenn Sie genau hinschauen, sehen Sie dort noch einige dunkle Flecken. Ich gehe davon aus, dass es ebenfalls Blut ist. So kommen wir zu einem Fazit.«
»Sie meinen, dass jemand eine Schale mit Blut in das Verlies hier gebracht hat?«
»Ich schließe es nicht aus.«
Dave Morris schwieg in den folgenden Sekunden. Er musste sich erst wieder sammeln.
»Das alles hier ist so unverständlich«, flüsterte er, »aber irgendwie erhält es schon einen gewissen Sinn. Wenn jemand hier lebendig begraben wurde, dann ist eine andere Person gekommen und hat diese Gunhilla wieder erweckt.« Er starrte Bill an. »Und zwar mit Blut - oder?«
»So ist es.«
»Wen kann man denn damit erwecken?« hauchte Morris.
»Einen Vampir, zum Beispiel.«
Bill bereute seine Antwort fast, als er sah, wie stark Dave Morris zusammenzuckte.
»Glauben Sie daran?«
Der Reporter gab ihm keine Antwort. Er hob nur die Schultern. »Wie sollten diese ungastliche Stätte jetzt verlassen, denke ich. Danach sehen wir weiter.«
»Dafür bin ich auch - ehrlich. Aber haben Sie vergessen, weshalb wir hergekommen sind?«
»Auf keinen Fall. Nur steht fest, dass die Person, die hier einmal gefangen gehalten worden ist - immer vorausgesetzt, dass alles stimmt - nicht mehr in ihrem Verlies steckt. Sie ist verschwunden, und wir werden sie woanders suchen müssen.«
»In… im… Schloss?«
»Keine Ahnung. Der Weg in die Freiheit ist ihr ja nicht versperrt.«
Dave Morris nickte. »Ich habe jedenfalls ein verdammt komisches Gefühl, Mr. Conolly. Ehrlich, es ist mir alles andere als Recht.«
»Haben Sie die Geister nicht gerufen?«
»Ja, ja, das schon. Nur fühle ich mich nicht wie ein Zauberlehrling. Das will ich einfach nicht.« Er stöhnte auf und schüttelte den Kopf. »Kommen Sie. Ich hasse dieses Verlies, und ich weiß schon jetzt, dass ich das Objekt nicht kaufen werde.« Er stand an der
Weitere Kostenlose Bücher