1152 - Prinzessin Blutleer
Waffe mitgenommen zu haben. Noch hatte er sie nicht gezogen. Er würde es tun, wenn es nötig war.
Der Burgenkäufer wartete noch auf der letzten Treppenstufe auf ihn. Er wurde etwas ruhiger, als Bill sagte: »Sie brauchen keine Sorge zu haben. Hier hält sich unsere Freundin nicht auf.«
»Zum Glück. Wir hätten auch fliehen können.«
»Das stimmt.«
Bill Morris behielt die Führung. Er ging langsam die Stufen hoch und versuchte so wenig Geräusche wie möglich zu verursachen.
Dave Morris versuchte, sich zusammenzureißen und nicht so heftig zu atmen. Immer wieder flüsterte er etwas vor sich hin wie jemand, der sich selbst Mut machen will.
Sie hatten das Ende der Treppe bald erreicht. Die Lampen schalteten sie auf Bills Geheiß hin aus. Sie warteten und spähten in die Dunkelheit hinein, die ihnen wie ein dunkles Meer vorkam. Es gab jetzt kein Licht mehr. Kein Funke, keine Flamme, die sich einen Weg durch die Finsternis gebahnt hätte. Hinzu kam die Stille, die sich wie ein dichter Sack über den Raum gelegt hatte.
»Wo… wo… ist sie?«, flüsterte Morris dicht an Bills Ohr.
»Vampire lieben die Dunkelheit.«
»Aber ich nicht.«
»Sie können auch nicht sehen.«
»Wissen Sie was, Mr. Conolly? Ich will sie gar nicht finden. Nein, ich will diese Gunhilla einfach nicht sehen. Ich hasse sie, ich kann es nicht, ich…«
»Was wollen Sie denn?«
»So schnell wie möglich verschwinden. Nennen Sie es Flucht. Nennen Sie es Angst, wie auch immer. Aber ich kann nicht länger in diesem verdammten Bau bleiben. Ich will nicht, dass man mir mein Blut aussaugt. Das müssen Sie doch verstehen!«
»Alles klar.«
»Kommen Sie mit?«
»Wahrscheinlich nicht.«
Morris fasste Bill hart an. »Mann, sind Sie wahnsinnig? Die macht Sie fertig.«
»Oder ich sie!«
Wieder staunte er mit offenem Mund. »Nein, Mr. Conolly, das meinen Sie nicht ernst oder?«
»Doch, ich meine es ernst. Davon abgesehen, Ihre Idee ist wirklich nicht schlecht. Wenn Sie fliehen, habe ich freie Bahn. Ich bin davon überzeugt, dass Gunhilla Blut trinken will. Sie muss es haben, um existieren zu können. In der Schale ist zwar auch Blut gewesen, aber meiner Ansicht nach zu wenig. Sie wird, davon gehe ich aus, verdammten Hunger haben.«
Dave ging noch nicht. Er schüttelte den Kopf und winkte dabei heftig ab. »Ich kann das alles nicht fassen. Und soll ich Ihnen noch etwas sagen, das mir soeben einfiel?«
»Bitte.«
»Mir fiel ein, dass man sie früher immer Prinzessin genannt hat. Den Grund kenne ich nicht. Wahrscheinlich, weil sie so schön wie eine Prinzessin gewesen ist. Prinzessin, überlegen Sie mal und denken Sie daran, was jetzt aus ihr geworden ist.«
»Prinzessin Blutleer«, murmelte Bill.
»Was sagten Sie?«
»Ach, vergessen Sie es. Es war nur ein Vergleich, der mir durch den Kopf schoss.«
»Gut, Sie haben Recht.« Morris holte noch einmal tief Luft. »Was soll ich Ihrer Meinung nach jetzt tun?«
»Laufen. Rennen Sie. Es ist dann Ihre einzige Chance, wieder von hier zu verschwinden. Sie müssen schneller sein als die verdammte Blutsaugerin.«
»Und Sie bleiben tatsächlich.«
»Ja.«
Morris überlegte noch. Er biss sich dabei auf die Lippen. Beide Männer schauten nach vorn. Da ihre Augen an die Dunkelheit gewöhnt waren, sahen sie, dass sich nichts verändert hatte. Alles war so geblieben. Selbst die Eingangstür stand noch offen, und durch sie sickerte das allmählich immer grauer werdende Licht des scheidenden Tages in das kleine Schloss hinein. Es lag dicht hinter der Tür wie eine schmale Matte.
Zur Flucht kam es nicht. Die Blutsaugerin meldete sich wieder. Abermals hörten sie das Lachen. Und diesmal erkannten beide, woher es sie erreichte.
»Die steht auf der Treppe!« hauchte Bill.
»Wo denn?«
»Auf der, die nach oben führt.«
Morris schloss für einen Moment die Augen. »Soll ich… soll ich trotzdem laufen?«
»Nein, noch nicht. Ich habe das Gefühl, dass sie etwas von uns will. Erst mal abwarten.«
Das Gelächter war nur kurz aufgeschallt und auch rasch wieder verstummt. Bill konnte sich vorstellen, dass ihre Feindin jetzt auf eine Blöße von ihnen lauerte. Aber wenn sie auf der Treppe stand, musste sie erst noch die Stufen hinter sich lassen, bis sie den Grund erreicht hatte. Das war ihre Chance.
»Sie werden gehen, und ich halte die Person in Schach. Aber bitte, Mr. Morris, rennen Sie nicht. Tun Sie mir den Gefallen und halten Sie sich zurück.«
»Ja, das mache ich dann.«
Bill war wieder der
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