1152 - Prinzessin Blutleer
Erste, der sich bewegte. Sein Vorhaben, ebenfalls schnell zu laufen, hatte er aufgegeben. Beide Männer schlichen aus dem Hintergrund der unteren Etage in Richtung Tür und verließen auch den Schutz der Treppe.
Ob sie von oben schon gesehen wurden, war Bill nicht klar. Das brauchten Blutsauger auch nicht. Sie waren in der Lage, die Menschen zu riechen, und genau das würde bei ihnen hier auch der Fall sein. Darauf ging er jede Wette ein und auch darauf, dass sie es mit einem weiblichen Vampir zu tun hatten, obwohl sie die Gestalt noch nicht zu Gesicht bekommen hatten, doch alle Spuren wiesen darauf hin.
Sie kamen weiter. Bill hatte seine Waffe noch nicht gezogen, weil er die Lampe festhielt.
Sie schien nicht mehr. Die Männer glitten als Schatten durch die Dunkelheit, und sie versuchten auch zu schleichen, was nicht so einfach war. Es gab leider kein lautloses Gehen für sie. Bill war sicher, dass die Prinzessin sie hören würde.
Den Schutz und die Dunkelheit der unteren Treppenseite hatten sie verlassen. Es gab jetzt keine Deckung mehr auf dem Weg zur Tür, die noch immer offen stand.
Bill steckte die Lampe weg. Dafür zog er seine Pistole. Das bedachte Morris mit einem schrägen Seitenblick. Er sagte aber nichts, weil er genug mit sich selbst zu tun hatte.
Mit der freien Hand gab Bill ihm die entsprechenden Zeichen. Am Fuß der normalen Treppe sollte er starten und dann so rasch wie möglich nach vorn auf die Tür zu laufen.
Morris nickte.
Sie mussten noch wenige Schritte gehen, um genau die Stelle zu erreichen.
Schräg vor ihnen und an der linken Seite sahen sie das Treppengeländer.
Dahinter die Stufen, aber die Gestalt, die nach Blut lechzte, sahen sie nicht.
»Achtung!« hauchte Bill.
Morris nickte nur.
Sie waren gerade zwei Schritte gegangen, als sich alles änderte.
Diesmal hörten sie kein Gelächter, sondern von der Treppe her das schnelle Poltern von Schritten. Damit war ihr Plan zunichte gemacht worden, denn jetzt mussten sie sich um die Gestalt kümmern, die nach unten lief.
Bill ließ Dave Morris stehen. Zwei Sekunden später hatte er den Beginn der Treppe erreicht. Er schaute hoch, hatte auch die Beretta angehoben, aber er drückte noch nicht ab, denn seine Augen weiteten sich vor Staunen.
Gunhilla kam.
Sie jagte die Stufen hinab. Sie war ein heller Schatten, denn sie trug ein helles Kleid, das beinahe so aussah wie das Outfit einer Tänzerin. Wahrscheinlich hatte sie es irgendwo im Haus gefunden und sich wieder an alte Zeiten erinnert.
Sie flog Bill wie ein bleiches Gespenst entgegen, und sie bewegte plötzlich ihre rechte Hand, aus dem sich im gleichen Moment etwas löste. Bill hatte den schweren Gegenstand nicht erkannt. Er warf sich zur Seite, um ihm auszuweichen. Er hatte sich benommen wie ein Anfänger und wusste, dass er seine Schusschance vertan hatte.
Etwas Hartes erwischte ihn an der linken Kopfseite. Es war ein Schlag wie von einem Hammer geführt. Bill hatte das Gefühl, auseinander zu fliegen. Er sah Sterne, fiel zu Boden, rutschte darüber hinweg und betete nur darum, nicht bewusstlos zu werden. Dann wäre er eine ideale Beute…
***
Dave Morris hatte fliehen wollen. Es war alles besprochen, auch wenn sich die Lage verändert hatte.
Es war ihm nicht mehr möglich. Jemand schien ihn schockgefroren zu haben. Da dies nicht stimmte, sah er als Grund des Zögerns nur die Gestalt der Frau an, die auf der Treppe erschienen war.
Sie war ein Mensch, sie sah zumindest so aus, auch wenn sie durch die Bleichheit, die sich von der Dunkelheit abhob, etwas Gespenstisches an sich hatte.
Und selbst Bill Conolly hatte sich von dem Anblick faszinieren lassen. Er stand vor der Treppe, er hatte auch seine Waffe gezogen, doch er schoss nicht. Die Unperson war einfach zu plötzlich aufgetaucht. Sie hielt noch etwas in der rechten Hand, die sie bereits angehoben hatte. Auch Dave Morris konnte nicht erkennen, was sie da festhielt, aber der Gegenstand raste plötzlich durch die Luft.
Er flog auf Bill Conolly zu.
Der tauchte weg. Er versuchte es zumindest, was ihm nicht gelang. Der Gegenstand traf ihn zwar nicht voll, aber er erwischte ihn seitlich am Kopf, und die Wucht war so stark, dass Bill sich nicht mehr auf den Beinen halten konnte. Er wurde zu Boden geschleudert und rutschte noch darüber hinweg, ohne es zu schaffen, wieder auf die Beine zu gelangen.
Die Waffe lag weiter von ihm weg, und jetzt erkannte Dave Morris auch, was es war.
Ein großes Beil!
Furcht kann nicht springen,
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