1153 - Die Gruftie-Girls
Menschen zugänglich, aber das auch nicht richtig, sondern auf der Seite der Gefühle stehend.
Es gab Personen, die Engel spüren oder fühlen konnten. Sie waren nahe bei ihnen. Sie gaben ihnen Zeichen. Sei es nun durch den Geruch oder andere Botschaften, die sie über Träume den Menschen schickten.
Diese Engel hatten nichts mit denen zu tun, die wir jagten. Sie standen auf einer völlig anderen Seite, denn unsere waren den Menschen feindlich gesonnen. Engel der Sünde, nicht des Glücks oder Vertrauens.
Sie wollten die Sünde in die Welt bringen und suchten dafür die entsprechenden Helfer. In Elmar Gentry hatten sie einen gefunden. Für mich war er mehr als ein Helfer der beiden gewesen, er hatte irgendwie schon zu ihnen gehört. Da brauchte ich nur an die Augen zu denken.
»Ich denke da an das Plakat, John«, sagte Suko und riss mich aus meinen Gedanken.
»Warum?«
»Weil ich mich frage, ob diese beiden Schwestern tatsächlich so aussehen wie dort.«
»Warum nicht?«
»Ist es ihre alte Gestalt? Oder eigentliche Gestalt? Oder haben sie sich nur angepasst? Wir hatten schon öfter mit Engeln zu tun, das brauche ich dir nicht zu sagen. Sie müssen nicht alle so aussehen wie Belial oder Raniel, aber ich stelle mir schon vor, dass sie sich den Menschen angeglichen haben.«
»Da widerspreche ich nicht.«
»Wie sehen sie dann wirklich aus?«
Ich lachte. »Warum bist du so neugierig, Suko? Wenn mich mein Gefühl nicht täuscht, dann werden wir heute Nacht eine Antwort darauf finden. Mehr müssen wir doch nicht - oder?«
»Nein. Dennoch will ich es wissen. Ich entstamme einem anderen Kulturkreis. Mit Engeln in dem Sinne habe ich nie viel zu tun gehabt, obwohl es ähnliche Kräfte gibt.« Er räusperte sich und betätigte den Blinker, um links abzubiegen. »Mich würde wirklich interessieren, aus welch einer Welt sie stammen. Es ist eine für uns nicht sichtbare Sphäre, aber wie sieht sie aus? Welche Gesetze herrschen dort? Ist es die Hölle, um es allgemein zu sagen?«
»Luzifers Einfluss.«
»Sein Thron? Wobei ich das alles sinnbildlich verstehe?«
»Auch.«
»Wieso?«
Ich musste lachen. »Du kannst fragten. Das ist mir wirklich neu an dir.«
»Vielleicht will ich dich wach halten. Aber um auf Luzifer zurückzukommen, ja, da gebe ich dir Recht. Es ist seine Sphäre. Es ist seine mächtige Welt. Es ist das Urböse, und es hat sich eine Parallelwelt erschaffen, bei der hin und wieder ein Tor geöffnet wird. So sehe ich das.«
Suko nickte. Er lächelte auch und sagte: »Du hast trotzdem noch etwas vergessen.«
»Was?«
»Die Kreaturen der Finsternis.«
»Haha.« Ich lachte auf. Jetzt wusste ich, worauf mein Freund Suko hinauswollte. Die Kreaturen der Finsternis. Die Urdämonen, die es schon gegeben hatte, als an Menschen noch nicht zu denken war. Ein Erbe des Urbösen, von Luzifer, dem ersten gefallenen Engel geleitet, der gottgleich hatte werden wollen und es nicht geschafft hatte. Aber er hatte in der ewigen Verdammnis nicht aufgegeben und seine Gedanken und Pläne weiter verfolgt. So waren ihm die Kreaturen der Finsternis geblieben, und er hatte es geschafft, sie menschengleich zu machen. Sie waren tatsächlich nicht von einem normalen Menschen zu unterscheiden, aber sie hatten so etwas wie ein Zweites Gesicht und auch ihre ursprüngliche Gestalt.
Es war uns schon öfter gelungen, diese Gestalten hervorzulocken. Sie waren jedes Mal ein Zerrbild des Schreckens gewesen. Schlimmer und grausamer hatte man sich ein Monstrum nicht vorstellen können. Ihre wahren Gesichter waren Bilder, wie sie nur von kranken Menschen in schlimmen Alpträumen geschaffen werden konnten.
Dass ich nichts sagte, gefiel meinem Freund nicht. »Ich habe ja nur gemeint, John, dass wir uns nicht zu sehr auf den Begriff Engel konzentrieren, sondern auch an die Kreaturen der Finsternis denken sollten. Ich habe mich darüber gewundert, dass der Begriff noch nicht über deine Lippen gekommen ist.«
»Man kann nicht an alles denken. Ich war eben zu sehr auf die Engel fixiert. Daran glaube ich auch weiter. Auf sündige Engel, die gekommen sind, um die Menschen auf eine raffinierte Art und Weise zu verführen, so dass sie gar nichts davon merken. Wäre das ein Punkt, bei dem du mir zustimmen könntest?«
»Auch.«
»Dann bin ich zufrieden.«
Durch unser Gespräch waren wir von den Tücken des dichten Verkehrs abgelenkt worden. Wer denkt, dass nur die City of London unter Verstopfung leidet, der irrt sich. Auch in der Hafengegend,
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