1153 - Hölle auf Erden
seit gestern fünf Kilo abgenommen."
„Gestern?" fragte Assaile.
„Ja, du hast es mir selbst erzählt, Assai."
Booker erschrak.
„Fünf Kilo in nur vierundzwanzig Stunden! Das ist mehr als ungewöhnlich. Assai, ich möchte dich gründlich untersuchen!"
Er wußte zwar durch Bull, daß sich die Schleimklümpchen nicht anschneiden ließen und daß eine Entfernung den Tod bedeutete, aber er konnte wenigstens eine Blutuntersuchung durchführen und alle Körperfunktionen durchchecken. Irgend etwas mußte getan werden!
„Rühr mich nicht an!" sagte Assaile, als er sich ihr näherte. „Ich lasse mich nicht von einem Menschen berühren!"
So, wie sie das Wort „Menschen" aussprach, klang es wie ein Schimpfwort. Booker erschrak noch stärker. Eine dumpfe Ahnung ergriff von ihm Besitz.
„Was ist los mit dir?" erkundigte sich Ginger mitfühlend und legte einen Arm um Assailes Schultern.
Seltsamerweise ließ sie das geschehen.
„Ginger darf dich berühren, ich nicht", sagte Booker. „Ist sie etwa kein Mensch?"
Assaile starrte ihn mit glitzernden Augen an, sagte aber nichts.
Booker starrte zurück - und zuckte zusammen, als der Visiphonmelder seines Schwebesessels summte.
Er schaltete das Gerät ein.
Auf dem Schirm erschien das Abbild von Galbraith Deighton.
„Booker Tern?" fragte der Gefühlsmechaniker. „Ich bin Galbraith Deighton."
„Ich weiß", erwiderte Booker. „Was kann ich für dich tun?"
„Hast du Bully gesehen?" erkundigte sich Deighton. „Reginald Bull."
„Er war noch vor wenigen Minuten bei mir", antwortete Booker. „Wahrscheinlich ist er unterwegs zum Schiff."
„Dann müßte er sich auf unser Alpha-Signal mit seinem Telekom oder Minikom melden", erklärte Deighton. „Würdest du bitte nachforschen, wo er geblieben ist?"
„Ich?" fragte Booker erstaunt. „Was könnte ich denn schon tun, Gal? Ich bin ein gelähmter Krüppel. Warum läßt du nicht jemanden aus Bullys Schiff nach ihm suchen?"
„Weil dort irgend etwas nicht stimmt", antwortete Deighton sichtlich nervös. „Ich weiß, daß unter dem Untersuchungsteam und unter der Schiffsbesatzung Befallene sind, und einige Vorfälle hier in Terrania haben gezeigt, daß diese Leute irregulär reagieren.
Anscheinend halten sie sich nicht mehr für Menschen, sondern für etwas anderes. Wir wissen noch nicht mehr, aber ich fürchte, daß Bully sich in Gefahr befindet."
„Nicht mehr für Menschen", wiederholte Booker und spürte, wie sich eisige Kälte in seinem Körper ausbreitete. Zwanghaft starrte er Assaile an. „Oh, Gott!"
„Ich habe nichts getan!" schrie Assaile hysterisch. „Aber dieser Mensch hat recht. Wir Dordon haben mit euch nichts mehr gemein."
„Wer war das?" fragte Deighton mit belegter Stimme.
„Meine Lebensgefährtin", antwortete Booker. Plötzlich wurde er von Angst überwältigt.
„Hilfe! Gal, du mußt uns helfen!"
„Ich würde es, wenn ich könnte", sagte Deighton bitter. „Aber hier geht alles drunter und drüber. Wir im HQ-Hanse brauchten dringend Hilfe, aber es sind zu wenige Menschen, die sich freiwillig gemeldet haben."
Booker duckte sich, denn er faßte die Bemerkung als Anschuldigung auf, und er erkannte mit einem Mal, in welch schäbiger Weise er sich vor Verantwortung gedrückt hatte. Er war zwar nur ein Krüppel mit äußerst geringer Lebenserwartung, aber anstatt den kümmerlichen Rest seiner Kräfte der Allgemeinheit zur Verfügung zu stellen, hatte er sich in seinem Bungalow verkrochen und sein Leiden kultiviert.
„Ich werde Bully suchen!" rief er.
Doch da hatte Galbraith Deighton die Verbindung schon unterbrochen.
*
Booker stöhnte und suchte Assaile mit den Augen. Sie stöberte in einem Wäscheschrank herum.
„Was suchst du?" fragte er.
Sie antwortete nicht, und Ginger zuckte nur die Schultern.
„Komm bitte her, Ginger!" sagte Booker.
Mit fragenden Augen kam sie zu ihm.
„Bitte, heb deine Arme!" forderte er sie auf.
Sie gehorchte. Da sie nur eine Bluse mit kurzen Ärmeln trug, brauchte er nicht viel zu tun, um ihre Achselhöhlen sehen zu können. In jeder glitzerten sechs schleimig aussehende Klümpchen.
„Deshalb ließ sie sich von dir berühren, aber nicht von mir", stellte er tonlos fest. „Du gehörst zu den Dordon, nur ist es dir noch nicht bewußt. Wahrscheinlich wurdest du später als sie befallen. Aber du wirst bereits Gewicht verloren haben - wie anscheinend alle Befallenen. Etwas verläßt euch, und ich ahne auch, wohin es geht. Ich weiß nur nicht,
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