1153 - Hölle auf Erden
mußte, eine zweite Sonne aufgehen sah.
Jemand mußte eine Nukleonbombe gezündet haben, wahrscheinlich aus der Ladung der Kogge.
Ginger schrie gellend und schlug die Hände vors Gesicht.
Booker wußte, daß ihm nur Sekunden blieben. Er entdeckte schräg voraus ein großes Wasserreservoir, steuerte den Gleiter über die Oberfläche, bremste voll ab und schaltete auf Antigravumkehr. Das Fahrzeug sackte durch und versank wie ein Stein im Wasser.
Im nächsten Moment wurde der obere Teil freigelegt, als die Druckwelle der Explosion das Wasser bis in eine Tiefe von zirka zwei Metern wegschob. Durch das transparente Kanzeldach sah Booker Trümmerbrocken und Staub über die Landschaft fegen. Als das vorbei war, ächzte und knirschte die Gleiterzelle unter dem Sog des draußen herrschenden Unterdrucks.
Dann kam die unvermeidliche Implosion. Von allen Seiten stürzten Luftmassen heran und brachten abermals Trümmer und Staub mit. Das Fahrzeug wurde von Wassermassen begraben. Mit einem scharfen Knall barst das Kanzeldach.
Schnell schaltete Booker von Antigravumkehr auf Antigrav. Der Gleiter schnellte gleich einem Korken empor und tanzte auf der aufgewühlten Wasseroberfläche. Im Nordwesten verdunkelten die ins Implosionszentrum stürzenden Luft-, Staub- und Trümmermassen gnädig die Stätte der absoluten Vernichtung.
Booker warf einen Blick auf das Areal der Agrostadt. Sie war nur bis auf die Grundmauern eingeebnet und seltsamerweise frei von Trümmern. Die Druckwelle der Explosion und danach die Implosionswelle mußten die Trümmer der Gebäude über die halbe Massai-Steppe verstreut haben.
Erschaudernd startete Booker Tern den Gleiter und ging wieder auf Südostkurs. Er verstand erst jetzt richtig, warum die Verantwortlichen von LFT und Hanse nicht mit Transformbomben gegen die Parasitär-Enklaven vorgingen. Die Explosion am Manyara-See war nur von einem relativ kleinen nuklearen Sprengkörper verursacht worden. Eine Transformbombe hätte dagegen zwischen Viktoria-See und Indischem Ozean nur eine bis in Hunderte Metern Tiefe verbrannte Schlackenwüste zurückgelassen.
*
Als Daressalam nur noch rund fünfzig Kilometer entfernt war, tauchten in Booker Zweifel auf, oh die Stadt überhaupt noch frei war.
Er hatte unterwegs mehrere Ortschaften gesehen, um die heftig gekämpft wurde und einige, in denen Bewaffnete durch die Straßen patrouillierten. In keinem Fall war zu erkennen gewesen, wer angriff und wer sich verteidigte und wer als Besatzungsmacht fungierte. Auf jeder Seite gab es mehr Zivilisten als Uniformierte.
Es konnte ihm also durchaus passieren, daß er in Daressalam landete und zu spät merkte, daß dort die Dordon regierten. Das würde seine Pläne zunichte machen. Vor allem aber würde Reginald Bull in die Gewalt der Befallenen geraten.
Er schaltete den Verkehrsfunk ein - in der Erwartung, daß über ihn am ehesten Informationen zu bekommen wären.
Er erlebte zuerst eine Enttäuschung, denn auf der Frequenz des Verkehrsfunks sendeten mehr als ein Dutzend Stationen. Befallene riefen Befallene auf, sich an bestimmten Orten zu sammeln, Nichtbefallene ermunterten zum Widerstand oder gaben bekannt, wo bewaffnete Verbände der Dordon gesehen worden waren. In Morogoro hatte eine Gruppe den „heiligen Krieg" gegen die Dordon ausgerufen und forderte alle Nichtbefallenen dazu auf, sich ihnen anzuschließen und alle Dordon zu töten.
Doch als Booker weitersuchte, bekam er klar und deutlich eine Sendung aus Daressalam herein. Ein Mann namens Digitalis Aura war vom HQ-Hanse als Beauftragter der Freien Region Daressalam und Umgebung eingesetzt worden und hatte mit Hilfe einer Spezialeinheit von Luna eine Bürgerwehr organisiert. Sie hatte einen Angriff von Dordon auf die Stadt zurückgeschlagen und griff zur Zeit einen Brückenkopf der Befallenen bei Bagamoyo an, der von Sansibar aus errichtet worden war. Aura ließ durch einen Sprecher alle Befallenen, die sich noch als Menschen fühlten, auffordern, sich in den nächsten Krankenhäusern zu melden. Gegen Dordon sollte möglichst nur mit Paralysatoren vorgegangen werden.
Dem konnte Booker nur voll und ganz zustimmen. Ein Mann wie Digitalis Aura, der auch in aussichtslos erscheinender Lage nicht die Nerven verlor und sich seine Menschlichkeit bewahrte, verdiente höchste Anerkennung. Booker hoffte, ihm in Daressalam zu begegnen.
Mit gestiegener Zuversicht setzte er den Anflug auf die Küstenstadt fort. Auf den letzten Kilometern sah er wieder Spuren von
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