1153 - Hölle auf Erden
der Sproß ab. Die Klümpchen jedoch blieben fest sitzen.
Kopfschüttelnd versuchte die Biologin mit einer Schere, den Sproß oberhalb des Klümpchens abzuschneiden. Als es nicht gleich gelang, drückte sie fester zu - mit dem Ergebnis, daß sich die Klingen der Schere gegeneinander verbogen.
„Das ist der Beweis, daß wir es mit etwas völlig Fremdartigem zu tun haben", stellte Eloia fest.
„Er ist tot!" rief jemand. „Der Löwe ist tot!"
Reginald Bull hatte das Gefühl, als richteten sich seine Haare steil auf. Für Sekunden verschwamm die Umgebung vor seinen Augen. Er taumelte, als er sich aufrichtete.
Niemand schien es zu sehen.
Zögernd ging er hinüber, wo der Mediziner mit einer Sonde über Kopf und Körper des Löwen fuhr, der schlaff und reglos im staubigen Gras lag. Sein Gesicht zeigte Verblüffung, als er die Sonde über dem Schädeldach anhielt und auf ein kleines Leuchtfeld sah.
„Keine Gehirnströme, nicht einmal ein Restpotential", erklärte er tonlos. „Als wäre das Gehirn abgeschaltet worden."
„Schließt das Tier an einen Kybermed an!" sagte ein anderer Mediziner zu zwei Helfern.
Als er Bulls fragenden Blick sah, erklärte er, auf ein Zebra deutend: „Es hatte ebenfalls solche Klümpchen in den Achselhöhlen der Vorderläufe. Ich habe zwei davon entfernt."
„Ich verstehe", sagte Bull. „Du befürchtest, das könnte einen Schock auslösen."
Der Mediziner nickte.
Die beiden Helfer hoben das Zebra mit einem Transportstrahl auf eine Antigravplattform und sprangen auf, dann schwebte die Plattform in Richtung Schiff davon.
„Seht euch das an!" sagte Eloia Sandel und deutete auf das Schleimklümpchen, das bei dem Löwen entfernt worden war.
Bull blickte hin.
„Es ist kleiner geworden, nicht wahr?"
„Ja", sagte Eloia, „und das umliegende Gewebe zerfällt."
Erschaudernd blickte Bull auf die Kuppel. Ihm war, als wäre sie wieder gewachsen.
„Ich schlage vor, wir alle lassen uns gruppenweise untersuchen", sagte er zu Eloia.
Die Untersuchungen wurden innerhalb des Schiffes durchgeführt. Als sie abgeschlossen waren, hatte man bei siebzehn von achtundsechzig Personen Schleimklümpchen in den Achselhöhlen gefunden.
Das Zebra lebte noch, aber seine Gehirnströme waren erloschen. Nur der Kybermed hielt Atmung und Blutkreislauf aufrecht. Bull ließ ihn abschalten.
Danach führte er ein Funkgespräch mit Galbraith Deighton und erfuhr, daß auf Terra inzwischen rund siebzigtausend Parasitär-Enklaven gefunden worden waren und auf Luna rund viertausend - und das im Vakuum seiner ungeschützten Oberfläche ebenso wie in den Kuppelstädten. NATHAN hatte sich in einen Paratronschutzschirm gehüllt; dennoch waren in seinem riesigen sublunaren Komplex dreizehn Kuppeln aufgetaucht. Und sämtliche Kuppeln wuchsen.
Reginald Bull ließ für Terra und Luna Großalarm geben und beschloß, mit den siebzehn Befallenen nach Terrania zurückzukehren, sie in eine Klinik zu stecken und unter Quarantäne zu stellen.
Aber vorher wollte er noch einmal mit Booker Tern reden und ihn dazu bewegen, sein Fachwissen und seine Erfahrung zur Verfügung zu stellen.
5.
„Wo ist Assaile?" fragte Booker ihre Kollegin Ginger Splash, die auf der Veranda stand und sich mit einem spinnwebenartigen Gebilde unterhielt, das unter dem Vordach hing und im Wind hin und her schaukelte.
„In ihrem Zimmer", antwortete Ginger. „Ich fürchte, sie fühlt sich nicht gut. He, willst du Dibbedob nicht begrüßen?"
Booker stoppte abrupt ab.
„Dibbedob?"
Ginger deutete mit dem Daumen auf das spinnwebenartige Gebilde, das sich bei näherem Hinsehen als kleiner halbdurchsichtiger Körper mit sechs spindeldürren Beinen, ebenso vielen Krallenfüßen und einem nach unten hängenden Kopf mit farbloser Haarmähne, farbloser Haut und roter Knollennase erwies.
„Dibbedob ist ein Trox", erklärte die Biologin. „Pele Williams hat ihn uns vermittelt. Er hat sich angeboten, gegen ein geringes Entgelt seinen Metabolismus untersuchen zu lassen."
„Pele?" fragte Booker geistesabwesend.
„Nein, ich", hauchte Dibbedob raschelnd. „Hallo, Boß!"
„Hallo, äh, Dibbedob!" erwiderte Booker. „Später, ja!"
Er wollte weiterhasten, doch seine Beine versagten wieder einmal ihren Dienst. Deshalb blieb ihm weiter nichts übrig, als seinen Schwebesessel zu rufen und sich von ihm zu Assailes Zimmer tragen zu lassen.
Sie reagierte nicht auf sein Anmeldesignal. Seine Sorge um sie war jedoch so groß, daß er die Tür entgegen
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