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1155 - Der Erwecker

Titel: 1155 - Der Erwecker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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Wo die beiden Verunglückten gelegen waren, herrschte eine Eiseskälte, die nur langsam abzog.
    Der Vorgang war unheimlich wie die Erweckung. Der Hanse-Sprecher mußte so schnell wie möglich Meldung machen.
    „Entweder steht uns etwas Schreckliches bevor, oder die Rettung ist nahe", rief er aus.
    Dann eilte er zu seinem Gleiter, der am Talrand zwischen zwei Baumgruppen stand.
     
    *
     
    Le So Te wanderte weiter. Niemand war in der Lage, seinen Weg zu verfolgen. Überall tauchte er unvermutet auf. Er erweckte Tote und rief längst Verstorbene ins Leben zurück.
    Nur von den Kranken hielt er sich fern. Er nannte sie Unberührbare.
    Sein Gebaren erstickte jeden Widerspruch im Keim, und wo er gewirkt hatte, gab es nur frohe Gesichter.
    Le So Te, der Mönch aus der Einsamkeit, wirkte zum Wohl der Menschen.
    Innerhalb weniger Tage bereiste er alle Kontinente. Bald eilte ihm sein Ruf voraus, und die Ordnungskräfte der Liga verfolgten seine Spur. Jedes Mal kamen sie zu spät. Der Wundertäter war weitergezogen, allein mit sich und seinen Kräften. Er lächelte, sobald er unbeobachtet war.
    „Ich tue Wunder", flüsterte er zu sich selbst und war froh, nur sich als Gesprächspartner zu haben, mit dem er seine Gedanken schärfen konnte. „Die Menschheit beginnt, sich zu wundern. Sie soll es. Das Reich des Ewigen Lebens kehrt auf eine unerwartete Weise ein!"
    Le So Te wanderte nach Norden. Immer, wenn er auf den indischen Subkontinent zurückkehrte, näherte er sich ein wenig mehr den Bergen.
    Er ging dorthin zurück, wo er hergekommen war.
    „Willkommen, Bruder!" begrüßten ihn die Mönche seines Klosters. „Du hast Wunder getan und dich damit aus dem Holz unseres Brettes emporgearbeitet. Du hast deinen Geist über das Fleisch erhoben. Sei uns doppelt willkommen!"
    Le So Te erzählte von seiner Bestimmung, und er blieb nicht lange bei ihnen. Zwei Tage hielt er sich in seinem Kloster auf, dann wurde der Drang in ihm zu groß. Das Glitzern in seinen Augen leuchtete auf den Innenhof des Klosters hinab und brannte winzige Löcher in den Grasboden. Der Ruf eines Yaks verstummte, als er aus der Pforte trat und der Oberlama ihm feierlich die kleine Tasche mit Proviant überreichte.
    Le So Te machte sich auf den Weg und segensreiche Rufe begleiteten ihn.
    „Ich werde erwartet", stellte er im Selbstgespräch fest, und Lichter der Erwartung zogen über sein Gesicht.
    Er ging Begegnungen aus dem Weg, aber er wußte immer genau Bescheid, wo sein Ruf bereits angekommen war und wie stark er sich verbreitete.
    Die Reaktion der Menschen war ihm das Wichtigste, und er freute sich kindlich, wie einfach es manchmal war, diese schwachen Wesen zu beeindrucken.
    Das Reich des Ewigen Lebens, wie er es nannte, stand unmittelbar bevor. Sein Weg war geebnet.
    Le So Te kniete mitten in einer belebten Stadt auf die Straße nieder und betete. Er dachte an sein Ziel und wußte, daß dort früher eine große Wüste gewesen war. Dann hatte man die Hauptstadt der Erde hineingebaut und die Trostlosigkeit zu blühendem Leben erweckt.
    Dort befand sich das Zentrum dessen, womit Le So Te seinen Ruf festigen wollte. Dort war das Ziel seiner Anstrengungen und seines Triebes.
    Er sprach nicht davon, denn seine Regeln legten ihm auf, sich auf die Menschen einzustellen, mit denen er zu tun hatte. So gesehen war er ein ausgezeichneter Psychologe.
    Oder auch nicht.
    Das Geheimnis bestand vielleicht eher darin, daß Le So Te spielen wollte. Er ließ ganz einfach seinem Spieltrieb freien Lauf.
     
    *
     
    Bully war gereizt. Man sah es am leichten Zittern seiner Finger, als er seine Hand auf den Wärmekreis des Türkontakts legte. Die Tür öffnete sich, aber der Hanse-Sprecher blieb stehen. Sein Blick ging ins Leere, und er registrierte nicht, was um ihn herum vorging. Zwei Kinder eilten an ihm vorbei auf den Korridor und schlugen die Richtung zum Gleiterdepot ein. Ihre Beine waren merkwürdig verformt, und die Arme baumelten als einfache, schlangenähnliche Tentakel am Körper. Die Kinder waren nackt. Ihre Haut schimmerte gelblich und ockerfarben mit rosaroten Flecken. Sie verschwanden um eine Biegung, ohne daß jemand sie aufhielt.
    Kinder in HQ-Hanse.
    Plötzlich fuhr Bully zusammen. Er sah sich flüchtig um und raufte sich die Haare. Alles war ruhig, aber es lag Spannung in den Gängen und Räumen, die sich langsam ins Unerträgliche steigerte. Zehn Tage warteten die Menschen jetzt auf die Anzeichen der dritten Plage, ohne daß sie erkannt worden

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