1156 - Albtraum Elektra
springen oder aus dieser Kiste heraus. Das ist irgendwie eine Sache zwischen Elektra und mir. Dabei bleibe ich auch. Denk an damals, an Fatima und Selima.«
»Ich weiß.« Suko stoppte den Rover wieder. »Siehst du denn Parallelen zwischen den Fällen?«
»Keine direkten. Aber ich gehe davon aus, dass all diese Vorgänge mit der Vergangenheit zu tun haben und das Henkelkreuz, das Ankh, dabei eine wichtige Rolle spielt.«
»Ist mir neu«, sagte Suko und fragte sofort weiter: »Warum spielt es eine so wichtige Rolle? Sagst du das nur, weil es ein altägyptisches Symbol ist? Oder hast du Beweise?«
»Mein Kreuz verströmte das Licht. Aber nicht von den Enden her, auch nicht aus der Mitte, sondern einzig und allein das Ankh war aktiviert worden. Ich habe auch seine Wärme gemerkt. Von ihm aus strömte die Energie und hat schließlich für die uns bekannte Reaktion gesorgt. Daher gehe ich davon aus, dass es schon eine wichtige Rolle spielt. Besonders für Elektra.«
»Also wirst du ihr das Kreuz überlassen?«
»Nicht ohne Gegenleistung.«
»Na ja, ich weiß nicht, John. Glaubst du wirklich, dass sie dich heilen kann?«
»Davon bin ich sogar überzeugt, mein Lieber. Du solltest mich auch nicht verunsichern.«
»Das hatte ich nicht vor.«
»Weiß ich doch«, sagte ich nach einem Aufstöhnen. »Aber du kannst dir nicht vorstellen, wie es in mir aussieht. Wenn du je einen innerlich zerrissenen Menschen neben dir gehabt hast, dann schau nach links. Ich bin es nämlich. Ich sitze hier ruhig und würde am liebsten schreien und die ganze Welt einreißen. Es ist grauenvoll, einen derartigen Zustand erleben zu müssen. Ich muss mich selbst immer wieder hart zusammenreißen, sonst drehe ich noch durch.«
»Dann kannst du nur auf sie hoffen.«
»Leider.«
Nach einer Weile stellte Suko die nächste Frage. »Und sie hat dir nie erklärt, weshalb sie das Kreuz unbedingt in ihren Besitz bekommen will?«
»Das hat sie nicht.«
»Dann scheint es nicht so gefährlich für sie zu sein.«
Ich zuckte mit den Schultern. »Weiß man's? Ich für meinen Teil bin sehr misstrauisch geworden. Ich würde auf nichts mehr eine Bank setzen, ich hätte auch nie gedacht, dass sich mein Kreuz so verhalten würde. Das will mir auch jetzt noch nicht in den Kopf, doch dagegen einschreiten kann ich leider nicht.«
»Klar.«
Wir schwiegen wieder. Suko musste sich auf den Verkehr konzentrieren, und ich hatte das Gefühl, alles sehen zu können, obwohl das nicht zutraf. Ich stellte mir die Gegend einfach nur vor, durch die wir rollten und betete innerlich darum, dass dieser Albtraum Elektra so rasch wie möglich verschwand. Alles andere war mir egal. Ich wollte nur mein Augenlicht zurückhaben.
Bei dem letzten Gedanken stieg es wieder heiß in meiner Kehle hoch. Ich wäre am liebsten aus dem Auto gesprungen und schreiend durch die Gegend gelaufen, doch das hatte keinen Sinn. Ich musste mich zusammenreißen und alles über mich ergehen lassen. Nicht ich war der Handelnde, das hatten jetzt andere Mächte übernommen.
Ich bekam auch die Veränderung mit, die eintrat, als wir in die Tiefgarage rollten. Bevor Suko den Rover in die entsprechende Parktasche hineinlenkte, stellte er noch eine Frage, die er zuvor durch einige Worte ankündigte.
»Du möchtest ja, dass niemand erfährt, was mit dir passiert ist. Abgesehen natürlich von uns. Aber wie steht es mit Shao? Hast du etwas dagegen, wenn ich sie einweihe?«
»Nein, sag es ihr. Sie ist verschwiegen.«
»Darauf kannst du dich verlassen.«
Der Rover stoppte mit einem leichten Ruck. Suko stieg aus. Auch als Blinder konnte ich meinen Gurt lösen und die Tür öffnen, was ich mir auch nicht nehmen ließ.
Allerdings machte ich den Fehler, mich draußen zu schnell zu bewegen und prallte leicht gegen die in der Nähe stehende Säule, an die ich nicht mehr gedacht hatte.
»Warte, ich helfe dir, John!«
»Bin kein kleines Kind mehr.«
»Entschuldige, aber das habe ich soeben erlebt.«
Ich schluckte den Ärger herunter. An den leichten Schmerz an der Stirn dachte ich nicht mehr. Dafür hörte ich, wie Suko um den Wagen herumkam und dicht neben mich trat. »So, Alter, und jetzt werde ich dich führen, sonst landest du noch sonst wo.«
»Gerne, Dad.«
Er gab keine Antwort und zog mich weiter. Ich ärgerte mich noch stärker über meinen Zustand und auch darüber, dass ich nicht in meinem normalen Tempo gehen konnte. Ich lief wirklich wie auf einem weichen Boden oder wie auf Eiern. Einen Fuß
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