1156 - Albtraum Elektra
Sie?«
»Hundertprozentig.«
»Wenn es dann Ihr freier Wille ist, John, okay. Wir haben ja schon vieles hinter uns gebracht, was man kaum weitersagen darf. Uns ist nichts mehr fremd. Gehen wir also den Weg, und ich möchte, dass es unter uns bleibt. Oder wollen Sie, dass die Conollys, Jane und…«
»Nein, Sir, auf keinen Fall. Ich möchte die anderen nicht beunruhigen. Sie würden sich ansonsten einfach zu große Sorgen machen. Das will ich auf keinen Fall.«
»Nun gut, dann warten wir ab. Ich habe leider keine Idee, wie es weitergehen soll. Haben Sie sich schon irgendwelche Vorstellungen gemacht?«
»Keine konkreten. Ich weiß nur, dass ich hier nicht unbedingt bleiben möchte.«
»Das kann ich verstehen.«
»Wohin soll ich dich bringen?« fragte Suko.
»Einfach nur zu mir nach Hause.«
»Ach.« Er hatte etwas erstaunt geklungen. »Und dann? Was wird dann passieren?«
»Ich werde warten.«
»Und du bist dir sicher, dass Elektra erscheinen wird?«
»Sie will mein Kreuz.«
Für die nächsten Sekunden herrschte Schweigen. Dann übernahm Sir James wieder das Wort.
»Nehmen wir an, sie erscheint tatsächlich und fordert Ihr Kreuz. Was werden Sie tun?«
»Es ihr geben.«
Sie schwiegen. »Ja, das dachte ich mir«, sagte der Superintendent. »Um jeden Preis?«
»Nein, nicht um jeden. Sie hat dafür gesorgt, dass ich mein Augenlicht verliere. Ich will nicht bis an mein Lebensende als Blinder herumlaufen. Es wäre zwar für meine Feinde der Idealfall, aber den Gefallen tue ich ihnen nicht. Ich werde verlangen, dass sie mir mein Augenlicht wieder zurück gibt.«
»Im Tausch gegen das Kreuz?«, flüsterte Glenda.
»So ist es!«
Keiner gab mehr einen Kommentar ab. Es war auch nicht nötig, denn jeder wusste, dass es einzig und allein eine Sache zwischen Elektra und mir war…
***
Glenda Perkins war im Büro zurückgeblieben. Zum Abschied hatte sie mich geküsst, und dieser Kuss hatte mir verdammt gut getan. Dabei waren meine Gefühle wieder in mir aufgewallt. So war es mir nicht gelungen, noch ein Wort zu sagen. Ich hatte nur geschluckt und genickt. Anschließend waren Suko und ich gegangen. Begleitet von zahlreichen stummen Wünschen.
Wenn jemand behauptet, er kennt sich blind aus, so mag das zutreffen oder nicht. Bei mir traf es zu.
Ich brauchte nicht von Suko zum Lift geleitet werden, denn den Weg zum Lift kannte ich wirklich blind und blieb sogar direkt vor ihm stehen, als hätte ich zuvor meine Schritte genau abgezählt.
Wir fuhren nach unten.
Auch hier war es wie immer. Der schnelle Rutsch in die Tiefe und dann der Weg zum Wagen. Da hielt mich Suko am Arm fest und führte mich schon wie einen Versehrten.
Darüber ärgerte ich mich. Mir kam erst jetzt zu Bewusstsein, wie hilflos ich letztendlich war. Ich hätte schreien und trampeln können vor Wut, aber das brachte mich auch nicht weiter. Ich musste mich in mein Schicksal fügen und konnte nur hoffen, dass es nicht für immer war.
Das Einsteigen in den Rover klappte auch ohne Probleme, und Suko, der neben mir saß, holte tief Luft. »Dann wollen wir mal.«
»Okay.«
Den Londoner Verkehr bekam ich jetzt auf eine ganz andere Weise mit als ich ihn gewohnt war. Ich hörte die zahlreichen Geräusche, aber ich sah nichts. Das Hupen, das Brummen der Motoren, das alles kam mir viel lauter vor, weil sich mein Gehör verbessert hatte. Ich sah in gewisser Weise mit den Ohren, und wenn ich etwas auf andere Art und Weise erfahren wollte, dann musste ich tasten.
Suko ließ mich für eine Weile in Ruhe, damit ich nachdenken konnte. Als wir anhalten mussten, sprach er mich an. »Wie hast du dir dein weiteres Vorhaben vorgestellt?«
Ich drückte den Kopf zurück und lachte. »Vorgestellt, Suko? Kann man in meinem Zustand überhaupt an so etwas denken?«
»Doch - schon, das meine ich. Schließlich kenne ich dich. Willst du allein in deiner Wohnung bleiben oder soll ich in deiner Nähe sein, um eingreifen zu können?«
»Reicht es nicht, wenn einer von uns sein Augenlicht verloren hat?«
»Hör auf. Mich muss dieses Schicksal ja nicht auch noch treffen, denke ich mal.«
»Ich will es auch nicht herausfordern.«
»Kann ich verstehen. Dann möchtest du also keinen um dich haben?«
»So ist es.«
Mein Freund sagte zwar nichts, doch ich wusste, dass er mit meiner Lösung nicht einverstanden war.
Wir fuhren weiter. Es tat mir leid, dass ich Suko so hatte abblitzen lassen. »Bitte, das musst du verstehen. Ich kann einfach nicht über meinen Schatten
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