1161 - Totentanz in M 82
richtete mich auf.
Zwei Gestalten im Halbdunkel: der Armadaprinz und Waylon Javier. Es war Nachors Stimme, die ich gehört hatte. Er streckte mir die Hand entgegen und half mir beim Aufstehen. Ich machte Bestandsaufnahme. Körperlich fehlte mir nichts. Ein leiser, unangenehmer Druck preßte gegen den Schädel, aber das war nichts, was man ernst zu nehmen brauchte.
„Das nächste Mal, wenn du einer Superintelligenz die Meinung zu sagen gedenkst", bemerkte Nachor mit freundlichem Spott, „warte bitte, bis deine Begleiter sich in Sicherheit gebracht haben."
„Was geschah?" wollte ich wissen.
„Wer mag es wissen? Seth-Apophis verlor die Geduld mit dem verachtenswerten Wurm, der sie beleidigte. Sie explodierte. Es gab eine psionische Entladung von bedeutender Wucht. Als ich wieder zu mir kam, lag ich an diesem erbärmlichen Ort. Ein gewisser Geruch an meiner Kleidung läßt mich vermuten, daß ich auf den Armen unappetitlicher Kreaturen hier herbefördert wurde."
Wir alle hatten also das Bewußtsein verloren. Ich sah Waylon Javier auffordernd an, falls er dem Bericht des Armadaprinzen etwas hinzuzufügen hätte. Aber der Mann mit den Kirlian-Händen zog es vor zu schweigen. Ich erinnerte mich, daß er uns vor nicht allzu langer Zeit verstohlen die Mitteilung gemacht hatte, er müsse eine Erklärung abgeben.
Ich bahnte mir einen Weg durch das verstaubte Gerumpel und betastete die Wand.
„Polymermetall", stellte ich fest. „Wir stecken also noch immer in dem geometrischen Gebäude, das ..."
„Dem Goldenen Palast", unterbrach mich Nachor mit eigenartiger Betonung. Nach kurzer Pause fuhr er fort: „Es ist bemerkenswert, daß du so kurz nach dem Erwachen schon wieder geistigen Scharfblick besitzt."
Ich überhörte den Spott.
„Wie lange waren wir bewußtlos?"
„Schwer zu beantworten, wenn man keine Uhr hat. Auf jeden Fall lagst du etwa eine Stunde länger auf der Nase als Waylon und ich. Dich hat der Schlag offenbar am schlimmsten getroffen. Kein unverdientes Schicksal, wenn man bedenkt, daß du es warst, der Seth-Apohis' Wutausbruch heraufbeschwor."
Zwischen zwei hüfthohen Objekten, die entfernt an Speichereinheiten eines Computersystems erinnerten, fand ich ein Loch in der Wand. Es war regelmäßig geformt, quadratisch, mit einer Höhe von gut einem Meter. Ich bückte mich. Es war finster hinter der Öffnung.
„Wohin führt das?" fragte ich.
„Etwas mehr Respekt, Terraner", mahnte der Armadaprinz. „Es kostete mich lange Minuten harten Nachdenkens zu ermitteln, daß es außer der Tür, die ich nicht finden kann, noch weitere Zugänge zu diesem Raum geben muß. Und noch mehr Mühe mußte ich aufwenden, das Loch zu finden und es zu bewegen, daß es sich vor mir auf tat."
Es war in der Tat eine Leistung. Aber mir stand der Sinn nicht nach langen Reden.
„Ich wußte schon immer, daß du ein findiger Bursche bist", ahmte ich seinen Spott nach.
„Ohne Zweifel hast du sofort versucht herauszufinden, wohin der Weg durch dieses Loch führt."
„Ins Innere des Goldenen Palastes, wohin sonst?" sagte er.
Diesmal wurde ich stutzig. Zum zweiten Mal hörte ich ihn den Ausdruck gebrauchen.
„Der Goldene Palast. Wer nennt ihn so?"
„Seth-Apophis. Ihre Untertanen bezeichnen ihn als das Missionsgebäude."
Ich sah von ihm zu Waylon.
„Wir waren alle bewußtlos. Woher weiß du das?"
Der Armadaprinz machte eine Geste in Waylons Richtung.
„Er begann zu sprechen", antwortete er. „Er weiß eine Menge interessanter Dinge. Aber ich sah schließlich, daß du auf dem Weg warst, zu dir zu kommen, und bat ihn zu warten."
Waylon beantwortete meinen Blick mit einem kurzen Nicken. Kein Muskel bewegte sich in seinem Gesicht.
„Es ist Zeit für meinen Bericht", bestätigte er. „Hör zu und stell keine Fragen. Ich weiß nicht, wie lange mir bleibt..."
*
Er stand nicht dauernd unter Seth-Apophis' Einfluß. Es gab kurze Zeitspannen, in denen er Herr seiner selbst war. Er bestand aus zwei Personen. Die eine, Seth-Apophis ergebene, wußte nicht von der Existenz der anderen. Die andere dagegen, der wahre Waylon Javier, überschaute die Lage in vollem Umfang.
Er wußte selbst nicht, woher die Teilimmunität kam. Soviel sagte er, aber sonst sprach er kein weiteres Wort darüber, um nicht mit unnötigen Dingen Zeit zu verlieren. Wir wußten nicht, was das für ein Unfall war, den er vor mehr als dreißig Jahren erlitten hatte und dem er die geheimnisvollen Kräfte sowie das eigenartige bläuliche Leuchten
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