1162 - Lukretias Horror-Welt
die Person, die jetzt vor dir steht. Ich war eine andere. Ich war… ich war… unter ihrer Knute. Sie hat mir den Kuss gegeben. Sie hat den Keim des Bösen in mich hineingedrückt.«
Jane schüttelte sich noch im Nachhinein. »Das alles habe ich durchmachen müssen…«
»Ist mir klar. Aber wenn ich aus der Erfahrung reden darf, dann sind Personen wie Lukretia sehr von sich überzeugt. Das ist bei den Menschen kaum anders als bei irgendwelchen Schwarzblütlern. Sie alle prahlen gern und erzählen über ihre Pläne, wenn ein anderer ihnen nicht mehr gefährlich werden kann. Deshalb kann ich mir vorstellen, dass Lukretia auch mit dir darüber gesprochen hat. Was sollte denn passieren, wenn du sie hier getroffen hättest?«
»Wenn ich das wüsste«, flüsterte Jane. »Es tut mir leid, ich erinnere mich nicht.«
Suko war ein Mensch, der viel Geduld hatte und nicht so schnell aufgab. »Fangen wir noch mal ganz ruhig von vorn an. Sie wollte hier auf dich warten, was nun nicht passiert ist, aus welchen Gründen auch immer.«
»Ja, das ist so gewesen.«
»Phantastisch. Was habt ihr dann vorgehabt? Hätte sie dich wieder nach Hause gefahren?«
»Wo denkst du hin?«
»Gut.«
»Ach, nichts ist gut.« Jane raufte sich die Haare. »Da war etwas«, gab sie dann mit sehr leiser Stimme zu. »Wenn mir das nur einfallen würde.«
»Hattet ihr vielleicht vor, zu ihr zu fahren? Wobei sich die Frage stellt, wo sie überhaupt wohnt.«
Jane Collins sagte in den folgenden Sekunden nichts. Sie stand einfach nur da, blickte zu Boden und dachte angestrengt nach.
»In der Tat, Suko, da ist etwas gewesen. Sie hat mir auch gesagt, wo man sie finden kann oder wo sie sich aufhält.«
»Damit wären wir einen kleinen Schritt weiter. Lebt sie in einer Wohnung? In einem Haus?«
Jane, die ihren rechten Handballen gegen die Stirn gedrückt hielt, schüttelte abermals den Kopf.
»Nein, Suko, weder in einem Haus noch in einer Wohnung.«
Darüber wunderte sich der Inspektor. »Aber irgendwo muss diese Person doch untergekommen sein.«
Jane nickte, ohne die Hand von der Stirn zu nehmen. »Das stimmt auch. Sie ist untergekommen. Sie lebt nicht im Freien. Sie hat einen bestimmten Ort oder Platz.«
»Dann bin ich gespannt.«
»Ich weiß es noch nicht, verflucht!«, beschwerte sich Jane mit halblauter Stimme. »Aber es ist da, es steckt in meinem Kopf. Es liegt mir auf der Zunge.«
»War es denn ein einsamer Platz? Ich kann mir vorstellen, dass jemand wie diese Frau nicht so gern auffällt. Wobei sie durch ihr Äußeres schon auffällig genug ist.«
Jane schaute Suko plötzlich unbeweglich an. »Hast du Platz gesagt?«
»Ja.«
»Ha.« Sie schnickte mit den Fingern. »Das ist es gewesen. Das war der zündende Funke. Ich füge noch etwas hinzu. Es hat sich dabei nicht nur um einen Platz gehandelt. Mir ist der Begriff Rummelplatz in den Sinn gekommen.« Plötzlich konnte auch Suko wieder lächeln. »Das ist es doch. Du bist dir sicher?«
»Klar. Es war der Rummelplatz, und sie hat sogar noch etwas hinzugefügt, fällt mir jetzt ein. Sie hat ihn als ihre Horror-Welt bezeichnet, was immer sie damit gemeint haben mag. Eine Horror-Welt auf einem Rummelplatz«, flüsterte Jane. »Können wir damit etwas anfangen?«
Suko war sofort Feuer und Flamme. »Bestimmt, wir müssen nur herausfinden, wo in London ein Jahrmarkt stattfindet. Die Zeit dafür beginnt allmählich.«
»Im Prinzip hast du Recht!«, erklärte Jane, obwohl sie gleichzeitig abwinkte. »Aber auf dieses Risiko hat sie sich nicht eingelassen. Das wäre zu auffällig gewesen. Rummelplatz ist schon gut. Sie hat auch von einer einsamen Stelle gesprochen. Von einem recht leeren Gebiet, und sie erwähnte einen Namen.«
»Welchen?«
Jane schnickte mehrmals mit den Fingern. »Darin kam auch das Wort Park vor.«
Suko konnte nicht anders. Er musste das Gesicht verziehen. »Du weißt selbst, dass es in London verdammt viele Parks gibt. Da suchen wir noch in zwei Wochen und…«
»Sei mal ruhig. Der Park hatte einen Namen. Keinen bekannten, wie Hyde oder Regent's Park, aber einen bestimmten, wobei der Name auch auf seine Identität hindeutet.«
Sie war nahe dran, und Suko ließ Jane in der folgenden Zeit in Ruhe. Die Detektivin machte ein regelrechtes Brainstorming durch. Sie konnte auch nicht auf der Stelle stehen bleiben und bewegte sich im Kreis. Bis sie stehen blieb, den Kopf in den Nacken drückte und der Schrei gegen den Himmel stieß.
»Ich hab's, Suko! Ich hab's.«
»Sag«
Sie
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