1162 - Lukretias Horror-Welt
Schleifen.
Trotz allem recht gleichmäßig. Vielleicht Schritte, die über den Boden schleiften und nicht so leise blieben wie zu Beginn. Sie kamen näher. Das war der Augenblick, in dem ich alles andere vergaß und mich tatsächlich nur auf die neuen Geräusche konzentrierte.
Sie erreichten mich nicht nur aus einer Richtung. Okay, sie kamen von vorn, aber sie hatten dort so etwas wie einen Halbkreis gebildet, sodass die schleichenden Schritte eine gewisse Breite einnahmen. Für mich stand fest, dass sich mir mehrere Personen näherten. Bestimmt hatte Lukretia ihre Mannschaft und Helfer mobilisiert. Es wäre auch schon lächerlich gewesen, hätte ich es nur mit ihr allein zu tun gehabt. Dieses Gelände bot Platz für zahlreiche Verstecke.
»Warte noch, Sinclair. Halte dich zurück. Ich bestimme, wann du die Augen öffnen darfst.«
»Schon gut.«
Es war kein gutes Gefühl für mich. Heimlich und leise wurde ich umstellt, ich war in die verdammte Falle geraten, ohne etwas dagegen tun zu können.
»Es ist gut!«, sagte Lukretia und ich wusste, dass ich damit nicht gemeint war.
Nach ein paar Sekunden hörten die Schleifgeräusche auf. Nur das Pochen blieb, aber auch das hörte ich nicht mehr so intensiv wie zuvor.
Lukretia machte es spannend und ließ Zeit verstreichen. Ihr leises Lachen wehte mir entgegen. Sie amüsierte sich, weil sie bestimmte, wo es langging.
Vor meinen geschlossenen Augen veränderte sich die Wand. Die noch vorhandene Helligkeit verschwand, und ich wartete den Befehl nicht erst ab.
Ich öffnete die Augen!
Eigentlich hätte ich einen klaren Blick haben müssen. Sekundenlang war das jedoch noch nicht der Fall, weil sich meine Augen erst an die neuen Umstände gewöhnen mussten.
Die Dunkelheit war nach wie vor beherrschend. Aber nicht nur. Es gab die Lichtquelle in Form der starken Lampe, die Lukretia in ihrer rechten Hand hielt. Der Kreis hatte ein neues Ziel gefunden. Er malte sich jetzt auf dem Boden ab.
Dann sah ich die Lampen, die nicht mehr als Glühbirnen waren und an den Rändern des Zeltdachs hingen. Sie leuchteten nicht alle. Mehr als die Hälfte von ihnen waren defekt, doch dieses wenige Licht reichte aus, um die Umgebung transparent zu machen.
Jetzt wurde mir klar, dass ich mir die schleifenden Schritte nicht eingebildet hatte.. Lukretia hatte sich ihre Helfer geholt. Sie waren gekommen, hatten Verstecke oder Nischen verlassen und sie standen etwa in der gleichen Höhe wie Lukretia, wobei das Licht der wenigen Glühbirnen nach unten sackte und sie anmalte.
Obwohl ich mit der Veränderung hatte rechnen müssen, kam ich aus dem Staunen nicht heraus. Es waren Männer, aber waren es auch Menschen? Im diffusen Licht wirkten sie auf mich wie Zombies, die soeben ihre Grabstätten verlassen hatten. Untote Gestalten. Grausame Wesen, getrieben von einer Gier nach Menschenfleisch. Es wäre nicht das erste Mal für mich gewesen. Seit Beginn meiner Arbeit verfolgten mich diese verfluchten Geschöpfe. Immer wieder bekam ich es mit lebenden Toten zu tun, aber hier war ich mir nicht sicher, ob es welche waren, obwohl sie sich so ähnlich verhielten.
Sie standen da wie Puppen und nicht wie Menschen. Ich zählte fünf dieser Gestalten in einer Reihe.
Über mir waren neue Geräusche zu hören. Sie allerdings hatten einen natürlichen Ursprung. Es regnete mittlerweile, und so schlugen die ersten Tropfen auf des Zeltdach. Es hörte sich an, als wäre jemand dabei, über meinem Kopf auf das Zeltdach zu trommeln. Mit dem Regen war auch der Dunst stärker geworden. Es breitete sich hinter dem Rücken der Gestalten aus und wirkte im Licht wie leicht bläulicher Nebel.
Sie standen da. Sie taten nichts, aber sie waren bewaffnet. Allesamt. Ich entdeckte in ihren Händen Messer und Stangen.
Zombies oder Menschen?
Die Antwort musste mir Lukretia geben, die als Einzige mit einer Pistole bewaffnet war. Sie hielt sie mit beiden Händen, und die Arme hatte sie vorgestreckt, um besser auf mich zielen zu können.
Zwar stand ich jetzt im Schatten und noch nahe des Wagens, aber ich hütete mich immer noch vor einer falschen Bewegung.
»Hast du sie gesehen, Sinclair!«
»Sie sind nicht zu übersehen.«
»Sie gehören mir!« Lukretia konnte den Triumph in ihrer Stimme nicht unterdrücken. »Du wirst es vielleicht nicht glauben wollen, aber sie gehorchen mir. Jeder von ihnen hat meinen Kuss erhalten, und sie werden nicht das gleiche Schicksal erleben wie Phil Harper. Mit ihnen zusammen kann ich meine Pläne
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