1162 - Lukretias Horror-Welt
Beine und sah den Mann mit dem Messer dicht vor mir. Er stand geduckt, richtete sich auf, als ich mich bewegte und wollte die Klinge von oben nach unten in meinen Körper rammen.
Auch hier lag der stoische Ausdruck auf seinem Gesicht. Die Lippen waren nicht geschlossen. Sein Blick hatte so gut wie keinen Glanz, und ich trat blitzschnell zu, bevor die Waffe nach unten rasen konnte.
Der Tritt wuchtete ihn nach hinten. Er fiel einfach um. Es war ein harter Laut zu hören, als er mit dem Hinterkopf aufschlug. Um ihn brauchte ich mich nicht zu kümmern, und die drei anderen hielten jetzt Abstand. Sie hatten sich allerdings verteilt.
Ich kauerte neben dem Kotflügel. Das Ziel war so klein wie möglich. Für die nächsten Augenblicke musste ich mir einfach Zeit lassen, um einen Überblick zu gewinnen. Wichtig war vor allen Dingen Lukretia, die ich nicht sah.
Es wurde wieder stiller. Abgesehen vom Trommeln der Tropfen auf dem Zeltdach war nichts zu hören. In meinem Innern spürte ich die Kälte. Die erste Nervosität war verschwunden. In einer derartigen Lage muss man einen kühlen Kopf bewahren. Der Regen hatte auch einen etwas stärkeren Wind mitgebracht. Er sorgte dafür, dass die Glühbirnen am Rand des Zelts in schaukelnde Bewegungen gerieten. Wie ein helles Muster huschte der nach unten fallende Schein über den Boden.
Die andere Seite des Zeltes lag im Dunkeln. Ich ging davon aus, dass sich genau dort Lukretia aufhielt. Noch ließ sie sich nicht blicken. Jemand wie sie wartete immer auf eine günstige Gelegenheit, um einen schwachen Punkt zu finden.
Ich hockte hinter dem Kotflügel in einer relativ guten Deckung. Zumindest befand sich die hellere Seite des Zelts in meinem Rücken, und dort hielt sich niemand auf.
Auch die letzten drei Männer hielten sich versteckt. Einer, der von der Kugel erwischt worden war, lag starr auf dem Rücken. Über uns war das Zeltdach an einigen Stellen löchrig. Und so fand auch das Regenwasser seinen Weg nach unten.
Der Angeschossene oder Tote lag so ungünstig, dass die Tropfen in gewissen Abständen immer wieder in sein Gesicht klatschten und dort zerplatzten.
Der Mann, den ich niedergeschlagen hatte, gab als Einziger Geräusche von sich. Er kroch über den Boden und dachte nicht mehr daran, sein Messer einzusetzen.
Dann hörte ich es wieder.
Poch…poch…poch…
War es ein Herz? War es eine Maschi ne, die den Herzschlag eines Menschen imitierte?
Es konnte alles mögliche sein, doch etwas stand für mich fest. Es gehörte hierher, und Lukretia war damit auf irgendeine Art und Weise verbunden. Möglicherweise war dieses Geräusch für sie so etwas wie ein Antrieb.
Auch an der anderen Seite des Zelts rann der Regen in langen Streifen auf den Boden nieder. Da war die Finsternis recht dicht, und Lukretia zeigte sich nicht.
Wahrscheinlich musste sie sich erst etwas Neues einfallen lassen, nachdem sie gemerkt hatte, dass mir trotz ihrer Helfer nicht so leicht beizukommen war.
Dann sah ich sie doch. Urplötzlich tauchte sie aus der Dunkelheit auf. Sie lief nicht auf mich zu. Ich sah, wie sie sich unter dem Zeltrand hinwegduckte und dann in den Regen hineinlief. Sie benahm sich wie jemand, der auf der Flucht war. Noch einanal sah ich Lukretia wie ein Gespenst im Regen, dann war sie weg.
Aber ich hatte mir die Richtung gemerkt, in die sie gelaufen war. Wenn sie ihren Weg beibehielt, würde sie einen Bogen schlagen, und dagegen konnte ich etwas tun und den Weg abkürzen. Ich wollte, dass sie mir in die Arme lief.
Noch waren ihre drei Helfer da. Allerdings griff mich keiner an, als ich mich vom Wagen entfernte.
Ich lief mit langen Schritten durch das Zelt. Auf dem Boden schimmerten einige Pfützen, und der Regen rann nach wie vor aus den tief liegenden Wolken.
Was Lukretia dazu veranlasst hatte, die Flucht zu ergreifen, wusste ich nicht.
Auf der anderen Seite fragte ich mich, ob es überhaupt eine Flucht gewesen war oder nicht einfach als Teil eines Planes gesehen werden musste.
Auf dem Weg ins Freie sah ich die drei Männer. Sie hatten sich ebenfalls zurückgezogen und standen im Regen. Keiner traf Anstalten, mich anzugreifen. Zum Glück waren sie nicht mit Schusswaffen ausgestattet. Dann hätten sie ebenso gehandelt wie Phil Harper.
Auch mich erwischte in den folgenden Sekunden der Regen. Und er verschlechterte die Sicht noch mehr. Ich hatte mir gemerkt, in welche Richtung Lukretia gelaufen war. Ungefähr dorthin, woher wir auch gekommen waren. Bis zu meinem Rover lief
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