1163 - Der Blut-Galan
Fotos zu schießen. Wenn alles klappt, werde ich Ihnen die Beweise morgen hier auf den Tisch legen. Dann müssen Sie ja reagieren.«
»Glauben Sie denn, dass sich Werwölfe fotografieren lassen?«
»Sie sind der Fachmann, Bill.«
»Ich weiß es leider auch nicht.«
»Aber es ist gefährlich, Judy!«
»Es geht um meine Schwester. Aber wenn Sie wollen, dann können Sie ja mitfahren.«
Bill blies seine Wangen auf und warf Sheila einen fragenden Blick zu. »Das musst du wissen. Du kannst auch warten, bis wir die Fotos tatsächlich auf den Tisch bekommen. Aber wie ich dich kenne«, jetzt lächelte sie, »hast du dich schon so gut wie entschieden. Das sehe ich dir an.«
»Du kennst mich gut.«
»Klar. Nach so vielen Jahren Ehe bleibt das einfach nicht aus.«
Judy Carver hatte sich aufrecht hingesetzt. Sie hatte wieder Hoffnung geschöpft. »Dann fahren Sie wirklich mit?«
»Ja. Zwei Augen sehen weniger als vier. Sollte an der Sache nichts dran sein, was man eigentlich nur hoffen kann, sind Sie uns eine gute Flasche Rotwein schuldig.«
»Ach Gott. Auch zwei oder drei.«
»Eine reicht.«
»Danke«, flüsterte Judy. »Ich danke auch Ihnen, Mrs. Conolly. Jetzt geht es mir besser.«
»Wann können wir fahren?«
Judy blickte auf ihre Armbanduhr. »Ich muss noch mal kurz nach Haus. Dann kehre ich zurück, und wir können starten.«
»In zwei Stunden?«
»Alles klar.«
Sie erhoben sich. Bill brachte Judy zur Tür und kehrte wieder in den Garten zurück, wo Sheila versonnen am Pool stand und auf das türkisfarbene Wasser schaute, als wären die auf der Oberfläche schwimmenden Blätter besonders interessant.
»Na, was sagst du?«
»Zunächst nichts.«
»Aber du hältst es nicht für eine reine Spinnerei - oder?«
Sheila hatte sich entschieden. »Nein, Bill. Ganz und gar nicht.« Sie atmete tief durch. »Ich wäre sogar dafür, dass du John Sinclair anrufst.«
Der Reporter hob einen Zeigefinger. »Gut den Gedanken hatte ich auch schon.« Er war schon auf dem Weg zum Telefon, als er stehen blieb und den Kopf schüttelte. »Weißt du eigentlich, dass wir lange nichts mehr von ihm gehört haben? Ich frage mich, ob ich ihn noch duzen kann oder nicht lieber Sie zu ihm sage.«
»Ja, uns ging es richtig gut.«
»Lass das John nicht hören.«
Bill ging ins Haus, Sheila blieb im Garten. Am Himmel stand eine prächtige Frühsommersonne.
Ihre Strahlen vergoldeten das Land, und Sheila hätte eigentlich fröhlich sein müssen.
Sie war es nicht.
Tief in ihrem Innern spürte sie eine Verunsicherung, die Judy Carvers Besuch bei ihr hinterlassen hatte. Da schien die Sonne plötzlich nicht mehr so warm, und sie hatte den Eindruck, als hätte sich hinter ihr ein Schatten aufgebaut.
Sheila fröstelte plötzlich - und schrak zusammen, als sie die Hände ihres Mannes auf den Schultern spürte.
Sie lehnte sich in seine Arme. »Und? Was hat John gesagt?«
»Nichts.«
»Ach.«
»Er war nicht zu erreichen.«
»Und jetzt?«
»Werde ich trotzdem mit Judy Carver fahren…«
***
Judy Carver war pünktlicher als pünktlich gewesen. Sogar noch eine Viertelstunde vor der vereinbarten Zeit traf sie bei den Conollys ein und stieg aus ihrem quietschgelben VW Beetle. Sie war etwas blass um die Nase und wirkte noch immer ziemlich nervös. So dass Bill ihr anbot, zu fahren.
»Das ist mir ganz lieb. Ich bin mit meinen Gedanken noch woanders.« Sie strich über ihr Haar, das sie hinter dem Kopf mit einem dunklen Samtband zusammengebunden hatte.
»Gibt es etwas Neues?«, erkundigte sich Sheila.
Judy lachte leise. »Sie haben einen Blick dafür, nicht wahr?«
»Den bekommt man.«
»Ich habe mit meiner Schwester telefoniert. Ich weiß auch nicht, warum genau ich das getan habe. Vielleicht wollte ich ihre Stimme hören und erfahren, ob sich etwas verändert hat.«
»Was hat sie gesagt?«
Judy hatte Mühe, die Tränen zu unterdrücken. In ihren Augenwinkeln schimmerte es feucht. »Sie… sie ist noch immer verbockt. Nein, das ist sogar falsch. Als ich mit ihr redete, da hatte ich das Gefühl, aus ihren Worten den reinen Hass zu hören. Sie will mich nicht mehr sehen. Sie hat mir verboten, in ihre Nähe zu kommen. Das ist doch nicht normal - oder?«
»Nein, das ist es nicht.«
»Eben. Sie verheimlicht mir etwas. Und das sitzt verdammt tief in ihr. Es ist dieser Keim des Bösen. Das ist einfach das Tier in ihr. Da kann man sagen, was man will.«
»Hatte sich auch ihre Stimme verändert?«, wollte der Reporter wissen.
Judy musste
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