1163 - Der Blut-Galan
ihm?«
»Nichts. Als die Polizei endlich wusste, wer hinter den Taten steckte, war dieser Blut-Galan verschwunden. Niemand hat seine Spur je wieder aufnehmen können.«
»Aber du weißt es.«
»Ist doch klar. Ich habe die entsprechenden Unterlagen. Ich fand eine Spur in dem Buch der unaufgeklärten Verbrechen in Frankreich. Der Name klang mir französisch.«
»Das ist ein Klopfer«, murmelte ich. »Verdammt, da bin ich dir ja richtig dankbar.«
»Hast du das wissen wollen?«
»Und ob, Frantisek. Wir beide können davon ausgehen, dass Beau Leroi überlebt hat.«
»Klar. Er hat es auch geschafft, sich aus seiner Heimat abzusetzen. Über den Kanal und fertig.«
»Dann musst du davon ausgehen, dass er in England weitergemacht hat. Typen wie er hören nie auf.«
»Nur haben wir hier nichts gehört. Es wurden auch keine zerstückelten Leichen gefunden.«
»Die kann er vergraben haben. So war es auch in Frankreich. Allerdings waren die Verstecke dort nicht so gut, sonst hätte man die Toten ja nicht gefunden.«
»Da hast du Recht.« Mir fiel im Moment nichts mehr ein. Ich hörte deshalb Mareks Frage.
»Brauchst du Hilfe, John? Soll ich kommen?«
»Nein, nein, lass mal. Aber ich bin froh über deine Informationen. Da kann man noch so alt werden, man lernt einfach nicht aus. Ein Vampir, der seine Opfer tötet, das habe ich auch noch nicht erlebt. Und eines muss ihm entkommen sein.«
»Wieso?«
Irgendwo hatte Marek ein Recht darauf, mehr über den Fall zu erfahren. Und so berichtete ich ihm, wie ich überhaupt auf die Spur des Leroi gekommen war.
»Typisch. Er macht sich noch immer an die Frauen heran. Klar, warum sollte er sich auch ändern. Eine andere Zeit, andere Methoden, doch im Prinzip bleibt alles gleich.«
»Das stimmt wohl«, murmelte ich und bedankte mich noch einmal für seine Hilfe.
»Wenn ich was für dich tun kann, sag Bescheid, John. Ansonsten versuche, die Bestie zu vernichten.«
»Das verspreche ich dir.«
Nachdem ich den Hörer aufgelegt hatte, blieb ich nachdenklich sitzen. Man lernt eben nie aus. Es gibt immer wieder Neuigkeiten, auch wenn es sich dabei um alte Regeln handelt.
Ein Vampir, der zu Beginn des letzten Jahrhunderts das Blut der Frauen getrunken hatte, um diese dann grausam zu töten. Das war mir noch nicht untergekommen.
Im Büro hatte ich nichts mehr zu suchen. Ich wusste zwar etwas mehr, aber die Spur zu Beau Leroi lag nach wie vor im Dunkeln. Um sie mussten wir uns morgen kümmern.
Mit diesem Gedanken schaltete ich das Licht aus und verließ mein Büro, um nach Hause zu fahren…
***
»So, Judy, das ist Ihr Tee«, sagte Sheila Conolly und stellte die dünne Tasse auf den Tisch. »Pfefferminz, wie Sie gewünscht haben.«
»Danke. Aber ich habe es in letzter Zeit mit dem Magen. Seit ich weiß, dass etwas mit meiner Schwester nicht stimmt.« Sie schaute Sheila verunsichert an, um dann ihren Kopf zu drehen, denn es saß noch eine dritte Person am Gartentisch.
Das war Bill Conolly. Ihn hatte Judy Carver eigentlich besuchen wollen. Sie hatte Bill vor einigen Jahren bei der Zeitung kennen gelernt. Da war Judy eine Volontärin gewesen, die später die journalistische Laufbahn hatte einschlagen wollen.
So ganz geklappt hatte das nicht. Zumindest war sie nicht bei der schreibenden Zunft gelandet, sondern im Bereich der Neuen Medien. Da mischte sie bei einer Onlineillustrierten mit und war auch beruflich recht zufrieden.
Wenn das mit ihrer Schwester Alice nicht gewesen wäre, die auch nicht mehr dort wohnte, wo sie seit Jahren gelebt hatte, sondern in ein kleines Dorf gezogen war.
Das alles hatte sie den Conollys schon erzählt, ohne allerdings auf den Punkt gekommen zu sein.
Bill, der das Wort übernahm, schaute Judy dabei an. Er sah eine hübsche junge Frau mit rötlichen Haaren, blasser Gesichtshaut und leicht verweinten Augen. »Jetzt wissen wir einiges über Ihre Schwester, aber wir wissen nicht den Grund, der Sie zu uns geführt hat. Soll ich eine Geschichte über das Verhältnis zwischen Ihnen beiden schreiben?«
»Nein, das war keinesfalls meine Absicht. Es geht mir schon um meine Schwester.«
»Dann müssen Sie genauer sein«, sagte Sheila.
»Ist mir klar«, flüsterte Judy. »Ist mir alles klar. Alice ist meine Schwester, aber ich habe trotzdem das Gefühl, dass wir völlig unterschiedliche Personen sind.«
»Das kommt vor.«
»Ja, Mrs. Conolly, aber bei meiner Schwester ist das anders. Sie hat sich nicht nur verändert, sie hat sich… wie soll ich sagen?
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