1163 - Invasion der Fairy Queens
ihren menschlichen Opfern mental kommunizierten, dann auf einer Ebene, die ihm verschlossen blieb.
„Du bist Chi iNenghi", sagte Chthon.
Er war ein Schatten, und er sprach nicht mit den Stimmbändern, sondern mit seinem Geist. Und seine mentale Stimme war laut genug, daß die Terranerin ihn hören mußte.
Aber sie ignorierte ihn. Nur die Fairy Queen drehte den Kopf und warf ihm aus ihren goldenen, großen Augen einen forschenden Blick zu.
Sie sind kalt, diese Augen, dachte Chthon. Kalt wie der Weltraum. Doch hinter dieser Kälte verbirgt sich etwas. Aber ich kann es nicht sehen; ich kann es hur erahnen. Ich bin kein Terraner, kein Wesen aus Fleisch und Blut, mit Gefühlen, die auf hormonellen Prozessen basieren. Ich bin ein Schatten. Ein Gespenst.
Er kniete nieder.
„Chi Nenghi", sagte er eindringlich, „verstehst du mich?"
Die Frau sah auf. Sie lächelte, aber es war kein normales Lächeln. Es war in sich gekehrt und stellte keine Reaktion auf ihre Umwelt dar. Es war selbstversunken, selbstgenügsam, verträumt.
„Du bist Chthon", flüsterte die Frau. Unter ihren Augen befanden sich dunkle Ränder.
Natürlich, dachte Chthon. Die Terraner schlafen nicht mehr. Nicht, seitdem die Fairy Queens aus den Wolken gefallen sind und ihnen das tödliche Geschenk der Liebe gebracht haben.
„Der Schatten", fügte Chi Nenghi hinzu. „Chthon, der Schatten. Ich kenne dich. Ich verstehe dich." Die Fairy Queen an ihrer Seite bewegte sich unruhig, und etwas wie Verwirrung huschte über das Antlitz der Frau. „Wo ist deine Feenkönigin, Chthon?" fragte sie. „Du bist allein. Wo ist sie?"
„Ich bin allein", bestätigte der vierdimensionale Schatten. „Ich habe keine Queen."
Die junge Frau schwieg, und Chthon glaubte schon, sie wäre wieder zurück in ihre träumerische Trance gefallen. Doch dann sagte sie: „Du mußt sehr unglücklich sein ohne deine Fairy Queen. Sie sind gekommen, um uns die Liebe zu bringen. Es sind gutherzige Wesen und dort, wo sie leben, ist es ihre Aufgabe, Liebe zu verbreiten."
„Vishna hat sie geschickt", erinnerte Chthon.
„Sie kommen aus einem anderen Universum", murmelte Chi Nenghi, ohne auf seine Bemerkung einzugehen. „Sie hat es mir gesagt. Durch Zufall haben sie die Erde gefunden. Sie wußten nicht, daß es hier im Grauen Korridor eine ganze Welt gibt, die ohne ihre segensreiche Hand existiert. Deshalb sind sie gekommen. Um uns zu helfen."
Der Schatten schüttelte den Kopf. „Komm zu dir, Chi. Denk nach. Mach dich frei von diesem Einfluß. Die Fairy Queens helfen den Menschen nicht. Sie sind eine schreckliche Gefahr, eine Plage Vishnas und..."
„Schau", unterbrach Chi Nenghi. Sie griff in die Tasche ihrer zerknitterten Jacke und holte ein Etui hervor. Als sie mit der Hand über den Deckel strich, klappte es auf und enthüllte ein dreidimensionales Foto. Es zeigte einen jungen Mann mit schneeweißen, kurzen Haaren, braunem Gesicht und wasserblauen Augen.
Plötzlich bewegten sich die Lippen, und Chthon erkannte, daß es mehr war als nur ein 3-D-Foto; es war ein Ego-Porträt. Ein Bewußtseinsdiagramm, ein Stückchen Leben, eingefangen in einem winzigen Speicherkristall.
„Hallo, Chi", sagte das Ego-Porträt des jungen Mannes. „Ich denke oft an dich, besonders jetzt, wo der nächste Einsatz kurz bevorsteht. Die Xenoflora hat den ganzen Thora-Boulevard überwuchert und der vorgeschobene Beobachtungsposten hat vor wenigen Minuten gemeldet, daß sich an den Fassaden der Gebäude die ersten Kolonien Schimmelsporen bilden. Wir werden versuchen, sie mit Induktionsfeldern wegzubrennen, um so viel wie möglich von den alten Häusern zu retten. Es ist ein gefährliches Unternehmen; vor allem wegen den Killerpflanzen und den Drosselketten. Die letzte Einsatzgruppe hat zwei gepanzerte Fahrzeuge verloren. Jili, du kennst ihn, ist tot. Ich bin froh, daß du im HQ-Hanse und in relativer Sicherheit bist.
Ich schicke dir dieses Ego-Porträt mit der Röhrenpost. Hoffentlich sind die Leitungen noch unversehrt. Nach dem Einsatz melde ich mich bei dir. Ich werde dann versuchen, mich zu dem Abwehrring um das HQ versetzen zu lassen. Vielleicht sehen wir uns bald, Chi. Ich liebe dich."
Die Lippen erstarrten, das Gesicht wurde wieder unbeweglich.
„Er ist gestorben", sagte die Frau. „Bei diesem Einsatz. Schimmelsporen haben sein Fahrzeug manövrierunfähig gemacht. In dem Bericht hieß es, daß dann einige Killerpflanzen ..." Sie brach ab. „Er ist tot. Viele sind tot. Doch das ist jetzt
Weitere Kostenlose Bücher