1165 - Von Angst gepeitscht
Bill, ist das schon okay. Aber es gibt noch einen anderen Grund für meinen Anruf. Du bist derjenige gewesen, der ihm am Nächsten gekommen ist. Du - ein Mensch. Du hast ihn gestört, und ich weiß nicht, ob er das auf sich sitzen lassen will. Ist dir klar, worauf ich hinauswill?«
»Allmählich schon. Ich soll also die Augen besonders gut offen halten. Es könnte sein, dass ich Besuch bekomme.«
»Richtig. Das muss nicht in dieser Nacht sein, aber Leroi wird sich verdammt stark fühlen. Er hat einen Menschen blutleer gesaugt, bevor er ihn tötete.«
»Gut zu wissen.«
»Also gib Acht und schlafe ein wenig vorsichtiger.«
Bill lachte. Fröhlich klang es nicht. Er fragte noch: »Wie sieht es bei euch aus?«
»Keine Ahnung. Wir würden uns freuen, von Mallmann noch einen Hinweis zu erhalten. Aber darauf müssen wir wohl lange warten. Wir bleiben auf jeden Fall in Verbindung. Du kannst uns immer anrufen. Umgekehrt ist es ebenso.«
»Wird gemacht.«
»Bis dann, Alter.«
Ich unterbrach die Verbindung und blickte Suko an. »Ich denke, dass Bill verstanden hat.«
Der Inspektor nickte. »Das muss er sogar. Alles andere wäre überheblicher Schwachsinn…«
***
Bill war mit dem Telefon aus dem Schlafzimmer gegangen. Als er wieder zurückkam, brannte Licht. Sheila hatte auf ihrer Seite die Nachttischleuchte eingeschaltet. Sie saß im Bett und schaute Bill mit müden Augen an, als er den Apparat wieder auf die Station legte.
»Ich habe ja nicht viel gehört, Bill, aber dass John dich angerufen hat, konnte ich schon verstehen.«
»Das ist richtig.«
»Willst du mir den Grund nennen?«
Bill schwang sich wieder ins Bett. Wie Sheila blieb auch er sitzen und verschränkte die Hände hinter dem Kopf. Er hatte Sheila über den Vampir informiert und brauchte nicht erst von vorn anzufangen. »Es geht um Beau Leroi.«
»O Gott.«
Bill zuckte nur die Achseln. »Du weißt ja, dass er entkommen ist, aber er hat sich wieder zurückgemeldet, und du kannst dir bestimmt vorstellen, wie er das tat.«
»Er hat wieder Blut gesaugt.«
»Ja. Und anschließend hat er das Opfer getötet.«
Sheila schloss für einen Moment die Augen. Da ihre Hände auf der Bettdecke lagen, sah Bill das Zittern der Finger. »Ich weiß nicht, was ich davon noch halten soll«, sagte sie mit leiser Stimme.
»Das ist so untypisch für einen Vampir. Darüber haben wir schon gesprochen.«
»Sicher.«
Sheila gab sich mit dieser Antwort nicht zufrieden. Sie hatte ihren Mann von der Seite her angeschaut und fragte nun: »Da ist doch sicherlich noch etwas gewesen - oder?«
»Wie meinst du das?«
»Warum hat John angerufen? Doch nicht nur, weil man schon wieder ein so schlimm zugerichtetes Opfer gefunden hat. Da steckt doch mehr dahinter, Bill.«
»Kann - muss aber nicht sein. Du musst die Dinge anders sehen, Sheila. Da ich stark mit von der Partie war, geht John davon aus, dass sich Leroi jetzt, wo er wieder Blut getrunken hat, auch um mich kümmern könnte. Er hasst mich. Er muss mich einfach hassen. Er hasst auch John, aber ich bin wohl der schwächere Punkt.«
»Ja, das kann man wohl sagen«, flüsterte Sheila. »Und was willst du jetzt tun?«
»Ich kann es dir nicht sagen.«
»Auf jeden Fall bleibst du im Haus - oder?«
»Das versteht sich. Himmel, ich lasse dich doch nicht allein hier zurück.«
»Es ist noch etwas länger dunkel«, sagte Sheila. »Aber es ist nicht sicher, dass er kommt?«
»Nein, das nicht. Wir sollten auf jeden Fall bereit sein. Er muss vernichtet werden, Sheila. Ich werde ihn töten, falls er hier auftauchen sollte. Und deshalb werde ich mir auch die Waffen zurechtlegen.«
»Waffen?«
Bill stand auf. »Ja, auch die Goldene Pistole. Wenn ich sie einsetzen kann, ist das Problem vorbei.«
Sheila gab dazu keinen Kommentar ab. Aber sie fürchtete sich vor dieser ultimativen Waffe, denn ihr mörderischer Schleim zerstörte einfach alles. Bill hatte schon das Schlafzimmer verlassen, da lag auf ihrer Haut noch immer der Schauer.
Sie wusste, dass für sie beide die Nacht vorbei war. Schlaf würden sie nicht mehr finden, dazu war der Druck einfach zu groß, der jetzt auf ihnen lastete. Ihre Gedanken würden sich um den verfluchten Blutsauger drehen und um nichts anderes.
Sheila hatte sich im Laufe der Jahre daran gewöhnen müssen, gefährlich zu leben, aber sie versuchte immer wieder, die Gefahr so klein wie möglich zu halten, doch das Schicksal, das manchmal wie das berühmte Damokles-Schwert über ihr schwebte, hatte oft
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